Christoph Horn, ZF Friedrichshafen AG

Seit September 2015 leitet Christoph Horn als Senior Vice President die Unternehmenskommunikation des Friedrichshafener Technologiekonzerns ZF. Der gebürtige Rheinländer fand diese Aufgabe auch deshalb spannend, weil sie neben der internen Kommunikation sowie der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit die Verantwortung für das weltweite Marketing des Konzerns beinhaltet. Nach der Akquise des US-Automobilzulieferers TRW musste ZF über 60.000 neue Mitarbeiter integrieren und das gewachsene Unternehmen neu am Markt als umfassenden Systemanbieter positionieren. Seit der Frankfurter IAA 2017 gelten Übernahme und Integration von TRW als erfolgreich und weitgehend geräuschlos abgeschlossen, was sich auch in einem komplett überarbeiteten Markenauftritt des Konzerns ausdrückt.
Christoph Horn ist seit 25 Jahren in der Kommunikation zu Hause und hat umfangreiche Erfahrungen in verschiedenen leitenden Positionen bei deutschen und US-Automobilherstellern im In- und Ausland sammeln können – darunter Ford, Opel und General Motors. Bevor er zu ZF kam, hat Horn 14 Jahre in leitenden Positionen die Daimler Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mitgestaltet und dort mit seinem Team erfolgreich am gelungenen Imagewandel von Mercedes-Benz mitgearbeitet. Der Experte für Krisenkommunikation sowie Strategie- und Markenentwicklung berät heute den Vorstandsvorsitzenden und Vorstand von ZF und begleitet das Wachstum eines weltweit operierenden Konzerns im DAX-Format mit einem internationalen Team.

Christoph Horn
Senior Vice President Corporate Communications, ZF Friedrichshafen AG

Twitter: @ZF_Konzern
LinkedIn: Christoph Horn

1. Welchen Stellenwert hat die PR in Ihrem Unternehmen/Ihrer Organisation heute – und künftig?

Bei ZF wird die Kommunikation insgesamt als Wertschöpfung für das Unternehmen wahrgenommen und nicht apodiktisch zwischen den Disziplinen unterschieden. Die PR stellt den inhaltlichen Rahmen und skizziert den Erzählstrang. Im Marketing werden dann diese Inhalte entweder auf Veranstaltungsplattformen, in der klassischen Werbung, im Sponsoring oder auf eigenen Social-Media-Kanälen ausgespielt. Die intensive strategische und operative Zusammenarbeit der Kommunikatoren hat dazu geführt, dass die Kommunikation stark an Beachtung und Wertschätzung gewonnen hat. Dieser Trend hält an, solange sichergestellt ist, dass alle vom gleichen Blatt spielen.

2. Welche Stärken hat die PR? Wie kann sie ihre Position künftig weiter ausbauen? Was sind die großen PR-Trends und welche werden sich durchsetzen?

Ein paar einfache Regeln können dazu führen, dass alle Medien die Inhalte bekommen, die sie benötigen

Die PR hat die Kraft, Geschichten zu erzählen, die auch ohne „Promoted Posts“, Koppelgeschäfte oder Sonderveröffentlichungen Verbreitung finden – wenn man sie richtig erzählt und gut verkauft, denn auch das ist ein wichtiges Handwerk. Die PR kennt auch die Mechanismen der Medien und kann ein internes Korrektiv darstellen, wenn im Marketing eigene Kanäle den externen gegenüber bevorzugt werden, weil diese Kanäle risikofrei und unkritisch erscheinen. Statt „owned“ und „earned“ gegeneinander zu positionieren oder gar auszuspielen, können ein paar einfache Regeln dazu führen, dass alle Medien die Inhalte bekommen, die sie benötigen, um ihre Zielgruppen erfolgreich zu bedienen.

3. Spielen Daten, Algorithmen und künstliche Intelligenz bereits eine Rolle in Ihrer täglichen PR- und Kommunikationsarbeit?

Ja, aber noch in einer spielerischen Form. Wir haben ein AI-Projekt gestartet, um die immer ähnlichen Anfragen von verschiedenen Interessengruppen auf der Website ZF.com automatisiert und damit auch schneller als zuvor zu beantworten. Daten spielen schon lange eine Rolle, denn wir haben klare KPIs zu Reichweite und Inhalten der ZF-Kommunikation. Als B2B-Unternehmen versuchen wir, die neuen Möglichkeiten der Zielgruppenansprache in sozialen Medien intensiv zu nutzen. Dieser Trend wird sich weiter verstärken.

4. Welchen Stellenwert haben die etablierten Medienmarken im Vergleich zu den neuen? Sind die Newcomer für Ihre PR-Arbeit bereits wichtiger als die Platzhirsche?

Die klassischen Medien sind für uns als B2B- und internationales Wirtschaftsunternehmen noch bedeutender als die neuen Formate und Kanäle. Das gilt einstweilen zumindest für die B2B-Kommunikation. Es geht uns darum, die neuen Möglichkeiten zu nutzen, um die Markenbekanntheit von ZF weltweit zu steigern. Da viele Menschen heutzutage ihre Informationen primär über soziale Medien beziehen, sind wir dort verstärkt aktiv, aber nicht, um den etablierten Medien etwas wegzunehmen.

// Über #ZukunftDerPR
Nach unserer erfolgreichen Serie #ZukunftDesJournalismus, die sich mit dem Medienwandel und den damit verbundenen Veränderungen für den Journalismus beschäftigt hat, werfen wir nun einen Blick auf die PR-Arbeit von morgen. Wie schon bei der #ZukunftDesJournalismus, werden wir die spannendsten Folgen unserer Blog-Reihe auch wieder in einem Buch veröffentlichen.
Worauf wird es dabei ankommen? Was sind die großen Trends? Gemeinsam mit Profis und Entscheidern der PR- und Kommunikationsbranche wollen wir diese Fragen beantworten. Das Prinzip ist immer das gleiche: sieben Fragen, sieben Antworten von PR-Experten aus den unterschiedlichsten Branchen und Bereichen. Stück für Stück entsteht so ein Bild, das interessante Aussagen zu entscheidenden Entwicklungen von morgen und übermorgen ermöglicht.

5. Stichwort Content Marketing: Immer mehr Unternehmen sind inzwischen selbst zu Publishern geworden und bauen eigene Kanäle weiter auf/aus. Trifft das auch für Ihr Unternehmen/Ihre Organisation zu? Und falls ja, hat die PR oder das Marketing dabei den Lead?

Ja, wir haben eigene Kanäle, die wir mit gut gemachten Inhalten bespielen und die viele Menschen erreichen. Die Verantwortung für die Erstellung der Inhalte liegt in der Redaktion der ZF-Kommunikation. Das Marketing aktiviert die Geschichten zum Beispiel über die Ausspielung von ZF-Themen im Rahmen von klassischen Medienkooperationen oder Kampagnenformaten, etwa bei LinkedIn. Es gibt dazu eine gemeinsam erstellte Strategie, die in unserem Kommunikationsleitungsteam verabschiedet wird. In der Folge kann man nicht einer Disziplin den „Lead“ unterstellen. Und wenn wir gute Inhalte mit starkem Neuigkeitswert haben, dann gehen wir damit erst einmal auf die etablierten Medien zu.

6. Was kann Marketing von PR lernen und wo kann PR sich eine Scheibe vom Marketing abschneiden?

Das Marketing ist bei uns sehr nah am Vertrieb und die PR näher an Forschung und Entwicklung

In der PR wird man leicht dazu verleitet, eine Geschichte um ihrer selbst willen zu erzählen. Als Zulieferer müssen wir immer sehr nah am Geschäft sein und auch einschätzen können, wie eine Technologie- oder Produktstory unmittelbar auf unsere Kunden wirkt. Kommuniziert man zu spät, ist der Wettbewerb schon vorbeigezogen. Kommuniziert man zu früh, dann kann man den Kunden nicht beliefern, der uns beauftragen möchte. Das Marketing ist bei uns sehr nah am Vertrieb und am Geschäft und die PR näher an Forschung und Entwicklung. Die PR hat manchmal eine größere inhaltliche Kompetenz und die Prozesse sind im Marketing stringenter und verbindlicher. Da gibt es auf beiden Seiten Lernfelder.

7. Bitte nennen Sie Ihr aktuelles (Lieblings-)beispiel für kluge, effektvolle und moderne PR (Strategie, Maßnahme, Person), das nicht von/aus Ihrem Unternehmen stammt.

In Frankreich hat jemand klug gehandelt und einen Alltagsgegenstand, der in jedem Fahrzeug vorhanden sein muss, zum eindeutigen und unmissverständlichen Symbol seines Anliegens gemacht. Die Warnweste stiftet der Gruppe Identität und „warnt“ nicht länger nur im Straßenverkehr, sondern auch in Politik und Gesellschaft. Man kann über Inhalt und Art der Proteste verschiedener Meinung sein, aber die Warnweste als Kommunikationsmittel zu benutzen, das war sehr wirksam und hat die Entwicklung dieser Massenbewegung erst ermöglicht.

Foto: ZF Friedrichshafen AG

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