WhatsApp, Instagram, Twitter: Soziale Netzwerke verbinden die Menschen online miteinander und helfen ihnen, sich zu vernetzen und auszutauschen.
Inzwischen sind einige neue Plattformen auf der Bildfläche erschienen, die auf den ersten Blick nicht zwingend in die Kategorie „Social Media“ zu fallen scheinen. Welche das sind, wo ihre Vorteile liegen und warum ein Videospiel zu unserer Auflistung gehört, erklären wir im Blog-Beitrag.
Wir geben einen Überblick über folgende „Newcomer“:
- Nintendos „Animal Crossing: New Horizons”
- die Studenten-App Jodel
- die Gaming-Plattform Discord
Zur Einordnung eine kurze Erläuterung zu den Merkmalen sozialer Medien: Unter Social Media versteht man Webseiten und Apps, über die sich Nutzer vernetzen, Inhalte kreieren und diese mit ihrem Netzwerk teilen können. Soziale Online-Plattformen leben von Interaktivität und Dialog zwischen einzelnen Usern, Gruppen, Organisationen und Unternehmen – die sogenannte „Many to Many“-Kommunikation. Die Nutzer möchten Teil einer Community sein, online diskutieren und Inhalte erstellen, über die ein zeitlich unbegrenzter Austausch mit anderen stattfindet.
Animal Crossing: New Horizons
Nintendos „Animal Crossing: New Horizons“, das seit März 2020 exklusiv für die hauseigene Konsole Switchauf dem Markt ist, ist mit 26 Millionen verkauften Exemplaren eines der meistverkauften Videogames des vergangenen Jahres. Am häufigsten kauften Menschen zwischen 20 und 30 Jahren Nintendos Erfolgshit, der bei Männern und Frauen gleichermaßen beliebt ist.
Die perfekte Unterhaltung
Das Spiel findet auf einer Insel statt, auf der Gamer absolute Freiheit haben. Egal ob fischen, Käfer fangen, Fossilien ausgraben, im Meer schwimmen, das Haus umdekorieren oder sich mit anderen Inselbewohnern austauschen – weit weg vom Alltagsstress taucht der Spieler ein ins virtuelle Paradies.
In „Animal Crossing: New Horizons“ liegt der Fokus darauf, die eigene Insel zu bebauen und sich mit Nachbarn zu verbinden. Die Spieler sollen eine Gemeinschaft und eine Umgebung schaffen, in der sie das Gefühl haben, zusammenzuarbeiten. Diese Art von Videogames fallen unter die Kategorie der sogenannten „Lebenssimulation“. Die Handlungen der Spieler beruhen auf Aktivitäten, die ihnen auch im realen Leben begegnen, und sind um die Beziehungen aufgebaut, die „Animal Crosser“ mit den virtuellen Bewohnern knüpfen. Das Besondere: Statt von Menschen wird die Insel von sprechenden Tiercharakteren bewohnt.
Social Crossing
„Animal Crossing: New Horizons“ ist jedoch mehr als reine Unterhaltung. Spieler haben die Möglichkeit, reale Freunde auf ihren virtuellen Inseln zu besuchen. Sie können sich per Direktnachrichten austauschen, gegenseitig beschenken oder beim Insektenfangen gegeneinander antreten. Dadurch vernetzen sich die „Animal Crosser“ auf besondere Weise – spielerisch und in einer virtuellen Welt. Zusammen mit vielen weiteren Videogames dieser Art erfüllt das Spiel damit einige grundlegende Kriterien sozialer Netzwerke, wodurch eine klare Abgrenzung zu klassischen sozialen Medien nach und nach verschwimmt.
Vom virtuellen Runway bis zum digitalen Kunstwerk
Zwar ist es von Nintendo offiziell nicht vorgesehen, dass Marken in „Animal Crossing: New Horizons“ aktiv Werbung schalten – kleinere Modemacher und Streetwear-Marken haben jedoch das Marketing-Potenzial der enormen Reichweite des Spiels erkannt: Einige Labels haben ihre Kleidungsstücke bereits zum Download angeboten. Unternehmen können zudem auch eigene Pop-up Stores im Spiel errichten.
Aber auch außerhalb der Mode-Branche wird die Lebenssimulation bereits im Markenkontext genutzt. So hat das Getty Museum in Los Angeles ausgewählte Kunstwerke in einer digitalen Ausstellung präsentiert – über ein spezielles Tool können die Nutzer die Werke herunterladen und so ihr virtuelles Heim in der Animal-Crossing-Welt verschönern.
Jodel
Jodel ist ein deutsches Start-up und Entwickler des gleichnamigen sozialen Netzwerks. Die Plattform ist seit Oktober 2014 als App auf dem Markt, die weltweit von 7,5 Millionen Usern genutzt wird. Laut eigenen Angaben sind 72 Prozent davon zwischen 18 und 26 Jahre alt – und zu 57 Prozent Studenten. Jodel bietet damit eine hohe, potenziell junge Zielgruppe mit einem erheblichen Anteil angehender Akademiker.
Auf dem Netzwerk posten Nutzer einen „Jodel“ in Form von Text oder Bild in verschiedene Themen-Newsfeeds, auf den andere User im Anschluss antworten oder reagieren können. Die Nachrichten haben eine Länge von maximal 240 Zeichen und werden anonym gepostet. Die Jodler sind lediglich als „OJ“ – „Original Jodler“ – gekennzeichnet, während die Kommentierenden mit aufsteigenden Zahlen durchnummeriert werden – somit kommunizieren Jodel-Nutzer anonym.
Unbekannt und geheim
Um beizutreten, müssen sich Nutzer mit dem Geschlecht, Alter, beruflichen Status und Standort registrieren – ein detailliertes Profil, wie auf anderen Netzwerken, gibt es nicht. Die Angabe des Standorts ist zwingend erforderlich, da die App nur „Jodel“ aus einem Umkreis von zehn Kilometern in Echtzeit anzeigt und Interaktionen mit diesen erlaubt.
Mit Jodel haben die User die Chance, einer Community anzugehören, ohne direkt ihre Identität für alle ersichtlich offenlegen zu müssen. Für viele Nutzer macht genau diese Anonymität den Reiz des Dienstes aus, da sie ihnen ein Gefühl von Sicherheit im Netz gibt. Es geht darum, über alles reden zu können, sich keine Sorgen machen zu müssen und sich seiner Region zugehörig zu fühlen.
Wichtiges Element: das Hashtag
Jeder „Jodel“ kann mit Hashtags versehen werden, die anderen Nutzern zusätzliche Informationen geben: #jhj bedeutet zum Beispiel „Jodler hilft Jodler“ und ruft die Community auf, sich bei Problemen oder Fragen zu unterstützen. Bei „Ask me anything (#ama)“ wird das Jodel-Universum im Umkreis von zehn Kilometern dazu aufgefordert dem „Original Jodler“ beliebige Fragen stellen, die er oder sie dann beantwortet.
Unter dem Hashtag #ama hat die Plattform im Kontext der Pandemie und der Bundestagswahl eine solche offene Frage-Runde mit Politikern aus ausgewählten Wahlkreisen organisiert: Unter #askmeanything konnten Jodler Polit-Persönlichkeiten aus ihrer Umgebung beliebige Fragen stellen.
Den Nutzern eine Stimme geben
Der schnelle Einstieg, die Anonymität und die Lokalität sind die Alleinstellungsmerkmale der Plattform. Dadurch verleiht Jodel jedem Nutzer eine Stimme, die zwar anonym ist, aber lokal gehört wird. So wissen die User jederzeit, was in ihrer Umgebung passiert – und können sich über diese Ereignisse austauschen. Nutzer finden auf diese Weise schnell Anschluss und gehören einer örtlichen Gemeinschaft an, die aktiv einlädt, zu diskutieren und Meinungen auszutauschen. Damit erfüllt Jodel viele Kriterien eines klassischen sozialen Mediums.
Für Unternehmen von Vorteil
Jodel bietet Unternehmen bereits seit Anfang 2018 offizielle Formate für Werbung und Marketingaktivitäten an: Marken können eigene „Jodel“ erstellen, Alter, Geschlecht, Beruf und Standort der anvisierten Zielgruppe definieren und ihre Produkte so gezielt platzieren und bewerben. Vor allem die junge Zielgruppe aus Studenten macht die Plattform für Werbetreibende attraktiv – und kann insbesondere kleineren, regionalen Unternehmen einen Vorteil gegenüber ihren Mitbewerbern schaffen.
Discord
Ursprünglich war Discord als Allzweckplattform für Gamer gedacht: Über einen Chatroom können Zocker chatten und telefonieren, um so ihre Strategien während ihrer Matches laufend zu organisieren oder Tipps und Tricks auszutauschen. Neben Chatrooms bietet die Plattform zudem Möglichkeiten für Bildschirmübertragungen sowie Video-Anrufe.
Mehr als nur eine Gaming-Plattform
Seit der Gründung im Jahr 2015 haben sich mehr als 300 Millionen Nutzer registriert. Trotz der zahlreichen Gaming-bezogenen Funktionen ist Discord mittlerweile aber auch über die Gaming-Welt hinaus bekannt – etwa 30 Prozent der Community sind keine Videospieler. Nichtspieler nutzen Discord dabei im Bildungskontext, für Diskussionsrunden oder, um mit Influencern in Kontakt zu kommen.
Jeder Nutzer kann sich die App herunterladen, eigene Server einrichten und individualisieren. Die Server fungieren dabei als eine Art „schwarzes Brett“, auf dem sich verschiedene private und öffentliche Kanäle anlegen lassen. Zudem haben User die Möglichkeit, Rollen für ihre Servermitglieder anzulegen und diesen individuelle Zugriffsrechte innerhalb eines Server zu geben. So ermöglicht es die Plattform, selbst Gruppen mit mehreren tausend Mitgliedern zu managen.
Austausch und Vernetzung
Heute konkurriert der Dienst sogar mit Videokonferenz-Anwendungen wie „Zoom“ und wird auch in Schulen eingesetzt. Gerade in der Corona-Epidemie nutzen Lehrer die Community-Funktionen von Discord, um virtuell zu unterrichten sowie Präsentationen und Unterrichtsmaterial zu teilen. Pro Direktübertragung sind maximal 50 Zuschauer zulässig.
Laut Discord ist die App die einfachste Art, über Sprache, Video und Text zu kommunizieren. Sie ermöglicht es den Nutzern, miteinander zu reden, zu chatten, zusammen „rumzuhängen“ und mit ihren Freunden sowie Communities in Kontakt zu bleiben. Als Mischung aus Forum, Messaging-Dienst, Livestreaming und Videokonferenz-Tool bietet die Plattform demnach viele Kriterien eines sozialen Netzwerks.
Klassische Möglichkeiten für Marketingaktivitäten bietet Discord aktuell noch nicht – denkbar ist jedoch, dass Unternehmen eigenen Server einrichten, um so beispielsweise exklusive Informationen, Rabatte und Give-Aways mit ihrer Zielgruppe zu teilen.
Neue Zeit, neue Formate
Wir sind in einer Zeit angekommen, in der die Abgrenzung zu klassischen sozialen Netzwerken und neuen Kanälen zunehmend verschwimmt. Egal ob Videospiel oder Meeting-App – immer mehr Medien setzen den Fokus auf das soziale Miteinander im Netz. Und auch wenn „Animal Crossing: New Horizons“, Jodel und Discord grundsätzlich für verschiedene Einsatzgebiete entwickelt worden sind – eines verbindet alle drei: Sie ermöglichen es Gemeinschaften, sich weitläufig zu vernetzen und gemeinsam zu kommunizieren. Dabei erfüllen alle drei „Plattformen“ relevante Social-Media-Charakteristika: hohe Anschlussfähigkeit sowie Möglichkeiten zur Content-Kreation und zum Community-Building.
Wie viel konkretes Marketing-Potenzial in den einzelnen Plattformen steckt, hängt letztlich davon ab, wie sie sich in Zukunft entwickeln – noch wichtiger ist jedoch, ob die Zielgruppe und die Werbeformate zum eigenen Unternehmen passen. Dabei gilt: Die Möglichkeiten sind vielfältig – Probieren ist Trumpf!
// Über die Autorin
Jennifer Winter ist studierte Tech-Journalistin und Kommunikationswissenschaftlerin. Ihren Master in Technik- und Innovationskommunikation hat sie an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg absolviert. Bei OSK arbeitet Jennifer als Online- und Social-Media-Redakteurin. Sie hat sich schon immer für neue Trends und Innovationen im digitalen Bereich interessiert und schreibt darüber für den OSK Blog. Privat ist sie auf dem Fußballplatz zu Hause, verfolgt den internationalen Fußball und spielt auch selbst im Verein.