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Liebe Leserinnen und Leser,
mit über 800 Millionen Internetnutzern ist China weltweit einer der größten Digital- und Social-Media-Märkte. Doch Tech-Größen wie Facebook, Twitter und Amazon ist er bisher größtenteils verschlossen geblieben. Daher ist in der Volksrepublik, wenig beachtet von der westlichen Welt, eine eigene Tech-Landschaft entstanden. Weibo, QZone, QQ und allen voran WeChat heißen die chinesischen Alternativen, welche oft innovativer, funktionaler und stärker an Nutzervorlieben ausgerichtet sind als die US-Konkurrenz. Dennoch sind die Dienste in westlichen Ländern bisher kaum bekannt. Im aktuellen OSK Weekly beschäftigen wir uns daher mit der Digital-Szene in China und stellen einige der Entwicklungen, Trends und Phänomene vor.
Viel Spaß beim Lesen!
Ohne WeChat geht es in China nicht mehr
WeChat gehört bereits heute zu den größten sozialen Netzwerken der Welt. Weltweit nutzen täglich über 900 Millionen Menschen die App. Doch Pony Ma, Gründer und CEO der WeChat-Mutterfirma Tencent, will noch mehr, berichtet das IT-Portal techradar. Anfang November stellte er auf der Jahreskonferenz von Tencent seine Pläne vor. Zu den spannendsten Ankündigungen gehörte die geplante Kooperation mit dem chinesischen Nahverkehr. Busse und Bahnen waren lange eine der letzten WeChat-freien Zonen des Landes. Das soll sich in Zukunft ändern, denn Tickets für Busfahrten sollen bald bequem per QR-Code gekauft werden können. Das Vorhaben verdeutlicht die Pläne des Unternehmens, mit seinem Dienst noch stärker in den Alltag der Nutzer eingebunden zu sein. Mit neuen In-App-Anwendungen für Business-Kunden werde WeChat zudem zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz für Microsofts Office 365.
Ein Deutscher hat es in China zum Influencer geschafft
Thomas Derksen ist 28 Jahre alt, kommt aus der Nähe von Köln und ist Influencer. Allerdings nicht in Deutschland, sondern in China. Dort hat er inzwischen sechs Millionen Follower auf über 15 Plattformen, berichten die Online Marketing Rockstars. Damit gelte er offiziell als KOL (Key Opinion Leader) oder Wanghong, wie Influencer in der Volksrepublik genannt werden. Im Vergleich zu den geschätzten über 90 Millionen Followern der Schauspielerin Xie Na, eine der reichweitenstärksten Wanghong in China, wirkt Derksens Fanbasis fast klein. Dennoch ist sie groß genug, um für deutsche Firmen interessant zu sein. Bekannte Marken wie Bayern München oder Triumph haben schon mit dem witzigen und authentischen Deutschen zusammengearbeitet. Derksens Video vom Besuch einer Shampoo-Fabrik in Bielefeld hatte kurz nach Veröffentlichung auf seinen diversen Plattformen 5,2 Millionen Views, 18.000 Likes, 5.000 Kommentare und 4.000 Reposts. Die Zahlen machen laut omr.com deutlich, dass Influencer Marketing in China einen anderen Stellenwert hat. Während Deutsche schnell genervt reagierten, würden Influencer in China für unterhaltsame, kreative Werbung belohnt.
Der nächste Hype: Auf Snapchat folgt TikTok
Die neue Trend-App unter europäischen und US-amerikanischen Jugendlichen heißt TikTok, schreibt LEAD digital. In den USA überholte die App bei der Zahl der Downloads jüngst die etablierten Plattformen YouTube, Instagram, Snapchat und Facebook. TikTok gehört zum chinesischen Tech-Konzern ByteDance und ist eine westliche Variante der in China sehr beliebten App Douyin. Der ursprünglich als Musical.ly-Klon gestartete Dienst ist ein Netzwerk für Kurzvideos, auf dem User eigene Lip-Sync-, Tanz- oder Comedy-Videos hochladen. Auch Unternehmen könnten auf TikTok aktiv werden. Die Voraussetzung dafür sei aber, dass man sich auf den Stil der App einlassen könne: jung, etwas verrückt und extrem schnelllebig.
Inzwischen hat ByteDance das Original Musical.ly übrigens aufgekauft und vollständig mitsamt der 100 Millionen Follower in TikTok integriert, sodass die App nun weltweit insgesamt gut 500 Millionen Nutzer haben soll.
In China bauen Influencer eigene Marketing-Imperien auf
Das Influencer-Geschäft hat in China riesige Dimensionen angenommen: Das geschätzte Marktvolumen der Branche betrug 2017 15,8 Milliarden Euro. Die Superstars der Influencer kratzen an der Milliarde-Follower-Grenze und sind, wie zum Beispiel das ehemalige Model Zhang Dayi, mit Product Placements reich geworden. Inzwischen verkaufen einige von ihnen eigene Produktreihen und generieren so Millioneneinnahmen. Hinter fünf (!) der zehn Top-Bekleidungsmarken auf Taobao, das als chinesische Amazon-Version gilt, stehen Influencer. Einer der Hauptgründe für diese Entwicklung ist die beachtliche digitale Infrastruktur in China. Die Allzweckplattform WeChat beispielsweise macht es einfach zu bloggen, einen eigenen Shop aufzubauen und kanalübergreifend zu verkaufen. Die Bezahlinformationen werden einmalig in der App hinterlegt, mit nur wenigen Klicks kann der User das gewünschte Produkt erwerben. Diese unmittelbare Verzahnung von Social Media und E-Commerce steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen.
Das Silicon Valley Chinas heißt Zhongguancun
Die chinesische Regierung hat einen Plan: Bis 2025 soll China der weltweit führende Standort für die Entwicklung künstlicher Intelligenz werden. Zhongguancun, ein Vorort von Peking, spielt dabei eine zentrale Rolle. Zhongguancun sei das Herz der chinesischen Tech-Landschaft, schreibt die South China Morning Post. Dort seien über 9.000 Tech-Unternehmen angesiedelt – darunter die Nasdaq-notierten Lenovo, Baidu und Sina – jeden Tag kämen um die 80 neue Unternehmen dazu. Einst als kleines Elektronik-Viertel bekannt, ist Zhongguancun inzwischen auf über 488 Quadratkilometer angewachsen und hat sich durch die Kombination aus Talenten, Geld sowie staatlicher Förderung zum chinesischen Silicon Valley entwickelt.
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