Print-Comeback

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Liebe Leserinnen und Leser,

Print stirbt – eine Prognose, die oft zu hören war, aber nicht eingetreten ist. Zwar leiden viele Zeitungsverlage weiter unter sinkenden Auflagen und damit auch unter Gewinnrückgängen. Andererseits steigen auch bei den klassischen Medienmarken die Einnahmen aus dem Digitalen. Und: Es gibt derzeit so viele Printmagazine wie nie auf dem Markt. Wie ist diese Entwicklung zu erklären?

Viel Spaß beim Lesen!

Deloitte: Trend geht zurück zur Haptik

Zwei gegensätzliche Trends macht die Beratung Deloitte in ihrem Media Consumer Survey aus, die bei Medienmachern für Aufatmen sorgen dürften: Zum einen sind Nutzer zunehmend bereit, für digitale Angebote zu zahlen. „Attraktive Inhalte verschwinden immer öfter hinter der Paywall und Konsumenten sind zunehmend willens, für diese auch zu zahlen. Die lange verbreitete Gratiskultur im Netz weicht langsam, aber stetig einer substanziellen Zahlungsbereitschaft“, sagt Studienleiter Klaus Böhm. Besonders deutlich zeigt sich dieser Trend bei Zeitungen und Zeitschriften. Im Vergleich zu 2016 nutzen deutlich mehr Konsumenten entsprechende Paid-Content-Angebote.

„Auf der anderen Seite feiern ,reale‘ Medienprodukte ein kleines Comeback.“ Im Falle von Printzeitungen und -magazinen habe man das Tal offenbar bereits durchlaufen. Scheinbar haben jene Konsumenten, die auf gedruckte Produkte verzichten wollten, ihre Abonnements bereits gekündigt. Gleichzeitig existiere weiterhin eine treue Basis von Mediennutzern, die nicht auf das haptische Erlebnis des Printkonsums verzichten wolle. Und diese Gruppe beschränkt sich nicht ausschließlich auf ältere Nutzer. Das ist allerdings kein Grund zur Entwarnung. Denn Böhm mahnt an, dass sich die schleichende Evolution der Medienindustrie fortsetzen werde.

Thomas Koch: Rache des Analogen

Auf Basis der Deloitte-Studie spricht Thomas Koch von einem Comeback der analogen Medien. Es sei erkennbar, dass die Menschen zwar die digitale Revolution umarmen und alles Nützliche schnell aufnehmen würden. Gleichzeitig würden sie aber bewahren, was ihnen an der analogen Welt wertvoll und erhaltenswert erscheine. Deswegen seien die alten Medien nicht einfach sang- und klanglos untergegangen. „Back to the Roots“ müsse daher für Marketing und Werbung ebenso zum neuen Trend werden, um den Markterfolg zu sichern. Immer mehr digitale Werbung sei nicht die Lösung. Denn die Aufmerksamkeit der Nutzer verringere sich von Jahr zu Jahr. Es gehe jetzt um die richtige Balance zwischen analogen und digitalen Medien.

Analog und Digital: die Erfolge der New York Times

Wie man Analog und Digital – also Print und Online – erfolgreich führt, zeigt die New York Times: Sie setzte 2017 mehr als eine Milliarde Dollar mit Online- und Print-Abonnements um, davon 340 Millionen Dollar allein aus Online-Abos. Bis 2020 sollen die Umsätze aus Online-Abos und -Anzeigen auf 800 Millionen Dollar steigen. Auch wenn die NYT wegen ihrer internationalen Bedeutung eine Sonderstellung einnimmt, zeigt sie, dass für Tageszeitungen auch Digitalumsätze machbar sind. Ebenfalls besonders bei der New York Times: Sie fokussiert sich auf Abonnenten, um vom Werbegeschäft unabhängiger zu werden. Trotz all dieser Erfolge ist auch bei den Amerikanern das Tal offenbar noch nicht vollständig durchschritten: Im vierten Quartal 2017 fiel ein Verlust von 57,8 Millionen Dollar an.

Meinungsbildung: Klassische Medien verlieren

Laut aktuellem Medienvielfaltsmonitor verlieren klassische Medientypen dagegen an Bedeutung bei der Meinungsbildung. Trotz eines Verlusts in der Bedeutung für die Meinungsbildung ist das Fernsehen weiterhin wichtigstes Informationsmedium, gefolgt von Radio und Tageszeitungen. Letztere büßten mit ihrem Gesamtangebot am stärksten ein, ihr Meinungsbildungsgewicht sank von 22,7 auf 18,7 Prozent. Das Meinungsbildungsgewicht ist ein Index zur Bedeutung verschiedener Mediengattungen für die Informations- sowie Meinungsbildung und wurde von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) entwickelt. Wenig überraschend ist das Internet in diesem Kontext der große Gewinner. Bei jungen Nutzern von 14 bis 29 Jahren liegt sein Meinungsbildungsgewicht sogar bei 53,6 Prozent und damit doppelt so hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt.

Printmedien überstehen die nächsten zehn Jahre

An ein schnelles Ableben der Printgattung glauben die Deutschen nicht. Eine Mehrheit von 57 Prozent geht davon aus, dass Print auch in den nächsten zehn Jahren nicht aussterben wird. Ein recht langer Zeitraum angesichts des schnellen digitalen Wandels. Besonders die Altersgruppe über 30 Jahre glaubt an einen Fortbestand der Gattung. Die jüngeren Befragten prognostizieren eher ein baldiges Ableben, wenn auch nur mit knapper Mehrheit. Betrachtet man einzelne Printprodukte, zeichnet sich jedoch ein anderes Bild. Gerade Fachmagazine stehen auch bei unter 30-Jährigen in zehn Jahren noch hoch im Kurs. 53 Prozent der 18- bis 29-Jährigen glauben an deren Fortbestand; bei der Tageszeitung sind es immerhin noch 43 Prozent. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Statista-Umfrage im Auftrag von nextMedia.Hamburg im Vorfeld des Scoopcamps im Sommer 2018. Chancen für Printmedien macht nextMedia vor allem in der weltweiten Verunsicherung der Verbraucher und der Angst vor Fake News aus.

Sinkende Auflagen: Kritik am Ausscheiden aus der IVW

Dass die Auflagen der Printtitel dennoch nach wie vor sinken, ist Messungen wie denen der IVW leicht zu entnehmen. Mit der Sorge vor weiterer negativer Berichterstattung in der Fachpresse begründeten die Verlage von Spiegel, Stern, Focus und Zeit ihren Ausstieg aus der wöchentlichen heftbezogenen Messung der IVW ab 2019. Sie wollten künftig nur noch quartalsweise Auflagen bekannt geben. Damit handelten sich die Verlage heftige Kritik ein. Unter anderem von Klaus-Peter Schulz, Geschäftsführer des Mediaagenturen-Verbandes OMG: „Der Entschluss, aus dem Meldeverfahren für Heftauflagen auszuscheiden, könnte die Gattung Print nachhaltig beschädigen. Besonders bedauerlich ist, dass sich gerade journalistisch hochwertige Titel damit in einen klaren Wettbewerbsnachteil begeben.“ Die Verlage knickten schließlich ein und weisen die Auflagen weiter wöchentlich aus.

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Über den Autor

Carsten Christian ist studierter Journalist und Kommunikationswissenschaftler, seinen Master-Abschluss hat er an der Uni Hamburg gemacht. Bevor er zur Agentur kam, war der Digital Native mehr als zwei Jahre für die Online- und Print-Ausgabe der Ruhr Nachrichten im Einsatz. Bei OSK arbeitet er als Team Lead Digital Content, auf dem Agentur-Blog schreibt Carsten über den Medienwandel und Trends im Bereich Digital-Kommunikation. Privat verfolgt er Neuigkeiten in der Videospiel- und Gaming-Szene und greift auch selbst zu Maus und Gamepad.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.