OSK Weekly KW 35 Gamification Titel neu

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Liebe Leserinnen und Leser,

dass sich junge Menschen für Gaming begeistern, ist hinlänglich bekannt. Der neue Besucherrekord auf der Gamescom 2018 überrascht also nicht. 370.000 Besucher strömten in die Kölner Messehallen und standen stundenlang an, um für ein paar Minuten ihr neues Lieblingsspiel testen zu dürfen. Interessant ist, dass „Zocken“ sein bisheriges Negativimage zunehmend ablegt und in breiten Bevölkerungsschichten und Altersklassen salonfähig wird. Einen gewissen Spieltrieb hat schließlich jeder, ein Smartphone oder ein Tablet auch. Die mobilen Hochleistungscomputer mit Kameras und Sensoren laden zum Spielen ein, die vorinstallierten Apps machen Geschmack auf mehr. Schon macht das Schlagwort der „Gamification unseres Lebens“ die Runde. Was sich dahinter verbirgt und wie dieser Trend Einzug in viele Unternehmen hält, zeigen wir im aktuellen OSK Weekly auf.

Viel Spaß beim Lesen!

Gamification macht die Welt zum Spielfeld

Abspülen ist lästig. Keine Frage. Doch wenn dabei um die Wette gespült wird, entwickeln selbst Spülmuffel einen gewissen Ehrgeiz. Gamification nennt sich das Prinzip dahinter, das der SWR in einem kurzen Video anschaulich beschreibt. Dabei werden Spielprinzipien auf Aufgaben und Situationen übertragen, die im Grunde nichts mit Spielen zu tun haben. Das kann die klassische Arbeit am Fließband sein oder eben der ungeliebte Abwasch zu Hause. Die Idee hinter dem Begriff Gamification stammt ursprünglich aus der Verhaltenstherapie und wird dort bereits seit den 1960er-Jahren angewandt. Damit der Spieltrieb geweckt wird, müssen bestimmte Kernkriterien erfüllt sein. Dazu gehören klare Ziele und Regeln, immer wieder neue Herausforderungen und Feedback – je positiver das ausfällt, desto motivierender.

Wer spielt, streitet nicht

Stadtentwicklung ist ein brisantes Thema mit viel Konfliktpotenzial. Soll im Urbanen etwas verändert werden, prallen die unterschiedlichsten Interessen aufeinander. Die einen wollen mehr sozialen Wohnraum, die anderen Luxusapartments und wieder andere am liebsten alles so lassen, wie es ist. Um Ärger gar nicht erst aufkommen zu lassen, können Simulations- und Rollenspiele Konflikte vermeiden und die Projekt-PR unterstützen, berichtet Haufe. Weil das Spielen hier einen eher ernsten Hintergrund hat, wird oft von „Serious Games“ gesprochen. Ein Beispiel dafür ist das Brettspiel „Stadtspieler“, das alle Akteure von Stadtplanungsprojekten an einen Tisch bringt. Georg Pohl hat das Spiel entwickelt, das auf individuelle Projekte abgestimmt werden kann. Ziel ist es, ein konkretes Problem gemeinsam spielerisch zu lösen. Dabei geht es darum, miteinander zu kommunizieren und Verständnis für andere Positionen zu entwickeln.

Kunden, die spielen, bleiben

Spaß, Belohnung, Anerkennung – Gamification wecke alle Emotionen, die für die Kundenbindung wichtig seien, erklärt Loyalty-Profi Jörg Stefan im W&V-Interview. Deshalb würden immer mehr Unternehmen mit ihren Kunden spielen, statt nur zu ihnen zu sprechen. Spielerische Elemente, die für die Kundenbindung funktionierten, könnten etwa verhaltensbasierte Belohnungen oder kompetitive Elemente sein, wie Ranglisten und besondere Auszeichnungen. Der Luxus-Retailer Gilt setzt beispielsweise in seinem Shopping Club auf Gamification. Wie in klassischen Videospielen können Kunden durch Einkäufe oder besondere Verhaltensweisen Punkte sammeln. Sind genug Punkte zusammengekommen, steigen die Kunden ein Level auf. Und je höher die Clubstufe, desto früher und länger erhalten Kunden Zugriff auf begrenzte Angebote des Clubs.

Gamification holt Mitarbeiter aus der Komfortzone

Der menschliche Spieltrieb ist ein großartiger Motivator, erklärt Gamification-Pionier Roman Rackwitz im Interview mit Haufe. Gamification sei damit bestens geeignet, um Mitarbeiter aus ihrer Komfortzone zu locken – beispielsweise, wenn große oder kleine Veränderungen in Unternehmen bevorstehen. Meist würden die Mitarbeiter gar nicht merken, dass sie gerade spielten, wie das Beispiel der deutschen Burger-Kette „Hans im Glück“ zeigt. Das Unternehmen wollte die Produktivität der Angestellten steigern und stattete dazu alle Service-Mitarbeiter mit Tablets aus. Über eine Plattform, die jeden Verkauf registriert, können sich Mitarbeiter zu gemeinsamen „Missionen“ verabreden oder miteinander konkurrieren: Wer verkauft in einer halben Stunde mehr Bier, wer vermittelt mehr Menüs, wie schnell erreichen wir 10.000 Euro Umsatz? Auf dem Dashboard wurde ihnen dann wie in einem Videospiel der Status angezeigt, welche Aufgaben erledigt wurden, welche Gerichte sie am häufigsten verkauft hatten oder wie oft sie andere Kollegen unterstützt hatten. Über die Anzeige hatten sie die eigene Performance immer im Blick und wurden unterbewusst dazu angespornt, sich zu verbessern. Wer sich dadurch jedoch zu stark überwacht fühlt, muss sich nicht beteiligen. Die Teilnahme ist für Mitarbeiter freiwillig.

Wie ein Discounter mit Gamification Millennials zu Kunden machte

Schweizer Millennials kauften bisher eher selten bei Denner ein. Das wollte der größte Schweizer Lebensmittel-Discounter ändern und setzte dafür auf eine Gamification-Kampagne und Fußball, schreibt die NZZ. Denner entwickelte ein Online-Spiel zur Fußball-WM, bei dem Trikots wie Aktien gehandelt werden konnten. Der Hauptpreis: ein Jahr gratis einkaufen. Zusätzlich konnten sich Teilnehmer täglich Sofortgeschenke wie Deo-Stifte, Bonbons, Getränke, Pommes-Chips sichern und in einer Denner-Filiale abholen. Das Spiel enthielt all jene Faktoren, die zur Stärkung der Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen beitragen: Das spielerische Element sorgte für Interaktion, die Sofortpreise machten neugierig, belohnten das Engagement und sorgten dafür, dass die Gewinner die Läden besuchten. Und das Konzept ging auf. Etwa die Hälfte der rund 400.000 Sofortgeschenke wurde tatsächlich abgeholt. Viele davon von neuen und jungen Käufern.

Starre Hierarchien sind nicht mehr zeitgemäß

Hierarchien in Unternehmen waren einst dafür da, gute Entscheidungen zu treffen. Doch das funktioniere heute nicht mehr, schreibt karriereführer.de. Die Welt sei zu komplex geworden, zu schnelllebig für dicke Regelwerke. An dieser Stelle setzt das Playful Business an: Gamification-Methoden schüfen Know-how und erhöhten die Innovationskraft. Denn komplizierte Probleme ließen sich viel besser über spielerische Ansätze lösen, sagt der Trendforscher Harry Gatterer. Mit Playful Business würden Manager und Führungskräfte der Zukunft in Simulationsspielen lernen, mit komplexen Situationen umzugehen. So würde der Blick nach vorne auch wieder mehr Spaß machen.

Beim Bayer-Konzern etwa spielen junge Führungskräfte im Laufe eines speziellen Coachings regelmäßig Computer- oder Brettplanspiele. Die Mitarbeiter treffen dabei in realistischen Spielszenarien Entscheidungen und lernen spielerisch, welche Auswirkungen diese haben.

Acht Gründe, warum in Unternehmen mehr gespielt werden sollte

Schon in der Schule galt: Hausaufgaben sind blöd. Spielen macht Spaß. Daran hat sich auch in der Arbeitswelt wenig geändert. Müssen sich Mitarbeiter durch ein dickes Buch zum Thema Arbeitssicherheit quälen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass nur ein kleiner Teil der Belegschaft der Aufgabe nachkommt. Doch mit Mechanismen aus der Welt der Spiele können vermeintlich langweilige Aufgaben spannend gestaltet werden. Für Unternehmen zahle sich der Einsatz von Gamification-Ansätzen laut GameLearn gleich achtfach aus. Die Vorteile von Gamification seien unter anderem motiviertere Mitarbeiter und eine höhere Produktivität. Auch Kreativität werde durch das Spielen gefördert. Unternehmen wie Google widmeten schon lange einen Großteil des Arbeitstages dazu, die Kreativität ihrer Mitarbeiter mit spielerischen Aktivitäten anzuspornen.

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Über den Autor

Carsten Christian ist studierter Journalist und Kommunikationswissenschaftler, seinen Master-Abschluss hat er an der Uni Hamburg gemacht. Bevor er zur Agentur kam, war der Digital Native mehr als zwei Jahre für die Online- und Print-Ausgabe der Ruhr Nachrichten im Einsatz. Bei OSK arbeitet er als Team Lead Digital Content, auf dem Agentur-Blog schreibt Carsten über den Medienwandel und Trends im Bereich Digital-Kommunikation. Privat verfolgt er Neuigkeiten in der Videospiel- und Gaming-Szene und greift auch selbst zu Maus und Gamepad.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.