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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
gut 30 Jahre trennen den letzten Jahrgang der Babyboomer vom ersten Jahrgang der Generation Z. Die einen sind in der Nachkriegszeit und dem anschließenden Wirtschaftswunder aufgewachsen, die anderen während der Jahrtausendwende, 9/11 und der Digitalisierung. Beide Generationen sind durch die jeweilige Periode geprägt, in der sie geboren wurden – das gilt unter anderem auch für ihr Konsum- und Medienverhalten. Keine zwei anderen Generationen scheinen dabei so gegensätzlich zu sein wie die „Boomer“ und „Zoomer“. Teilweise liegen sie in ihren Ansichten so weit auseinander, dass einige Medien von einem „neuen Generationenkonflikt“ sprechen. Zeigen sich diese Gegensätze auch in ihrem Umgang mit dem Social Web? Wir prüfen es im aktuellen OSK Weekly.
Viel Spaß beim Lesen!
Neue Präferenzen bei jungen Social-Media-Nutzer*innen
Im Gegensatz zu den Vorgängergenerationen ist der Generation Z eine Welt ohne neue Technologien völlig fremd: Sie sind die Digital Natives 2.0, nutzen primär digitale Medien – und das Smartphone als Alltagsgegenstand Nummer eins. Da verwundert es kaum, dass neun von zehn der 14- bis 24-Jährigen mehrmals in der Woche soziale Medien nutzen, wie eine Statista-Umfrage ergab. Durchschnittlich 2,6 Stunden pro Tag sind sie laut einer Analyse zur Mediennutzung in Deutschland von Readly auf den verschiedenen Plattformen unterwegs, was rund 41 Prozent ihrer täglichen Mediennutzungszeit ausmacht. Bei den Boomern dagegen liegt der Anteil bei gerade einmal 12 Prozent. Sie verbringen ihre Zeit lieber mit den klassischen Medien wie TV, Radio, Zeitungen und Zeitschriften. Das beliebteste Medium ist und bleibt über alle Generationen hinweg übrigens das Fernsehen – mit Ausnahme der Gen Z.
Statt vor der Flimmerkiste zu sitzen, sind ihre Vertreter*innen vielmehr auf YouTube unterwegs: Rund 90 Prozent nutzen die Videoplattform regelmäßig, wie IW-Medien schreibt. Weniger hoch im Kurs steht bei den „Zoomern“ dagegen Facebook, wie der aktuelle Social-Media-Atlas 2021 der Kommunikationsberatung Faktenkontor und des Marktforschers Toluna zeigt: Von den Befragten zwischen 16 und 19 sind gerade mal 32 Prozent auf der Plattform unterwegs – und auch bei User*innen in den Zwanzigern gehen die Nutzerzahlen bereits seit einigen Jahren deutlich zurück. Noch 2014 war der Dienst bei Teenager*innen das erfolgreichste soziale Netzwerk. Heute ist der Dinosaurier unter den sozialen Netzwerken in den höheren Altersklassen beliebter: Bei den 50- bis 59-Jährigen liegt der Anteil bei 61 Prozent, bei User*innen ab 60 Jahren bei 45 Prozent.
Auch Instagram muss zunehmend auf jüngere User*innen verzichten. Während die Nutzung in allen anderen Altersgruppen steigt, wendet sich die Generation Z zum ersten Mal vermehrt von der Plattform ab: Lag ihr Marktanteil im Vorjahr noch bei 91 Prozent, ist er binnen eines Jahres auf 80 Prozent gefallen.
Stattdessen ist die Generation Z heute vermehrt bei TikTok anzutreffen: Rund 55 Prozent der 16- und 19-Jährigen nutzen den Nachfolger von musical.ly – bei den 20- bis 29-Jährigen liegt der Anteil sogar noch zwei Prozent höher. Am anderen Ende der Skala, also den ab 60-Jährigen, nutzen gerade mal vier von zehn Internet-Nutzer*innen die App.
Auch Twitter steht bei der Generation Z hoch im Kurs. Von den Befragten im Alter zwischen 16 und 19 Jahren nutzen den Kurznachrichtendienst 40 Prozent, bei jungen Erwachsenen in ihren Zwanzigern ist es sogar jeder zweite. Anders verhält es sich erneut bei den Boomern: Von den 50- bis 59-Jährigen nutzen 84 Prozent Twitter überhaupt nicht, bei den über 60-Jährigen steigt dieser Wert sogar auf 90 Prozent.
Das alles verdeutlicht: Die Generation Z legt ihr Smartphone quasi nie aus der Hand.
Gen Z schöpft das Potenzial sozialer Netzwerke aus
Generell fällt auf: Die Generation Z nutzt nicht nur eine Plattform, sondern ist in verschiedenen sozialen Netzwerken parallel aktiv. Zudem nehmen die Zoomer im Gegensatz zu den Boomern neue Social-Media-Angebote eher an und nutzen sie aktiver. Die junge Generation legt insgesamt mehr Wert auf Individualität: 18 Prozent der Generation-Z-Nutzer*innen gaben in einer Studie mit 15.500 Teilnehmer*innen aus vier Generationen und neun Ländern an, dass es für sie sehr wichtig sei, eigenen Content – Videos, Fotos, Blogs, andere Formen des Schreibens oder der Kunst – zu erstellen und somit ihrer Einzigartigkeit Ausdruck zu verleihen. Unter den Boomern gibt es nur neun Prozent, die das von sich selbst behaupten.
Laut der Untersuchung geht der Trend unter den Gen-Z-Angehörigen hin zu mehreren Accounts auf derselben Plattform. So ist etwa der Begriff Finsta entstanden, womit geheime „Fake“-Profile auf Instagram gemeint sind, die nur für den engen Freundeskreis und Familienmitglieder gedacht sind. Alle weiteren Inhalte werden über ein Rinsta – also ein öffentliches, „reales“ Profil – mit der breiten Öffentlichkeit geteilt – und zwar sorgfältig kuratiert, um herauszustechen.// Jahrgänge der verschiedenen Generationen
Zwar variieren die genauen Jahresabgrenzungen der Generationen je nach Quelle und Definition mitunter leicht, grob lassen sie sich jedoch wie folgt einteilen:
Babyboomer: 1946 – 1964
Generation X: 1965 – 1979
Generation Y: 1980 – 1995
Generation Z: 1996 – 2010
Die Pandemie zieht Babyboomer ins Netz
Darüber hinaus hat auch die Pandemie unser grundsätzliches Medienverhalten beeinflusst – das ist verständlich, denn es gab nicht viele Alternativen, um sich während der diversen Lockdowns die Zeit zu vertreiben.
Interessant an diesem Phänomen ist jedoch, dass sich die Nutzungsmotive und -arten zwischen den Generationen unterscheiden. So sind 25 Prozent der über 60-jährigen Social-Media-Nutzer*innen laut einer Studie erst im vergangenen Jahr dazugekommen, schreibt W&V. Der genannte Hauptgrund dafür: die Isolation ausgleichen und mit wichtigen Menschen in Kontakt bleiben. Die jüngere Generation treibt laut der Untersuchung im Vergleich vor allem das Bedürfnis nach Unterhaltung an.
Im Ergebnis verbringen Jugendliche und junge Erwachsene deutlich mehr Zeit im Internet als zuvor. Wie aus der Postbank-Jugend-Digitalstudie für 2021 hervorgeht, seien die 16- bis 18-Jährigen im Schnitt 70,4 Stunden pro Woche online. Im Frühjahr 2020 waren es 71,5 Stunden pro Woche, 2019 noch 58 Stunden.
Häufiger als ihre Vorgängergenerationen schauen sie dort bevorzugt Video-Inhalte, wie eine Ad-Alliance-Untersuchung ergeben hat. Demnach ist ein Grund dafür, dass Zoomer häufiger als andere Altersgruppen ihren Bedarf an Bewegtbild online decken und dass sie eine besonders ausgeprägte Vorliebe dafür haben, sich mit kurzen Videos abzulenken. Ein großer Teil der Befragten aus dieser Altersgruppe gab an, mit Videos aus der Realität auszubrechen. Ein Trend, den die Pandemie sicherlich befeuert hat.
Das bedeutet laut der Studie aber nicht, dass das Leben der Gen Z nicht mehr analog stattfindet. Fast drei Viertel von ihnen entschleunigen den Alltag bewusst, indem sie auch mal auf Smartphone oder andere Devices verzichten.
Boomer möchten nicht auf ihr Alter reduziert werden – die Gen Z steht auf Nachhaltigkeit
Unternehmen müssen in der Ansprache der Boomer Stereotype hinter sich lassen, wie eine Havas-Studie herausgefunden hat. Grund dafür seien drei Faktoren:
- Zwei Drittel der Boomer möchten nicht speziell als “Ältere” adressiert werden.
- Rund 75 Prozent der über 55-Jährigen glauben, dass Alter eine Frage der Einstellung und weniger der physischen Gegebenheiten ist.
- Entsprechend bevorzugen zwei Drittel der befragten Boomer eher Marken, die nicht auf eine bestimmte Generation ausgerichtet sind.
Auf Produktebene hingegen wünschen sich Mitglieder dieser Generation der Untersuchung zufolge, dass Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen noch deutlich stärker auf ihre Bedürfnisse zuschneiden. Fast die Hälfte der über 55-Jährigen stimme der Aussage zu: „Ich erwarte von meinen Lieblingsmarken, dass sie ihre Produkte und Dienstleistungen so anpassen, dass sie zu mir passen, wenn ich älter werde.“
Angehörigen der Gen Z auf der anderen Seite ist es wichtig, wer hinter den gekauften Produkten oder genutzten Dienstleistungen steht, erläutert marketing.ch. Sie unterstützten bevorzugt Unternehmen, die einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, sich gegen politische und soziale Ungerechtigkeiten ausdrücken und Menschen- wie auch Tierrechte ernst nehmen. Dabei müsse die Marke diese Haltung nicht nur kommunizieren, sondern auch umsetzen und leben, ansonsten ginge die Unterstützung der Gen Z schnell verloren. Zudem sei Storytelling für die Gen Z wichtiger als harte Werbebotschaften. Sprich: Marken erreichen sie besser mit guten Geschichten als mit klassischer Werbung.
Intensivere Interaktion macht Zoomer zu anspruchsvollen Konsument*innen
Zusammengefasst sind die Mitglieder der Generation Z – im Gegensatz zu den Boomern – alles andere als passive (Social)-Media-Nutzer*innen. Sie posten, liken und kommentieren häufiger. Ob Kontakte pflegen, Nachrichten konsumieren, Videos ansehen oder shoppen: Die Zoomer kennen als erste Generation kein Leben ohne das Internet und soziale Netzwerke. Sie nutzen die verschiedenen Plattformen parallel, teilweise mit mehreren Accounts und für so ziemlich alles. Im Gegensatz dazu konzentrieren sich Boomer hauptsächlich auf die Pflege ihrer sozialen Kontakte.
Mobile Apps, die Social-Media-Accounts von Freund*innen und Prominenten, Blogs – all das hat einen stärkeren Einfluss auf die Gen Z als auf ältere Generationen. Wie keine Gruppe zuvor interagiert sie online und in den sozialen Medien umfassend auch mit Marken, leitet deren Posts weiter und schreibt Online-Bewertungen. Sie hat zudem eine breitere Palette an Kaufkriterien, legt größeren Wert auf sekundäre Faktoren, wie etwa das soziale Engagement einer Marke, und recherchiert umfangreicher. Außerdem lassen sie sich mehr als alle anderen Altersklassen über soziale Netzwerke beeinflussen, was sich auch in ihren Kaufentscheidungen niederschlägt.
Das alles macht sie zu einer anspruchsvollen, schwer zu erreichenden und schwerer zu haltenden Kundschaft. Gleichzeitig sind sie als Early Adopter hervorragende Indikatoren dafür, wie ältere Generationen soziale Medien in ihren Alltag sowie in ihr Nutzungsverhalten integrieren.
Die Boomer dagegen bevorzugen im Vergleich zu anderen Altersgruppen weiterhin häufig physische Shopping-Erlebnisse. Während aus der Generation Z nur fünf Prozent angeben, dass sie während des Einkaufs in physischen Geschäften neue Marken entdecken, sind es unter den Boomern immerhin noch 19 Prozent. Außerdem ist der Preis eines Produkts für sie eines der wichtigsten Kaufkriterien, während Themen wie Nachhaltigkeit und das soziale Engagement einer Marke eine untergeordnete Rolle spielen. Zur Recherche nutzen die Boomer im Schnitt 1,9 Kanäle, während sich die Generation Z auf durchschnittlich 2,3 Online-Kanälen informiert.
Millennials setzen mit zunehmendem Alter vermehrt auf klassische Medien
Aber genug von Boomern und Zoomern: Wie steht es eigentlich um die Social-Media-Nutzung der Millennials? Auch als Generation Y bezeichnet, sind sie zeitlich die Nachfolgegeneration der Boomer und der Generation X – und direkter Vorgänger der Generation Z. Dabei gelten sie als anspruchsvoll, technikaffin und stetig im Wandel.
Dass diese Gruppe im Vergleich zur Generation Z und den Boomern dennoch schwer kategorisierbar ist, zeigt sich beim Blick auf ihre Gesamtmediennutzung: Zwar liegen sie mit einem Social-Media-Konsum von durchschnittlich 1 Stunde 36 Minuten direkt hinter der Gen Z – in Bezug auf Fernsehen und das Lesen von Zeitungen und Zeitschriften fällt die Tendenz aber schon weniger eindeutig aus. Mit 138 Minuten Fernsehnutzung am Tag liegen sie fast genau zwischen den Werten der Boomer (180 Min.) und der Zoomer (102 Min.). Über alle Generationen hinweg lässt sich feststellen: Mit dem Alter der Befragten steigt die Beliebtheit klassischer Medien an – und die Nutzungszeit von Social Media nimmt ab.
Trotzdem genießt Social Media auch unter den Millennials einen hohen Stellenwert: Rund 83 Prozent von ihnen sind laut einer Erhebung von Statista mehrmals pro Woche in sozialen Netzwerken unterwegs, nur 5,4 Prozent dagegen nie dort anzutreffen. 72 Prozent der Millennials geben zudem an, dass soziale Medien ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens seien – der höchste Wert unter den befragten Altersgruppen (Gen Z: 66 Prozent; Boomer: 40 Prozent). Laut einer GWI-Studie (zum Download-Formular) sind außerdem 40 Prozent davon überzeugt, dass Social Media gut für die Gesellschaft ist – und sorgen sich zum Großteil (72 Prozent) auch nicht darum, dass sie vielleicht zu viel Zeit auf den verschiedenen Plattformen verbringen könnten. In der Generation Z dagegen liegt dieser Wert bei 37 Prozent – und 19 Prozent haben sogar das Gefühl, dass die Social-Media-Nutzung bei ihnen Angstzustände auslöst.
Auch innerhalb der Generationen sind die Mitglieder heterogen
Für Unternehmen bedeuten die beschriebenen Punkte zusammengefasst vor allem eins: Ältere Zielgruppen sind mittlerweile längst auch via Social Media erreichbar und für jüngere reicht „Hauptsache Social“ alleine nicht mehr aus. Die Babyboomer haben, befeuert durch die Pandemie, Facebook und Co für sich entdeckt. Klassische Medien spielen in ihrem Alltag weiterhin eine Rolle, mussten einen Teil des „Zeitkuchens“ an soziale Netzwerke abtreten. Für die Gen Z ist es indes nicht mehr genug, dass ein Unternehmen via Social Media kommuniziert. Sie achten stark auf die Werte, für die eine Marke steht, und beziehen Faktoren wie Nachhaltigkeit oder soziale Verantwortung in ihre Kaufentscheidungen ein. Eins gilt jedoch für alle Generationen, egal ob Boomer oder Zoomer: Auch innerhalb einer Altersgruppe sind die Mitglieder heterogen. Zwar teilen sie sich ein paar Charakteristika, in vielen anderen Punkten unterscheiden sie sich jedoch. Kampagnen können daher nicht etwa „die Generation Z“ adressieren, sondern müssen spezifische Zielgruppen in der jeweiligen Generation identifizieren.
// Über die Autorin
Christina Finke ist ausgebildete Print- und Onlineredakteurin, ihr Volontariat absolvierte sie bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Bevor sie Mitte 2021 ins Agenturleben einstieg, schrieb sie über alles, was sich ums Thema Auto dreht – zunächst für die Neue Osnabrücker Zeitung, anschließend für die Online-Redaktion der Auto Zeitung. Für OSK textet sie vor allem für Social-Media- und Digital-Projekte. Privat verbringt sie ihre Zeit am liebsten auf dem Beachvolleyballplatz und in Konzerthallen, spielt selbst Klavier und leidet unter permanentem Fernweh.