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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
„Journalism matters and is in demand again.“ Das ist wohl eine der wichtigsten Schlussfolgerungen des jüngsten Reuters Institute Digital News Report. Der Report zur globalen Mediennutzung ist am Forschungszentrum der britischen Universität Oxford entstanden. 80.000 Menschen in 40 Ländern wurden dafür zu ihrem Medienkonsum befragt. Die Studie besagt unter anderem, dass die Mehrzahl der Teilnehmer die Meinung vertritt, unabhängiger Journalismus sei für das Funktionieren einer Gesellschaft wichtig.
Demnach sehnen wir uns nach wie vor nach belastbaren, journalistisch geprüften Informationen. In Zeiten von Corona konsumieren wir diese sogar stärker als zuvor und zwar nicht nur im Netz, sondern auch wieder zunehmend auf traditionellen Medienkanälen. Darüber hinaus scheint die Akzeptanz von unterschiedlichen Bezahlmodellen für Onlinenachrichten zu steigen. Die Autoren der Studie prognostizieren daher, „dass wir einen weiteren Schub in Richtung digitaler Abonnement- und anderer Leserzahlungsmodelle erleben werden, die sich in den letzten Jahren als sehr vielversprechend erwiesen haben.“
Kurzum: Die Corona-Pandemie verschärft, was zuvor auch schon präsent war: ökonomische Zwänge, aber auch die Hinwendung zum Digitalen. Neben Zukunftsaussichten liefert die Studie aber vor allem eins: Viele spannende Einblicke darin, wo Menschen derzeit Medien konsumieren, mit welchen Medien sie sich über das Weltgeschehen informieren, und wie weit sie Medien – aber auch den sozialen Netzwerken – vertrauen. Wir haben uns die Studie näher angeschaut – und dabei geprüft, was die Erkenntnisse für unsere Arbeit bedeuten.
Viel Spaß beim Lesen!
PS: Der Weekly erscheint ab sofort in aufgefrischtem und modernem Design. Wir freuen uns, über Feedback dazu!
Social Media ist wichtig, aber… (wait for it)
Die wichtigsten Nachrichtenquellen für junge Menschen sind soziale Netzwerke, allen voran Instagram und YouTube. Die Plattformen haben dabei sogar an Bedeutung gewonnen. 30 Prozent der befragten 18- bis 24-Jährigen gaben an, dass soziale Medien ihre wichtigste Nachrichtenquelle seien – ein Anstieg von acht Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Social only antworteten neun Prozent der Studienteilnehmer auf die Frage, wo sie Nachrichten konsumieren würden. 2019 waren es noch fünf Prozent gewesen. Insgesamt gaben 37 Prozent aller Befragten an, soziale Netzwerke als Nachrichtenquelle zu nutzen.
Spannende Insights dazu, was das für die traditionellen Medien bedeuten könnte, liefert auch diese Studie der ARD. Sie sagt aus, „dass die Wahrnehmung, beziehungsweise Identifikation der journalistischen Nachrichtenquelle deutlich schwerer fällt, wenn die Konsumenten über Suchmaschinen oder über Social-Media-Plattformen an eine Nachricht gelangen“. Zudem würden Nutzer Nachrichten in sozialen Netzwerken anders konsumieren als in den traditionellen Medien: Statt sich umfassend zu informieren, würden sie davon ausgehen, dass die Nachricht zu ihnen kommen würde – frei nach dem Motto: „the news find me“. Das würde wiederum zu der Erwartung führen, dass man durch Peers und soziale Netzwerke stets gut informiert sei und daher die traditionellen Nachrichtenkanäle an Bedeutung verlieren.
Und nun zum Aber. Denn…
… wir schauen wieder mehr Fernsehen – vor allem in Krisenzeiten
Auch wenn Menschen ihre Nachrichten zunehmend über soziale Netzwerke konsumieren – noch mehr tun dies weiterhin linear, und zwar über das Fernsehen. Obwohl die Bedeutung des TV für den Nachrichtenkonsum in den vergangenen Jahren stark abgenommen habe: In Krisenzeiten steige sie wieder etwas an. Hätten in der Woche vor der Befragung noch 70 Prozent der Studienteilnehmer Fernsehnachrichten gesehen, waren es im April immerhin 72 Prozent, fasst Netzpolitik zusammen. Zwar ist die Revision des Abwärtstrends womöglich nur temporär, dennoch verdeutlicht sie, dass Menschen sich in Krisenzeiten verstärkt Quellen zuwenden, die sie kennen und denen sie vertrauen.
Apropos, Vertrauen: Darum steht es gar nicht mal so gut
Laut Reuters-Report sorgten sich viele der Befragten, im Internet oder in traditionellen Medien auf Falschinformationen zu stoßen. Weltweit gaben 38 Prozent – und damit nur knapp vier von zehn Studienteilnehmern – an, Nachrichtenquellen generell zu vertrauen. Im Vergleich zu 2019 sei dies ein Rückgang von vier Prozentpunkten. In Deutschland vertraue weniger als die Hälfte der Befragten den Nachrichten im Allgemeinen. Etwas besser sieht es bei der individuellen Nutzung von News-Medien aus.
Hier vertrauten 59 Prozent der Deutschen den Medien, die sie selbst konsumieren. Am vertrauenswürdigsten würden dabei die Nachrichten-Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF eingeschätzt, dicht gefolgt von Lokalzeitungen. Im Zusammenhang mit Online-Medien sei mehr als die Hälfte der weltweit Befragten besorgt über den Wahrheitsgehalt von Nachrichten. Besonders soziale Netzwerke würden dabei als Quelle von Falschnachrichten gesehen, mit weitem Vorsprung vor Online-Newsportalen und Messengern.
Das gelte insbesondere für Informationen im Zusammenhang mit dem Coronavirus – dort war das Vertrauen der Befragten sozialen Netzwerken, Videoplattformen- und Messaging-Diensten gegenüber nur halb so hoch wie gegenüber traditionellen Medien. Nur 26 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sozialen Netzwerken als Informationsquelle über das Virus vertrauen. In diesem Zusammenhang sorgte unlängst auch Facebook für Schlagzeilen: Konzerne wie Unilever und Coca-Cola gaben bekannt, ihre Werbeschaltungen auf Facebook einzustellen, weil das Netzwerk nicht genug gegen Fake News und Hass-Kommentare unternehme.
Nutzer binden mit Podcasts
Dass Podcasts auf dem Vormarsch sind, wissen wir nicht erst seit unserem Interview mit Spotify oder Christian Drosten, Deutschlands wohl bekanntestem Virologen, der sogar einen Grimme Online Award erhielt. Der Reuters-Report besagt nun, dass auch immer mehr Medienhäuser die Audioformate produzieren, um Leser und Zuschauer langfristig an sich zu binden. Podcasts seien zu einem wichtigen Kanal geworden, um die Loyalität gegenüber bestimmten Nachrichtenmarken zu steigern: The Daily von der New York Times beispielsweise würde mit seinen zwei Millionen Zuhörern am Tag für signifikante Werbeeinnahmen sorgen.
Das strategische Ziel bleibe jedoch, neue Abonnenten zu gewinnen und bestehende stärker zu binden, so die Autoren. Nic Newman, einer der Autoren der Reuters-Studie, erklärte den Erfolg von Podcasts bereits In einer früheren Untersuchung so:
“Bigger audiences, better measurement and easier access have combined to change the economics of news podcasting. In turn this is encouraging publishers to invest in creating more quality content, and platforms to invest in better distribution and monetisation, in a virtuous circle of growth.”
Dafür spricht auch, dass Podcasts vor allem junge Hörer anziehen – also jene Zielgruppe, die ihre Nachrichten sonst lieber auf Instagram statt in Papierform konsumiert. Sie früh an eine Medienmarke zu binden, könnte sich langfristig auszahlen.
Und was bedeutet das für die PR?
Die Reuters-Studie gibt uns in diesem Kontext wichtige Anhaltspunkte, wie Kommunikations-Profis die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten unterstützen können, etwa indem wir Pressematerial so aufbereiten, dass die Inhalte sich leicht für Social Media adaptieren lassen.
Darüber hinaus ist das für uns wichtigste Take-Away:
- Kommunikation muss vielgestaltiger werden – weg von reinen Text- und Videoblöcken, hin zu Informationen, die Journalisten einfach für die sozialen Netzwerke – und für Podcasts! – aufbereiten können.
- Wir sind immer auf der Suche nach den neuesten Trends: Instagram ist ja auch schon fast ein alter Hut, wenn man an Twitch und TikTok denkt. Trotzdem sollten wir ab und zu unsere „numbers“ checken – und die Trends in Relation setzen. Die Studie zeigt, dass soziale Netzwerke wichtig sind, aber ebenso, wie viel Bedeutung traditionelle Medien weiterhin haben.
- Kommunikation muss für Vertrauen sorgen – kein Beschönigen von Statistiken, kein Greenwashing. Je geradliniger kommuniziert wird, desto besser.
- Nutzer vertrauen zudem Infos, die sie in sozialen Netzwerken finden, relativ wenig. Umso wichtiger ist es für PR-Abteilungen, die klassischen News-Marken und -Medien weiterhin zu bedienen.
In other news: Warum verbringen wir überhaupt so viel Zeit in sozialen Netzwerken?
Ups, schon wieder im Instagram-Feed, obwohl wir die App doch gerade erst geschlossen und uns dabei vorgenommen hatten, sie in der nächsten Stunde jetzt wirklich nicht mehr zu öffnen? Warum verbringen wir so viel Zeit in sozialen Netzwerken – selbst, wenn wir uns dort oft langweilen? Weil unser Gehirn darauf ausgelegt ist, besagt eine neue Studie der UC Berkeley. Welt kmpkt hat die Ergebnisse der Studie zusammengefasst. Spoiler Alert: Zucker und Instagram haben für unser Gehirn mehr gemeinsam, als wir denken.
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