Sie möchten unseren Newsletter zukünftig direkt an Ihr E-Mail-Postfach zugestellt bekommen? Dann melden Sie sich hier für den OSK Weekly an.


Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in einer durchdigitalisierten Gesellschaft birgt das Prinzip „Einfach offen miteinander reden“ enormes Potenzial für die Markenbildung. Im Social Web ist Community Management ein entscheidender Teil dieses Prozesses. Wie Social-Media-Manager*innen erfolgreich mit der Zielgruppe kommunizieren und warum in diesem Kontext speziell die Tugenden der PR immens wertvoll sind, solitär aber nicht ausreichen, beleuchten wir in diesem OSK Weekly.

Viel Spaß beim Lesen!

OSK Weekly KW 25 - Community Management - jung, digital und Teil von Communities

Die Kund*innen von morgen sind jung, digital und Teil von Communities

Es ist bereits einige Jahre her, dass sich der Bundesverband Community Management (BVCM) an einer formalen Absteckung des Begriffs Community Management versucht hat. Schon im Jahr 2010 einigte sich die Organisation auf folgende Definition: „Community Management ist die Bezeichnung für alle Methoden und Tätigkeiten rund um Konzeption, Aufbau, Leitung, Betrieb, Betreuung und Optimierung von virtuellen Gemeinschaften sowie deren Entsprechung außerhalb des virtuellen Raumes.“

Seitdem hat sich die digitale Welt grundlegend verändert. Was noch vor dem großen Durchbruch des Social-Media-Urvaters Facebook abstrakt als „virtuelle Gemeinschaften“ beschrieben wurde, ist elf Jahre später zu einem komplexen Universum aus zahlreichen Social-Media-Plattformen geworden. Und so gibt es mittlerweile zeitgemäße Definitionen, etwa von der Agentur KMU, die beschreibt, dass Community Management als „Bindeglied zwischen den Seitenbetreibern und den Usern“ fungiere. Community Management bedeute, „diese Beziehungen aktiv zu gestalten und „den Austausch zwischen den verschiedenen Parteien [zu suchen].“ Eine Konstante ist dabei weiterhin die Umschreibung „virtuelle Gemeinschaften“ – oder wie man heutzutage sagt: „Virtual Communities“.

Nimmt man die Zahl der Nutzer*innen von Social Media, also die potenziellen Mitglieder dieser Communities, unter die Lupe, offenbart sich ein enormes Potenzial für Unternehmen, neue Kund*innen zu erreichen: Laut Statista waren 2020 rund 3,6 Milliarden Menschen, und damit rund die halbe Weltbevölkerung, auf Facebook, Instagram, Twitter, TikTok und Co unterwegs. Bis 2025 ist darüber hinaus ein fortgehender Anstieg auf 4,41 Milliarden Social-Media-Nutzer*innen prognostiziert.

Besonders spannend ist in diesem Zusammenhang die Rolle der sogenannten „Generation Z“, also jenen jungen Menschen, die nach Definition des Pew Research Centers zwischen 1997 und 2010 geboren worden sind. Warum? Weil die zutiefst digital-geprägte „Gen Z“ nach Recherchen von Forbes schon heute eine Kaufkraft zwischen 29 und 143 Milliarden Euro besitzt – und sich gleichzeitig besonders intensiv in virtuellen Gemeinschaften versammelt, wie eine aktuelle Studie der Agentur House of Yas beschreibt: „Mit Blick auf Social Media geht es der Gen Z nicht um Personenkult, sondern um den Aufbau von Communitys um bestimmte Interessen und Leidenschaften herum. Die Gen Z definiert sich stärker als Vorgenerationen über gemeinsame Interessen anstatt etwa über soziodemographische Hintergründe oder Bildungsgrade.“

OSK Weekly KW 25 - Community Management - PR-Tugenden

PR-Tugenden sind perfekt für Community Management – aber reichen alleine nicht aus

Die Entwicklung der Generation Z sollte Marketing- und Kommunikationsverantwortliche zur Erkenntnis kommen lassen, dass kompetente Community Manager*innen heute einen festen Platz in jedem Digital-Team haben sollten. Welche Gründe hemmen viele Unternehmenskommunikatoren aber, sich genau diesem Potenzial voll zu öffnen und Community Management mit mutigem Fokus auf die veränderte User-Landschaft des Jahres 2021 zu betreiben?

Auf unserem OSK Blog haben wir uns bereits mit den Vorteilen von – genau wie mit den drei größten Vorurteilen gegenüber – Community Management auseinandergesetzt. Einer der am meisten in Comms-Abteilungen mitgehörten Vorbehalte ist die schon dort thematisierte Sorge vor digitalen Shitstorms. Eine Sorge, die auch aus der historischen Entwicklung der Krisen-PR als dezidierte Vermeidungs- bzw. Entgegnungs-Instanz gewachsen sein könnte. Das ist verwunderlich, weil Shitstorms eine Kernspezialität der PR sind. Da gibt es die erfahrene Krisenkommunikatorin, die umfassende Strategien für mögliche Werksunfälle, gescheiterte Fusionen oder das kommunikative Fettnäpfchen des CEOs im letzten Interview entwickelt hat. Oder den klugen Kopf, der auf Basis eines zuvor erstellten Q&A-Papiers kritischen Journalist*innen das Momentum nimmt. Sie bieten Fachwissen rund um die betreute Marke, treffen den Ton und verfügen über die Souveränität, stets einen kühlen, analytischen Kopf in kleinen und großen Krisenfällen zu behalten. Der Clou dabei ist, dass all diese PR-Kompetenzen die perfekte Grundlage für die Rolle als Community Manager wären.

Selten trifft man aber jene Kommunikator*innen, die bei berechtigter Kritik im Social Web offen damit umgehen, Fehler gemacht zu haben – inklusive befriedigender Lösungsvorschläge. Gerade diese Fähigkeit ist aber Gold wert für gutes Community Management, und zwar genauso wie das klassische Skillset von PR-Krisenstrateg*innen. Das bestätigt auch Sandra Wergen von HubSpot, die Unternehmen dazu ermuntert, „negative Kritik lieber als Chance wahr[zunehmen], die die Unternehmenskommunikation verbessern kann.“

Die Krux ist: PR-Expert*Innen trifft man noch zu selten in der Social-Media-Abteilung, sondern in der strategischen Unternehmenskommunikation. Das ist kein Problem, solange beide Gewerke engmaschig vernetzt sind – was aber leider noch immer nicht der Fall ist. Das verschenkt enormes Potenzial für moderne strategische Kommunikation mit der jungen digitalen Zielgruppe.

OSK Weekly KW 25 - Community Management - Haltung, Empathie und Erfahrung

Soft Skills moderner Community Manager*innen: Haltung, Empathie und Erfahrung

Insbesondere in Zeiten von Nachhaltigkeitsdebatten, politischen Weichenstellungen, großen Gender-Bewegungen oder komplexen Rassismus- und Sexismus-Debatten ist darüber hinaus das Thema Haltung im Community Management wichtig – vor allem für junge Menschen, wie die erwähnte Gen-Z-Studie zeigt: „Unternehmen sollen Farbe bekennen und sind aus Konsument*innensicht als wirtschaftliche Akteure verantwortlich für gesellschaftspolitische Entwicklungen.“ Auf basic thinking erklärt Daniela Sprung, dass das Thema Haltung dabei fest mit dem (Nicht-)Wissen um die Werte des eigenen Unternehmens verknüpft ist. Nach Einschätzung der Bloggerin wüssten „viele Unternehmen nicht, worin ihre Werte bestehen und wie sich die damit verbundene Haltung gestaltet.“ Dabei sei es „für ein Unternehmen […] wichtig zu wissen, welche Werte in der Öffentlichkeit vertreten werden. Die Voraussetzungen dafür sind Empathie, ein Gefühl für den Zeitgeist und die Fähigkeit, sich aus der eigenen Blase heraus zu bewegen, um über den Tellerrand zu schauen.“

Die Gen Z braucht also eine besondere Ansprache. Denn in der Rolle des aufstrebenden Konsumenten ist die Generation Z mittlerweile selbst zu einem „Stakeholder-Leviathan“ geworden, der von Marken eine spezielle Form der Kommunikation erwartet. Das bestätigt auch die Gen-Z-Studie: „Freundlich, reaktionsschnell, selbstkritisch – die Gen Z verlangt von Marken statt kollektiver Adressierung eine individuelle und authentische 1-to-1-Kommunikation auf Augenhöhe. Marken müssen nicht zur Gen Z sprechen, sondern mit ihr sprechen und zwar Omnichannel auf allen relevanten Kanälen.“

Für Community Manager*innen bedeutet das konkret: die eigenen Follower mit in den Dialog nehmen und Partizipation nicht nur behaupten, sondern tatsächlich umsetzen. Polemischer Kritik mit Schlagfertigkeit und Humor statt Löschung den Garaus machen. Vermeintlich nervigen Nachfragen nach Produktdetails individuell und mit den passenden Informationen begegnen, statt sie aus Ressourcenknappheit zu ignorieren. Sich Zeit nehmen für gute Argumente auf berechtigte Kritik statt Totschweigen im digitalen Walde. Sich nicht als „die da oben“ inszenieren, sondern aus einer gleichberechtigten Position der Hilfsbereitschaft agieren. Und vor allem: Empathisch sein und die Gründe für Begeisterung, aber ebenso Kritik analysieren, mit klarem Verständnis für menschliche Beweggründe auf diese eingehen und transparent mit möglichen Fehlern umgehen. Das alles bleibt am Ende positiv im Kopf der Follower*innen. Und ebenso in denen der Kritiker*innen.

Die finale, und vielleicht wichtigste, Kompetenz moderner Community Manager*innen ist aber das tiefgehende Wissen um die wechselseitigen kommunikativen Mechanismen der digitalen Welt. Um Social-Media-Trends für das eigene Unternehmen gewinnbringend zu adaptieren, mögliche Shitstorms bereits im Vorfeld zu antizipieren und auf Augenhöhe mit den User*innen zu kommunizieren, braucht es erfahrene Profis, die das Netz seit Jahren beruflich wie in der Freizeit leben, sich wie der Fisch durchs digitale Wasser bewegen und die kommunikative Kraft von Memes genauso verinnerlicht haben wie die mitunter nach irrationalen Erregungsmustern ablaufenden Diskurse auf Facebook, Instagram und Co. Oder auf den Punkt gebracht: Young Professionals, die die Lebenswelt, Wünsche, Sehnsüchte und Bedürfnisse der aufstrebenden „Generation TikTok“ nicht nur in der Theorie kennen, sondern im besten Fall sogar selbst Teil dieser besonderen Community sind.

OSK Weekly KW 25 - Community Management - Social wird aus Mut gemacht!

tl;dr: Social wird aus Mut gemacht!

Die hochkomplexen Auseinandersetzungen, Wechselwirkungen und speziellen User-Bedürfnisse im modernen Social-Media-Universum mögen für viele Unternehmen befremdlich wirken. Verstärken sie ihre digitalen Comms-Teams aber mit fachlich top-ausgebildeten PR-Profis, die gleichzeitig Haltung vermitteln, empathisch reagieren sowie sich aus sich selbst heraus für Social Media und digitale Trends begeistern können, wird Community Management zum mächtigen Werkzeug für nachhaltige Kundenbindung. Dieser Angang erfordert ein Umdenken und eine gewisse Experimentierfreude – inklusive der Möglichkeit des Scheiterns. Doch nur auf diese Weise ermöglicht man der eigenen Marke, aus der Masse an kommunikativen Angeboten herauszustechen, im Kopf der Konsument*innen zu bleiben und dem eigenen Unternehmen ein einzigartiges digitales Profil zu verleihen. Eines der eindrücklichsten Beispiele für diesen Angang ist und bleibt die Kampagne #weilwirdichlieben der BVG, die nicht umsonst und auch nach Jahren von Marketing-Verantwortlichen deutschlandweit als Benchmark für die eigene Digitalkommunikation ausgerufen wird. Und die dennoch am mangelnden Mut zu Selbstironie, zielgruppengerechten Humor und provokanten Kreativideen scheitern.

Social-Media-Experte Sven Wedig hat die Marschrichtung für den modernen Dialog mit der eigenen Zielgruppe in einem aktuellen WUV-Kommentar passend auf den Punkt gebracht:

„Es bleibt dabei, […] Werbetreibende, Influencer und Medien [brauchen] eine klare Haltung, ein Statement und eine durchdachte, mutige und gleichermaßen sensible Kommunikation. Die Corona Krise bringt […] ans Licht, wie dringend die Werbetreibenden in den oben genannten Bereichen ihre Hausaufgaben machen müssen. […] Die Kanäle sind sowas von klar, Sensibilität kann man lernen und Mut kann sich entwickeln. […] Lasst uns mutiger und lauter werden, Kante zeigen, funktionierende Strategien verfolgen und dabei unsere Zielgruppen nicht aus den Augen verlieren.“

// Über den Autor

Marcel Bender - OSK-Redakteur

Für Marcel Bender dreht sich alles um die Stories hinter den Marken, Menschen und Technologien der Unternehmenswelt. Bevor er 2014 als Redakteur ins Agenturleben einstieg, tauchte der Postrock-Bassist an der Uni Essen in die Frage ein, was Kommunikation eigentlich ist, wie sie funktioniert – und warum wir uns trotz ihres Hangs zum Scheitern dennoch verstehen. Für OSK textet Marcel vor allem für Social-Media- und Digital-Projekte. Auf der Rasierklinge der rasanten, digitalen Veränderungen kämpft er für mutige, kreative und authentische Corporate-Kommunikation entlang aller Kanäle. Nach Feierabend verbringt er seine Zeit gerne mit Freunden, in Youtube-Sessions und mit Dortmunder Fußball-Philosophie.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.