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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wie treffen Unternehmen in der aktuellen Situation den richtigen Ton? Sollten sie ihre Kommunikationsstrategie gänzlich auf die Corona-Krise ausrichten? Welche Inhalte vertragen die Zielgruppen überhaupt? Wir fassen zusammen, wie Unternehmen durch diese schwierige Zeit manövrieren und kommunizieren.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen – bleiben Sie, wenn möglich, zu Hause und vor allem gesund!
PS: Auch OSK ist seit zwei Wochen im Homeoffice, unser Umzug hat reibungslos geklappt – nicht zuletzt dank einer grandiosen IT-Abteilung. Über unsere Social-Media-Kanäle sowie den OSK Weekly halten wir Sie aber wie gewohnt auf dem Laufenden.
Obviously (sic): Mehr Social Media in Krisenzeiten
Im Rahmen des Social Distancing bleiben die Menschen vermehrt zu Hause, haben also mehr Zeit zur Verfügung, die sie sonst mit Freizeitaktivitäten verbringen. Effekt: Das Internet erfährt noch stärkeren Zulauf als zuvor. Während Gaming-Plattformen Rekordzahlen vermelden und Streaming-Anbieter ihre Qualität drosseln, um das stark beanspruchte Netz zu entlasten, erleben wir auch im Social Web einen wahren Boom. So vermeldet eine Studie der Influencer-Agentur Obviously, die mehr als 7,5 Millionen Instagram-Posts untersuchte, 76 Prozent mehr Likes für Beiträge mit dem Hashtag #ad in den letzten zwei Wochen. Bei untersuchten TikTok-Beiträgen kam es zu fast 30 Prozent mehr Engagement als im Vormonat. Und auch in Deutschland zeigt sich laut Adzine ein deutlicher Trend: 44 Prozent der Befragten surfen deutlich mehr im Internet oder nutzen verstärkt Social-Media-Angebote.
Allgemein schlagen sich die Social Networks, die zuletzt eher in der Kritik standen, erstaunlich gut: Bei Twitter machte der Aufruf #FlattenTheCurve als Erstes die Runde, bei Facebook überwiegen solide Nachrichten und sachliche Kommentare, Instagram platziert noch über dem ersten Post im Feed einen Link zum Gesundheitsministerium und bei TikTok steht die #SafeHands-Challenge der WHO ganz weit oben.
Positives Beispiel: Mercedes-Benz verbindet Aufklärung mit Markeninhalten
Der Daimler-Konzern zeigt sich in der Krise verantwortungsbewusst: Auf seinen globalen Social-Media-Kanälen stellt der Autohersteller seine sonstigen Themen hinten an, informiert unter dem Motto „Donate Our Reach“ stattdessen über Corona und ruft zu einem angemessenen Verhalten auf. Die Marketingchefin der Mercedes-Benz AG, Bettina Fetzer, beschreibt es so: „Wir spielen unseren über 50 Millionen Followers auf unseren internationalen Markenkanälen Tipps und Ratschläge zu Themen wie Hygiene, verantwortungsvolles Verhalten sowie dem Umgang mit Risikogruppen und Erkrankten aus. Darüber hinaus teilen wir Informationen ausgewählter Gesundheitsorganisationen.“
Auf dem globalen Facebook-Profil des Unternehmens finden sich daher in den letzten Tagen vor allem Posts mit Corona-Bezug: fest fixiert ein Aufruf zum Social Distancing, Verlinkungen zur Musik aus der aktuellen Kampagne oder zu Ausmalvorlagen für Kinder und Produktabbildungen, die meist einen Bezug zu Corona haben. Ähnliche Inhalte werden unter anderem auch auf den globalen LinkedIn– und Instagram-Profilen von Mercedes-Benz sowie dem Twitter-Kanal der Daimler AG veröffentlicht.
Kreativität now: Instagram-Ideen für den Einzelhandel
Kleine, stationäre Läden ohne Online-Shop haben es momentan besonders schwer, auch wenn so gut wie alle Branchen und Geschäfte unter Corona leiden. Für diese Unternehmen braucht es jetzt besonders schnell einfache Lösungen. Lösungen wie die des Insta Sales, den nun LIV – ein Geschäft für skandinavischen Lebensstil in Hamburg – ins Leben gerufen hat. Auf einem zweiten Instagram-Account werden Artikel einzeln gepostet und können per Online-Überweisung gekauft werden – in Hamburg zum Abholen, ansonsten erfolgt die Lieferung per Postpaket. Warum dafür ein zweiter Account erstellt wurde, wird aus dem Text nicht deutlich. Wir gehen aber davon aus, dass es an der zeitlichen Begrenzung der Aktion liegt.
Besonders schön an der Geschichte: Die meisten Bestellungen kommen aus der Nachbarschaft, die sich so solidarisch mit dem kleinen Laden zeigt. Auch das Pflanzengeschäft Winkel van Sinkel, das aufgrund der Corona-Pandemie schließen musste, verfolgt einen ähnlichen Ansatz und verkauft 800 Pflanzen über ein zweites Instagram-Profil. Andere Unternehmen bieten nun als Alternative zum Ladenbesuch eine Beratung per Videochat und am Telefon an. Oder man zeigt sich solidarisch mit Unternehmen, denen es noch schlechter geht, und ruft zur Unterstützung auf.
Auch wenn all diese Beispiele aus Hamburg sind – auch in Ihrer Stadt gibt es bestimmt Geschäfte, die Ihre Unterstützung benötigen können und mit kreativen Ideen versuchen, auf sich aufmerksam zu machen. Halten Sie die Augen auf und kaufen Sie jetzt, wenn möglich, auch lokal!
Das Lagerfeuer ist zurück
Die Corona-Krise beschert dem Journalismus derzeit einen Zuspruch wie selten. Im Fernsehen und Internet werden neue Nutzerrekorde aufgestellt. Die 20-Uhr-Tagesschau habe sich in diesem Kontext zum Leitmedium entwickelt, schreibt Meedia. Zähle man sämtliche Dritten Programme wie 3sat, Phoenix und Co hinzu, erreiche die Tagesschau Zahlen, die es sonst allenfalls in Halbzeitpausen von Fußball-WM- oder -EM-Spielen mit deutscher Beteiligung gibt. Insgesamt stellen Experten, wie zum Beispiel die AGF-Videoforschung-Vorsitzende Kerstin Niederauer-Kopf, beim TV die Rückkehr des „Lagerfeuereffekts“ fest. Sprich: Die Menschen versammeln sich abends wieder gemeinsam vor dem Fernseher.
Journalistische Formate gewinnen darüber hinaus auch auf Social Media. Die größten Zuwachsraten verzeichnen laut Meedia auch hier die etablierten journalistischen Marken. „ZDF heute“ erreichte im Beobachtungszeitraum vom 14. bis 23. März mit den Posts auf ihrer Facebook-Seite 844.000 Millionen Likes, Reactions, Shares und Kommentare. Ein Zuwachs von 484 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Auf YouTube lässt die Nachrichtenlage die Nutzung und User-Zahlen des Tagesschau-Kanals wachsen. Allein im März sind laut RND.de 95.000 Abonnenten hinzugekommen, was rund halb so viele seien wie im gesamten Jahr 2019.
Print scheint laut der Meedia-Analyse ebenfalls zu profitieren. Gruner + Jahr etwa hat steigende Einzelverkaufs- und Abo-Zahlen für Titel wie „stern“ oder „Gala“ veröffentlicht. Aus anderen Verlagen sei vielfach Ähnliches zu hören.
ARD-aktuell-Chefredakteur Marcus Bornheim schätzt die derzeitigen Entwicklungen im Journalismus auf ndr.de ein und bleibt dabei nüchtern. „Wir hatten schon Situationen, ganz fürchterliche Katastrophen, 9/11, der Germanwings-Absturz, da war das auch fokussiert. Da dauerte es ein paar Tage oder einige Wochen“, sagt Bornheim. „Jetzt werden wir uns wahrscheinlich einige Monate über Corona unterhalten. Aber es ist am Ende des Tages: Business as usual.“
Übrigens: Laut der Langzeitstudie Medienvertrauen, welche die Mainzer Johannes Gutenberg-Universität Ende 2019 und damit außerhalb des Kontexts der Corona-Krise erstellt hat, ist das Vertrauen in Medien in den vergangenen fünf Jahren gestiegen. Demnach finden 43 Prozent der Bevölkerung, man könne den Medien vertrauen, wenn es um wirklich wichtige Dinge geht.
Raute Nimmersatt: Hashtags zu Corona
Es ist schon bemerkenswert: Im Social Web, also dem Ort, wo es in den letzten Monaten oftmals rau zuging, Trolle, Fake News und Privatsphärenverstöße die Schlagzeilen bestimmten, herrscht aktuell eine fast schon besonnene Stimmung vor, während sich in den Supermärkten die Leute um die letzte Klorolle prügeln. Natürlich gibt es links und rechts auch immer mal wieder emotionale Ausbrüche, meist erfolgt aber ein eher sachlicher (Wissens-)Austausch unter den unterschiedlichsten Hashtags.
Einer der bekanntesten ist sicherlich #FlattenTheCurve, ursprünglich von Dr. Siouxsie Wiles ins Leben gerufen, die damit darauf aufmerksam machen wollte, dass durch eine Verlangsamung der Ausbreitung des Covid-19-Virus Einrichtungen, Krankenhäuser und Arztpraxen massiv entlastet werden können. Unter #Stayhomechallenge oder #Shutdowngermany berichten die Menschen darüber, wie sie ihr Leben zu Hause beziehungsweise im Homeoffice organisieren. Bei den Hashtags #Coronasolidarität oder #Nachbarschaftchallenge geht es vor allem um die Unterstützung untereinander in Zeiten der Krise. #CoronaSchlager schließlich sammelt humorig umgedichtete Songtexte, die sich mit dem Virus auseinandersetzen – denn Lachen ist bekanntlich die beste Medizin.
Und sonst: Media is social now
Neben der wichtigen Funktion, über die sozialen Kanäle Informationen und Verhaltensregeln zu verbreiten oder neue Werbe- und Absatzkanäle für Unternehmen in Zeiten der Krise zu bieten, zeigt sich das Social Web auch an anderen Stellen aktuell von seiner besten Seite. So bilden sich in vielen Netzwerken Gruppen und Solidargemeinschaften, um sich gegenseitig zu unterstützen – von der Nachbarschaftshilfe über Tauschgemeinschaften für Dienstleistungen bis hin zum Support von Lieblingskneipen und Restaurants, die aufgrund der aktuellen Lage schließen mussten.
Auch weitere Aspekte unseres Lebens finden nunmehr online statt, wie Kevin Roose, Autor bei der New York Times, in seinem Artikel treffend beschreibt: Betroffene berichten aus ihrem Quarantäne-Alltag, Kinder vertreiben sich die Zeit mit Online-Spielen, die Menschen verabreden sich zum Online-Clubbing oder besuchen virtuelle Yoga-Stunden, Gottesdienste oder chatten einfach mit der Familie oder Freunden, die man derzeit nicht treffen darf. All das hilft uns, diese schwere Zeit zu überstehen, und macht Hoffnung auf eine bessere Zukunft – ohne Corona.
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