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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

fast zwei Drittel der Journalist*innen denken, dass die PR-Arbeit von Unternehmen nicht mehr zeitgemäß ist – das ist das alarmierende Ergebnis der internationalen Studie „The State of Journalism 2021“ des PR-Software-Unternehmens Muck Rack. Neben der Frage, wie die Corona-Pandemie ihre Arbeit beeinflusst hat, äußerten sich Anfang 2021 insgesamt 2.482 Journalist*innen insbesondere zur Zusammenarbeit mit PR-Vertreter*innen aus Unternehmen und Agenturen.

Wir haben die Studienergebnisse analysiert, eine kompakte Bestandsaufnahme des Verhältnisses von Public Relations und Journalismus im Jahr 2021 gemacht – und liefern sechs konkrete Tipps, damit Story Pitches bestmöglich bei Medienmacher*innen ankommen.

Viel Spaß beim Lesen!

OSK Weekly KW 13 - Public Relations und die Presse - Social Media ist die Nummer 1 bei der journalistischen Themenrecherche

Tipp 1: Social Media ist die Nummer 1 bei der journalistischen Themenrecherche

Vergangen sind die Zeiten, in denen Journalist*innen für einen Artikel über die aktuellen Entwicklungen eines Unternehmens allein auf dessen Pressemitteilungen zurückgriffen. Erste Anlaufstelle ist heute Social Media: Für weit über die Hälfte der von Muck Rack befragten Pressevertreter*innen sind Twitter, Facebook, LinkedIn und teils sogar Instagram zum Standardwerkzeug für ihre Suche nach neuen Stories geworden. Dabei sticht insbesondere Twitter heraus: Rund drei Viertel sehen den Kurznachrichtendienst als wertvollstes soziales Netzwerk – und 37 Prozent möchten die Plattform künftig sogar noch stärker nutzen. Gleichzeitig sprechen 38 Prozent nach wie vor Facebook ihr größtes Vertrauen aus, und auch LinkedIn ist mit 23 Prozent der Nennungen ein für Journalist*innen durchaus relevanter Kanal. Durch den klaren Businessfokus lassen sich hier potenziell spannende Corporate-Themen konzentrierter auffinden.

Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt eine Befragung unter österreichischen Journalist*innen aus dem Jahr 2019, bei der sogar 96 Prozent der Teilnehmer*innen angaben, für ihre Recherchen auf Social-Media-Kanäle zu bauen. Und auch eine qualitative Studie aus der Schweiz bestätigt laut Horizont: „Social Media ist nicht mehr wegzudenken aus dem journalistischen Alltag und nimmt darin eine zentrale Rolle ein.“

Nochmals attraktiver wird Social Media – und wiederum speziell Twitter – für Politiker*innen: Die fortwährend gezwitscherten Wasserstandsmeldungen aus den tagesumfassenden Bund-Länder-Konferenzen sind mittlerweile zum Rückgrat der Berichterstattung über die Corona-Beschlüsse geworden. Für die nötige Durchschlagskraft braucht es dabei nicht einmal unbedingt inhaltliche Substanz, wie die „ÄÄÄ“-Tweets der Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt, CDU) und Bodo Ramelow (Thüringen, Die Linke) beweisen. Trotzdem ist der Einsatz von Twitter und weiterer digitaler Kommunikationsmöglichkeiten nach wie vor ausbaufähig und bietet dadurch Chancen, wie unser OSK Public-Affairs-Experte Thomas Helm jüngst festgestellt hat.

Für PR-Spezialist*innen bedeuten diese Erkenntnisse vor allem eines: Eine bloße Pressemitteilung lockt heute nur noch die wenigsten Journalist*innen hinter dem Schreibtisch hervor – ohne „Booster“ über Social Media bleiben selbst spannendste Geschichten möglicherweise unsichtbar. Wer aktuell kein eigenes Digital-Team an der Hand hat, kann seine Botschaften alternativ bei branchenfokussierten Onlinemedien mit reichweitenstarken Social-Media-Kanälen pitchen. Die sind im Zweifel eher zur Kooperation bereit als die großen klassischen Medienhäuser – so landen Botschaften auch über Umwege in den Social-Feeds der User. Firmen mit klarem Anspruch auf erfolgreiche Public-Relations-Arbeit sollten prüfen, ob eine Twitter-Präsenz zur eigenen PR-Strategie passt. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass Stories über diesen Kanal auch als zusätzliche Direktnachricht an passende Journalist*innen weiterleiten können.

Redakteur und PR-Berater René Sutthoff hat diese Implikationen mit Blick auf eine weitere vergleichbare Studie von 2016 bereits vor einigen Jahren auf den Punkt gebracht: „Wenn 79% der […] befragten Journalisten angaben, dass sie täglich soziale Medien für ihre Recherchearbeit nutzen – was bedeutet das dann für uns Öffentlichkeitsarbeiter? Das bedeutet schlicht und einfach, dass wir die Quellen der Journalisten konsequent mitfüttern müssen. Wir müssen Inhalte für die Medien aufbauen, die das Meinungsbild der Reporter abrunden.“

OSK Weekly KW 13 - Public Relations und die Presse - PR-Storys sollten am besten von unternehmenseigenen Themen-Expert*innen erzählt werden

Tipp 2: PR-Storys sollten am besten von unternehmenseigenen Themen-Expert*innen erzählt werden

Einfach die Agentur vorschicken und als Unternehmen im Hintergrund bleiben, wenn es um den nächsten PR-Pitch geht? Je nach Einzelfall nicht immer der beste Ansatz. Das liegt jedoch keineswegs an mangelnder Kompetenz der externen Berater*innen. Sondern vielmehr daran, dass in einigen Redaktionen laut der Muck-Rack-Befragung weiterhin Vorurteile gegenüber Agenturen zu existieren scheinen: Journalist*innen vertrauen demnach oft eher den internen Kommunikator*innen des Unternehmens selbst als externen PR-Expert*innen. Das trifft sicherlich nicht auf alle Medienhäuser zu – den Umstand zur Kenntnis nehmen sollte man aber dennoch. Mit diesem Wissen im Hinterkopf lässt sich je nach Zielmedium besser entscheiden, welche Aufgaben eine beauftragte Agentur übernimmt und welche das Unternehmen selbst. Die Antwort auf die Eingangsfrage kann somit auch lauten: Einfach die eigenen Expert*innen beim nächsten PR-Pitch vorschicken und als Unternehmen im Vordergrund stehen – während die Agentur im Hintergrund vorbereitet und berät.

Drei Viertel der Studienteilnehmer*innen sehen in diesem Zusammenhang den oder die CEO beziehungsweise die Geschäftsführung als verlässliche Quelle an. Mit stolzen 86 Prozent vertraut eine noch größere Zahl der Befragten aber auf die Aussagen derer, die am meisten über das jeweilige Thema wissen und am stärksten hinter diesem stehen: den anerkannten Themen-Expert*innen des Unternehmens selbst.

Daher gilt: Eine Nachhaltigkeits-Expertin sollte den Vortritt erhalten, wenn der Aktienmarkt mehr über die Unternehmens- Roadmap zur Klimaneutralität erfahren soll. Ein Produktmanager kann bei der Presse-Ansprache helfen, wenn es um ein neues Gadget geht, das die Welt für immer verändern wird. Und die perfekten Botschafter*Innen, um die bevorstehende Initiative für Vielfalt am Arbeitsplatz in die Medien zu bringen, sind oft interne LGBTQI-Vertreter*innen. Es mag mitunter ungewöhnlich sein, nicht den jeweiligen Ressort-Pressesprecher vorzuschicken. Aber gerade kleineren Firmen oder Start-ups kann das zum Durchbruch bei Public Relations verhelfen – weil eine gute Geschichte im besten Fall von ihren Protagonist*innen erzählt wird.

Selbstverständlich kann eine spezialisierte PR-Agentur die Kommunikator*innen eines Unternehmens dabei unterstützen, passende Kernbotschaften zu formulieren, einen cleveren Dreh für spannendes Storytelling zu finden und die zielführende Strategie für den Pitch zu entwickeln.

OSK Weekly KW 13 - Public Relations und die Presse - Für Anschlussfähigkeit an aktuelle Trends sorgen

Tipp 3: Für Anschlussfähigkeit an aktuelle Trends sorgen

Ebenso bemerkenswert ist der Umstand, dass nicht nur die Unternehmen auf die Performance von über sie publizierten Inhalten schauen, sondern genauso die Autor*innen selbst: 62 Prozent von ihnen bejahen die Frage der Muck-Rack-Studie, ob sie persönlich verfolgen, wie viele Male ihre Veröffentlichungen auf sozialen Medien geteilt werden.

Aus Sicht der befragten Journalist*innen tragen in diesem Kontext verschiedene Aspekte dazu bei, dass ihre Posts über die behandelten (Unternehmens-)Themen die digitale Welt vermehrt durchdringen. Weitaus am wichtigsten ist für sie der Bezug zu einem aktuellen Trend – 70 Prozent der Befragten halten Anschlussfähigkeit an Themen, die die aktuelle allgemeine Berichterstattung prägen, für einen entscheidenden Erfolgsfaktor. Dass gutes Storytelling im harten Wettbewerb um mediale Aufmerksamkeit Trumpf ist, bestätigt auch t3n, da sich „[u]nsere Gehirne […] in Geschichten verpackte Informationen besser als reine Faktenaufzählungen [merken]“ könnten. Wenn also eine neue Innovation im Bereich digitale Kommunikation in der Pipeline ist, ist ein interessanter inhaltlicher Bogen zur aktuellen Pandemie schnell geschlagen. Ein neues Abo-Modell für Fahrzeuge hat das Potenzial, die Mobilität in ländlichen Gebieten flexibler zu gestalten? Der Trend zu Shared Mobility spielt PR-Spezialist*Innen perfekt in die Karten. Wer sich hier traut, an die Stories anzuknüpfen, die Menschen gerade am meisten bewegen, hat gute Chancen auf Berichterstattung. Genauso wie all jene, die sich vor jedem Pitch einmal bewusst fragen, ob Sie die eigene Geschichte auch als Otto-Normal-Bürger*in anklicken würden.

Darüber hinaus trägt für 64 Prozent der Studienteilnehmer*innen multimediales Zusatzmaterial zur „Shareability“ bei. Themen-Pitches, die journalistischen Mehrwert durch aussagekräftiges, aufmerksamkeitsstarkes Bild- und Videomaterial gleich mitliefern, sind also klar im Vorteil. Gleichzeitig können die Redakteur*innen neutral gestaltete Infografiken ideal für ihre Berichterstattung einsetzen – als netten Nebeneffekt haben Unternehmen gleichzeitig die Stoßrichtung der Kernbotschaften in der Hand. Das erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit von Pitches nachhaltig. Genauso wie exklusive oder überraschende Daten und Fakten zum jeweiligen Thema, mit denen der Artikel aus der Masse der Berichterstattung heraussticht.

Tipp 4: Journalist*innen sind auf Unternehmens-Themen angewiesen

Sein Herzensthema neutralen Redakteur*innen für ihre nächste Publikation vorzuschlagen – das ist oft mit gemischten Gefühlen verbunden. Schließlich ist vorab nie klar, wie Journalist*innen auf einen Themenvorschlag im PR-Kontext reagieren. Die Erkenntnisse der Muck-Rack-Studie relativieren dieses Vorurteil jedoch – 4 von 5 Journalist*innen schreiben mindestens ein Viertel ihrer Artikel auf Basis von gepitchten Themen, und zwar mit steigender Tendenz. Heute entwickeln Redaktionen also lange nicht mehr jede Geschichte in Eigenrecherche. Sie stehen vielmehr spannenden Corporate Stories nicht nur aufgeschlossen gegenüber, sondern sind sogar auf externen Input angewiesen. Immerhin 6 Prozent der Befragten sehen ihre Beziehung zu PR-Spezialist*innen deshalb als Partnerschaft an – und weit mehr als die Hälfte zumindest als eine Beziehung, die gewinnbringend für beide Seiten ist.

Mit Blick auf Start-up-PR hat das Portal deutsche-startups.de in diesem Zusammenhang drei Journalist*innen gefragt, wie man als Gründer*in in die Presse kommt. dpa-Journalist Meinolf Ellers fasst für erfolgreiche PR-Pitches im Artikel zusammen: „Die Wahrheit ist: Ein Startup ist nur so relevant für Medien – vom lokalen Anzeigenblatt bis zur Tagesschau – wie der Mehrwert, den es für deren eigene Zielgruppen liefert.“ Unternehmen sollten also stets überlegen, für wen ihre Geschichte interessant ist, und dem folgend das dazu passende (Fach-)Medium ansprechen.

OSK Weekly KW 13 - Public Relations und die Presse - Das eigene Thema persönlich, klar und montagmorgens pitchen

Tipp 5: Tipp 5 – Das eigene Thema persönlich, klar und montagmorgens pitchen

Abschließend fassen wir auf Basis weiterer Ergebnisse der Muck-Rack-Studie noch einige „Hard Facts“ zusammen, die über Erfolg und Scheitern von PR-Pitches entscheiden können.

Die Regel Nummer 1? Genügend Zeit einplanen, um Themenvorschläge auf den Redakteur beziehungsweise die Redakteurin zuzuschneiden! Schließlich ist einer der meistgenannten Gründe für abgelehnte PR-Pitches unpersönliche Massenversände, die an der Zielgruppe und der Ausrichtung des Mediums vorbeigehen. Zudem sollten sich PR-Profis kurz fassen – am besten im Rahmen von 200 Wörtern – und bereits am Anfang deutlich machen, worum sich der Kern der Geschichte dreht. Und zwar idealerweise in der Betreffzeile ihrer E-Mail, denn den elektronischen Brief sehen die meisten Journalist*innen nach wie vor als Königsweg. Der klassische Telefonanruf, genau wie die Direktnachricht über ein soziales Medium, wird im Vergleich dazu nicht gerne gesehen. Auch beim perfekten Zeitpunkt für den Versand haben die befragten Berichterstatter*innen klare Vorstellungen: Erhalten sie die E-Mail montags zwischen 5 und 12 Uhr, erhöhen sich die Chancen drastisch, dass das vorgestellte Thema ins Blickfeld gerät.

Der Pitch ist versendet, einige Zeit ist verstrichen, aber die Rückmeldung bleibt weiter aus? Eine freundliche Nachfrage nach dem Status Quo ist kein Problem – allerdings erst nach einigen Tagen oder gegebenenfalls einer Woche. Dabei können erfahrene PR-Expert*innen einer Agentur unterstützen, die im Zweifel sogar bereits engeren Kontakt zu den jeweiligen Ansprechpartner*innen aufgebaut haben.

Übrigens: In manchen Situationen ist es strategisch clever, sich auf ein bestimmtes, reichweitenstarkes Medium zu konzentrieren, etwa bei Special-Interest-Themen. In diesen Fällen kann es durchaus ratsam sein, Geschichten exklusiv anzubieten – rund 8 von 10 der von Muck Rack befragten Journalist*innen haben angegeben, dass dies die Chancen auf die Berichterstattung zumindest etwas erhöht.

OSK Weekly KW 13 - Public Relations und die Presse - Gute Geschichten als Kern des Erfolgs

Tipp 6: Ohne überzeugende Story helfen auch unsere Tipps 1 bis 5 nicht weiter

Mit Abstand am wichtigsten ist und bleibt neben der bereits erwähnten Zielgruppenkompatibilität in jedem Fall der journalistische Gehalt der eigentlichen Geschichte. Denn: Selbst, wenn alle beschriebenen Tipps perfekt umgesetzt werden – die vermeintlich spannende Geschichte um ein Berliner Start-up, das fleischfreie Burger serviert, wird schnell ad acta gelegt, wenn das kontaktierte Medium in den letzten Monaten bereits fünf Artikel zu vergleichbaren Unternehmen veröffentlicht hat.

Senior Editor Svenja Lassen von Cosmopolitan bringt es auf der Website Basicthinking auf den Punkt: „[…] No-go: Relevanz selbst nicht erkennen oder herausstellen. ‚Ich habe da eine Business-Frau und Mutter für Sie. Wäre das nicht ein Thema?‘ Nein, das allein ist eben KEIN Thema – zumindest nicht, solange ich nicht erfahre, was diese toll/neu/anders/besonders macht.“ Der ehemalige t3n-Chefredakteur Stephan Dörner erklärt im gleichen Artikel, wie PR-Profis im Kontrast dazu die beste Chance haben, mit ihrer Story ins erfolgreiche Tech- und Digital-Magazin zu kommen: „Der richtige Ansprechpartner in der Redaktion, eine persönliche Ansprache – aber noch viel, viel wichtiger: eine interessante Geschichte. Das können zum Beispiel eine wirkliche Innovation im Produkt, eine interessante, ungewöhnliche Gründungsgeschichte oder Gründerpersönlichkeiten sein. Was auch oft funktioniert: Eine große Meta-Geschichte des Nachrichten-Geschehens ausfindig machen, an die die eigene Startup-Geschichte andocken kann.“

Wenn PR-Profis in Unternehmen diese Grundsätze beachten, steigen die Chancen für einen erfolgreichen Presse-Pitch erheblich.

// Über den Autor

Marcel Bender - OSK-RedakteurFür Marcel Bender dreht sich alles um die Stories hinter den Marken, Menschen und Technologien der Unternehmenswelt. Bevor er 2014 als Redakteur ins Agenturleben einstieg, tauchte der Postrock-Bassist an der Uni Essen in die Frage ein, was Kommunikation eigentlich ist, wie sie funktioniert – und warum wir uns trotz ihres Hangs zum Scheitern dennoch verstehen. Für OSK textet Marcel vor allem für Social-Media- und Digital-Projekte. Auf der Rasierklinge der rasanten, digitalen Veränderungen kämpft er für mutige, kreative und authentische Corporate-Kommunikation entlang aller Kanäle. Nach Feierabend verbringt er seine Zeit gerne mit Freunden, in Youtube-Sessions und mit Dortmunder Fußball-Philosophie.

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