DLD 2020

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

nach der CES in Las Vegas geht es wie jedes Jahr im Januar direkt im Anschluss mit der Digital-Life-Design-Konferenz (DLD) in München weiter. Die von Hubert Burda Media organisierte Veranstaltung gilt als eine der wichtigsten europäischen Konferenzen für Start-ups, Investoren und Online-Unternehmen. Auch dort haben wir uns für Sie umgeschaut und liefern Ihnen die wichtigsten Themen, Trends und Persönlichkeiten in diesem Newsletter.

Viel Spaß beim Lesen!

Seit 2005 ein Erfolg: die DLD Conference

Im Vorab-Interview erzählte die DLD-Mitgründerin und -Geschäftsführerin Steffi Czerny, wie die Konferenz vor vielen Jahren als Treffen von Freunden begann und sich zu einer der führenden Innovationskonferenzen Europas gemausert hat. Zu Gast waren über die Jahre mit Mark Zuckerberg (Facebook), Jan Koum (WhatsApp) und Kevin Systrom (Instagram) bereits bedeutende Branchen-Größen und erfolgreiche Unternehmer.

Die Einzelveranstaltung hat sich inzwischen zu einer Eventreihe entwickelt, mit Konferenzen nicht nur in München, sondern auch in New York, Tel Aviv, Brüssel und Singapur. Czerny betonte in ihren Ausführungen, wie wichtig es sei, den digitalen Wandel als Chance zu verstehen, um etwas zu verändern. Entsprechend lautete das Motto der diesjährigen Konferenz auch „What are YOU adding?“, also: Was kann jeder Einzelne zu diesem Wandel beitragen? Zu Gast waren in diesem Jahr die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen und Evan Spiegel, Gründer und CEO von Snap.

Noch lange nicht ausgedient: Amazon braucht echte Menschen

Bemerkenswerte Einschätzungen gab es von Amazons Technikchef Werner Vogels zu hören. Vogels, der als Architekt der erfolgreichen Amazon Web Services (AWS) und Erfinder der Amazon Cloud gilt, geht davon aus, dass lernende Computer noch eine lange Zeit auf menschliche Hilfe angewiesen sind. Um solche Systeme erfolgreich anzulernen, brauche es mindestens 20 bis 30 Prozent menschliches Wissen, bevor sie funktionieren würden.

Natürlich sei es das Ziel, so viele Prozesse wie möglich zu automatisieren, die Menschen müssten trotzdem eine Vielzahl an Fähigkeiten bewahren. Als Beispiel führte Vogels die Betrugsprüfung bei seinem Arbeitgeber Amazon an: Dort würden Bestellungen automatisiert überprüft und bei Verdachtsmomenten an echte Menschen übergeben. In Quantencomputern dagegen sieht Vogels zurzeit noch keinen großen Nutzen, solange es noch nicht die entsprechend komplexen Anwendungen gebe.

Praxis statt Theorie: Digitalthemen werden zum Alltag

Nahezu bodenständig ging es in anderen Teilen der Konferenz zu, in denen man sich beispielsweise konkreten Fragestellungen der Digitalisierung widmete. Die US-amerikanische Neuro-wissenschaftlerin Divya Chander berichtete über eine Technologie, die Muskelimpulse ausliest, um Prothesen zu steuern. Revolutionär daran wäre aber weniger die Technik als der Preis, der bald schon „nur“ noch 10.000 US-Dollar betragen könnte – für die beschriebene Technologie vergleichsweise wenig Geld.

Gleichzeitig müsse man sich dem Thema Sicherheit widmen, um eine solche Hightech-Prothese langfristig vor Hacker-Angriffen zu schützen. Insgesamt wirkte es an manchen Stellen auf der DLD fast so, als wäre nach einer Zeit der digitalen Revolutionen nun Zeit für die Umsetzung gekommen – nüchtern, pragmatisch und mit Blick fürs Detail.

Es gibt viel zu tun: Kritik im Großen und Kleinen

Baustellen gibt es nicht nur auf Europas Straßen, sondern auch im Digitalen: Zensur, Diskriminierung, Hate Speech oder Fake News vergällen vielen die positiven und hilfreichen Seiten des Internets. Die Grundstimmung lässt sich daher gut beschreiben mit: „Es gibt viel zu tun, packen wir es an!“ Neben der Kritik an Facebook für ein zu lasches Vorgehen gegen Wut und Hass oder an der Marktbeherrschung durch Tech-Riesen wie Google waren es auch leise kritische Töne, die hängen blieben.

So untersucht MIT-Informatikerin Joy Buolamwini beispielsweise die Voreingenommenheit von künstlichen Intelligenzen (KI) bei der Gesichtserkennung und hat dazu die Algorithmen von IBM, Microsoft und Face++ des chinesischen Technologieunternehmens Megvii Technology Limited analysiert. Sie wollte herausfinden, wie gut KI das Geschlecht einer Person bestimmen kann. Das Ergebnis: Dunkelhäutige Frauen wurden am schlechtesten erkannt. Europapolitiker Axel Voss (CDU), der sich mit seinem Einsatz für Upload-Filter und Leistungsschutzrecht nur wenig Freunde gemacht hat, warnte davor, als Europa zu einer „digitalen Kolonie der USA oder Chinas zu werden“. DLD-Chairman Yossi Vardi schließlich stieß ins gleiche Horn wie DLD-Geschäftsführerin Czerny und riet den Besuchern dazu, die Konferenz als Chance wahrzunehmen und vor allem eins zu tun: miteinander zu reden!

Echte Liebe? Snapchat und TikTok

Wie eingangs erwähnt, war auch Snapchat-Gründer Evan Spiegel auf der DLD zu Besuch und zeigte sich glänzend aufgelegt. Dazu hatte er auch guten Grund, schließlich hat sich der Aktienkurs von Snapchat in den letzten zwölf Monaten vervierfacht und kratzt wieder an der 20-Dollar-Marke. Anders als manche der Wettbewerber äußerte sich Spiegel sehr wohlwollend über die Konkurrenz.

So lobte er Facebook für das Kopieren des Story-Features und versicherte, dass man bei Snapchat noch viele weitere Ideen hätte. Und auch TikTok kommt bei ihm gut weg: „Ich liebe TikTok, ich bin ein großer Fan!“ Eine kleine Spitze in Richtung Facebook und Twitter konnte sich Spiegel dann doch nicht verkneifen und erklärte genau, warum man bei Snapchat so viel Wert auf eine private und geschützte Kommunikation legt.

Und sonst? Die Highlights im Schnelldurchlauf

Auch abseits der großen Themen und Speaker gab es viele interessante Geschichten zu entdecken. So stellte Sebastian Thrun, Ex-Mitarbeiter des Google-Roboterwagen-Programms, seine Vision des elektrischen Lufttaxis vor. Bis zum Einsatz dieser Flugmaschinen sollen allerdings noch zehn bis fünfzehn Jahre vergehen, so Thrun. Marcus Stahl von Boxine präsentierte einmal mehr die Toniebox, ein innovatives Audioabspielgerät für Kinder, das mit 1,4 Millionen verkauften Einheiten in Deutschland und Europa bereits ein voller Erfolg ist.

Jetzt gibt es Pläne, in die USA zu expandieren. Wikipedia-Gründer Jimmy Wales kam mit seinem neuen Social Media Network WT.Social im Gepäck, das im Oktober 2019 an den Start ging, ohne Paywall und Werbung auskommen will und sich durch Spenden finanziert. Aktuell gäbe es rund eine halbe Million Nutzer. EU-Kommissar Thierry Breton zeigte sich hinsichtlich 5G optimistisch: „Ich bin überzeugt, dass Europa alles in der Hand hat, um bei 5G führend zu sein.“ Schließlich seien europäische Unternehmen führend bei der Zahl der 5G-Patente.

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Über den Autor

Carsten Christian ist studierter Journalist und Kommunikationswissenschaftler, seinen Master-Abschluss hat er an der Uni Hamburg gemacht. Bevor er zur Agentur kam, war der Digital Native mehr als zwei Jahre für die Online- und Print-Ausgabe der Ruhr Nachrichten im Einsatz. Bei OSK arbeitet er als Team Lead Digital Content, auf dem Agentur-Blog schreibt Carsten über den Medienwandel und Trends im Bereich Digital-Kommunikation. Privat verfolgt er Neuigkeiten in der Videospiel- und Gaming-Szene und greift auch selbst zu Maus und Gamepad.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.