OSK Weekly KW 02 - 5G

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

mit dem ersten OSK Weekly 2019 wünschen wir Ihnen ein frohes und erfolgreiches neues Jahr! Um die Jahreswende nahm ein Thema Fahrt auf, das jeden betrifft: eine schnelle Mobilfunkverbindung, um die es in Deutschland bislang eher schlecht bestellt ist. Abhilfe soll der neue Mobilfunkstandard 5G schaffen, für den die Bundesregierung die Lizenzen im Frühjahr versteigern will. Doch es gibt schon Streit, bevor das Projekt überhaupt richtig gestartet ist. Worum es bei 5G im Detail geht, schlüsselt der aktuelle Weekly auf.

Viel Spaß beim Lesen!

5G – worum geht es?

Im Frühjahr will die Bundesregierung die Frequenzen für die nächste Mobilfunk-Generation versteigern. Nach C-Netz, GSM, UMTS und LTE handelt es sich um die fünfte Mobilfunk-Generation, deswegen kurz 5G. Was alles möglich werden soll, beschreibt n-tv: Rein technisch sollen Datenraten von bis zu 20.000 Megabit pro Sekunde (MBit/s) beziehungsweise 20 Gigabit (GBit/s) im Download erreicht werden. Zum Vergleich: Aktuell vermarkten die deutschen Netzbetreiber LTE-Höchstgeschwindigkeiten zwischen 225 und 500 Mbit/s. Der neue Standard 5G ist aber nicht nur um ein Vielfaches schneller als LTE, auch die Kapazität soll 1.000 Mal höher liegen. Bis zu eine Million Endgeräte pro Quadratkilometer soll das 5G-Netz verkraften. Der neue Standard soll außerdem über sehr kurze Reaktionszeiten verfügen. Davon soll in erster Linie die Industrie profitieren. Es geht dabei beispielsweise um vernetzte Maschinen in der industriellen Fertigung, Anwendungen in der Medizin (E-Health) oder um die schnelle und stabile Datenverbindung für autonomes Fahren.

Die Auflagen: “Wer baut, verliert”

Im zweiten Quartal 2019 sollen die 5G-Frequenzen versteigert werden. Dafür hat die Bundesnetzagentur Vorgaben gemacht: Netzbetreiber sollen bis 2022 mindestens 98 Prozent aller Haushalte in jedem Bundesland, alle Schienenwege mit mehr als 2.000 Fahrgästen pro Tag, alle Autobahnen und wichtige Bundesstraßen mit einer mobilen Datengeschwindigkeit von mindestens 100 Megabit pro Sekunde versorgen. Außerdem soll es eine Art „National Roaming“ geben. Damit will die Politik die Netzabdeckung vor allem im ländlichen Raum verbessern. Ähnlich wie beim internationalen Roaming, bei dem man als deutscher Kunde im Ausland die dortigen Handynetze benutzt, sollen auch hierzulande Kunden eines Providers auf das eines anderen Anbieters ausweichen können, wenn dessen Netz eine Region nicht abdeckt.

Mittlerweile klagen neun Unternehmen gegen diese Auflagen. Den großen Playern wie der Deutschen Telekom, Vodafone und Telefonica gehen die Vorgaben zu weit. Die Telekom beispielsweise sieht sich durch das geplante „National Roaming“ benachteiligt. Die unklaren Regeln seien ein Investitionshemmnis vor allem auf dem Land, weil damit der Vorteil, selbst über Masten in einer bestimmten Gegend zu verfügen, verloren zu gehen drohe. „Wer baut, verliert“, fasste Telekom-Betriebsratschef Josef Bednarski die möglichen Folgen des Roamings zusammen. Ganz anders sehen das kleinere Anbieter: United Internet denkt über einen Einstieg seiner Tochter 1&1 in die Versteigerung als neuer, vierter Netzbetreiber nach. Das Unternehmen bemängelt jedoch unter anderem gerade das Fehlen von nationalem Roaming, da kleinere Anbieter keine flächendeckende Versorgung leisten könnten und ihre Kunden ansonsten im Nachteil wären.

5G – ein utopisches Vorhaben

Geht es nach den Politikern und ihren Versprechungen, ist 5G eine Art Allheilmittel für Deutschland. Zu Recht? Der Digitalverband Bitkom jedenfalls sieht die Versprechungen skeptisch. Und führt dafür technische Gründe an, wie faz.net schreibt. „Die Frequenzen, die jetzt zur Verfügung gestellt werden, haben keine großen Reichweiten“, sagte Nick Kriegeskotte, Bereichsleiter Telekommunikationspolitik bei Bitkom. Mit dem Spektrum könnten realistischerweise Entfernungen von einem Kilometer pro Antennenmast überbrückt werden. „Das heißt, man kann damit keine großen Flächen versorgen.“ Außerdem hält es der Experte für wirtschaftlich schwierig, die geforderte Versorgung entlang von Landstraßen und Schienen zu realisieren. Dafür wäre eine Verdoppelung der Masten nötig. Ähnliche Bedenken kommen vom Bundesverband der Deutschen Industrie: „Das ist technisch und ökonomisch betrachtet Unsinn“, sagte Dieter Kempf, Präsident des BDI, zu Spiegel Online. Um das zu erreichen, müsse „mindestens alle 500 Meter ein 5G-Mast errichtet werden.“ Eine flächendeckende Versorgung könne aber bei den aktuell zur Versteigerung anstehenden Frequenzen nur eine Versorgung mit 4G bedeuten, so der BDI-Präsident weiter.

Deutschland hat mehr Funklöcher als Albanien

Im europaweiten Vergleich hinkt Deutschland bei der Mobilfunkabdeckung hinterher. Eine Studie attestiert der Bundesrepublik erheblichen Nachholbedarf, wie tagesspiegel.de berichtet. Laut einer Untersuchung im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion steht die Bundesrepublik bei der Versorgung mit 4G (LTE) im europäischen Vergleich schlecht da. Demnach gebe es bei den deutschen Netzen sowohl bei der Abdeckung als auch den erreichten Datenraten Nachholbedarf. Länder wie Polen oder Albanien schnitten hingegen besser ab.

Selbst das beste Netz in Deutschland sei „im internationalen Vergleich weit abgeschlagen“. Während in den Niederlanden, Belgien und der Schweiz demnach fast alle Netzbetreiber einen LTE-Anteil von mehr als 90 Prozent anböten, erreiche die Telekom in Deutschland einen LTE-Anteil von 75 Prozent. Vodafone sei mit einem Anteil von 57 Prozent bereits „deutlich abgeschlagen“. In Polen und Albanien hätten Kunden der Deutschen Telekom mit jeweils 80 Prozent hingegen eine bessere Netzabdeckung.

Andere Länder: Wo 5G wirklich Chefsache ist

Während 5G in Deutschland im kommenden Frühjahr mit der Versteigerung der Frequenzen startet, sind China und Amerika schon erheblich weiter. Kein Wunder laut faz.net: Denn dort sei die Technologie Chefsache.

In der Volksrepublik etwa sei die Entwicklung von 5G Staatsräson. 1,1 Milliarden chinesische Nutzer verwendeten die derzeitige Netzwerktechnik 4G. Fast jede Herausforderung des täglichen Lebens können die Chinesen im Internet meistern. Daher ist in rasantem Tempo eine gigantische Digitalwirtschaft entstanden, die es mit dem Silicon Valley längst nicht nur aufnehmen kann, sondern dieses zum Teil schon überholt hat. Laut Artikel sieht die chinesische Führung 5G daher als Chance, vor den Vereinigten Staaten zum ersten Mal in der Geschichte die Technologieführerschaft in der Welt zu übernehmen. Dementsprechend habe die Staatsleitung ihren Unternehmen vorgegeben, Marktführer innerhalb der Entwicklung von 5G zu werden.

Deutschlands mobiles Internet zu lahm für selbstfahrende Autos

Mit der Mobilfunkabdeckung beziehungsweise der flächendeckenden Versorgung mit schnellem mobilen Internet stehen und fallen die Chancen von Zukunftstechnologien in Deutschland, schreibt Michael Kemme, Geschäftsführer von OSK, in seiner BILANZ-Kolumne auf welt.de. Auch die Fortschritte zum Beispiel beim autonomen Fahren hingen wesentlich davon ab. Woraus sich für Deutschland aus seiner Sicht zwei mögliche Szenarien ergeben. Erstens: Autonome Autos passen sich in Deutschland der bestehenden Infrastruktur an. Dann müssten wir vermutlich mit Höchstgeschwindigkeiten um die 30 km/h und einem autonomen Stop-and-go-Verkehr leben. Schließlich bleibt bei einem Abbruch der Internetverbindung nur, auf ein alternatives Netz auszuweichen oder die Geschwindigkeit anzupassen. Im Extremfall bis zum Stillstand. Die Option zwei sei jedoch die einzig sinnvolle Alternative, schreibt Michael Kemme weiter: Die Bundesregierung findet zu einer klaren und konkreten Strategie in Sachen Digitalisierung – mit einer flächendeckenden Glasfaser- sowie 5G-Abdeckung.

Die Sache mit der Millisekunde

Wie im obigen Absatz erklärt, benötigen Zukunftstechnologien, wie sie beim autonomen Fahren zum Einsatz kommen, ein schnelles Netz. Was genau meint aber „schnell“? Wenn von 5G die Rede ist, dauert es meistens nicht lange, bis Politiker oder Experten in diesem Zusammenhang auch von „Echtzeit“-Übertragungen sprechen. Dabei geht es um den schnellen Datenfluss, die Ende-zu-Ende-Verzögerung in den Mobilfunknetzen, im Fachbegriff Latenz genannt. Sie soll bei 5G bei einer Millisekunde liegen oder sogar darunter.

Wer einfach nur Mails abruft oder Serien und Filme streamen will, für den ist die Millisekunde von geringerer Bedeutung. Wichtig wird sie allerdings dort, wo ein schneller Datenfluss unverzichtbar ist – etwa im Straßenverkehr. Wenn beispielsweise Fahrzeuge untereinander Sensordaten austauschten, damit der Wagen am Ende einer langen Autoschlange bereits weiß, wie die Straße ein paar Hundert Meter weiter vorn aussieht, müsse die Information sicher beim Bordcomputer ankommen, beschreibt Golem ein Szenario. Dabei kann es zu einem entscheidenden Unterschied werden, ob die Daten den Bordcomputer mit einer, zwei oder zwanzig Millisekunden Verzögerung erreichen. Selbst in dieser kurzen Zeitspanne kann im Straßenverkehr viel passieren.

Die Chancen von 5G für die PR lassen sich nur erahnen

Der Nutzen von 5G sei für die Wirtschaft schier grenzenlos, schreibt t3n. Es entstünden völlig neue Geschäftsmodelle und Nutzungskonzepte, die teilweise nicht einmal erahnen ließen, was noch alles möglich sein werde. Deswegen sei es wichtig, dass die Wirtschaft offen für disruptive Denkweisen sei und einen gewissen Spieltrieb sowie eine Fehlertoleranz behalte, um die Möglichkeiten auch auszunutzen. Wir möchten noch ergänzen: Dieser Punkt gilt im gleichen Maße für die PR- und Kommunikationsbranche. Noch lässt sich nur abschätzen, welche neuen Kanäle und Kommunikationschancen sich durch 5G ergeben werden.

So ermöglicht 5G etwa qualitativ hochwertigere Anzeigen in einer höheren Auflösung, die auch 4k-Videos als Werbemittel einbinden können. Für die Kommunikationsbranche wichtige Technologien wie Augmented und Virtual Reality sowie Künstliche Intelligenz entwickeln erst durch die nächste Mobilfunkgeneration ihr volles Potenzial.

PR-Abteilungen sollten sich jedoch schon jetzt so gut wie möglich auf Veränderungen einstellen und sich nicht verschließen. Fest steht – und da sind wir wieder beim Autor: „Die verbleibende Zeit können Unternehmen (…) gut nutzen, um Konzepte und Strategien zu entwickeln, die dann mit wenig Zeitverlust unmittelbar nach dem breiten Rollout umgesetzt werden können.“

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Über den Autor

Carsten Christian ist studierter Journalist und Kommunikationswissenschaftler, seinen Master-Abschluss hat er an der Uni Hamburg gemacht. Bevor er zur Agentur kam, war der Digital Native mehr als zwei Jahre für die Online- und Print-Ausgabe der Ruhr Nachrichten im Einsatz. Bei OSK arbeitet er als Team Lead Digital Content, auf dem Agentur-Blog schreibt Carsten über den Medienwandel und Trends im Bereich Digital-Kommunikation. Privat verfolgt er Neuigkeiten in der Videospiel- und Gaming-Szene und greift auch selbst zu Maus und Gamepad.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.