Science und Tech sind beliebte Themen auf YouTube. In ihren Videos erklären Science-YouTuber komplexe Sachinhalte so verständlich wie möglich. Einige Schülerinnen und Schüler, aber auch Studenten greifen sogar zu Wissensvideos auf YouTube, um für die Schule oder das Studium zu lernen. Obwohl es nicht immer eine leichte Aufgabe ist, vermittelt Forscher, Doktorand und Science-YouTuber Jacob Beautemps dieses Wissen.
Hinter der Kamera arbeitete Jacob bereits während des Studiums für den YouTube-Kanal “Phil’s Physics”. Seit dem der Kanal 2018 in Breaking Lab umbenannt wurde, steht Jacob regelmäßig als Moderator vor der Kamera. Was Wissenschaft und YouTube vereint und was er für Erkenntnisse im YouTube-Kosmos sammeln konnte, erzählt Jacob im Interview.
Jacob, du bist Forscher und Science-YouTuber. Wie kamst du zu YouTube?
Ich habe in einer Firma gearbeitet, die einen YouTube-Kanal starten wollte. Ich war zu Beginn allerdings nicht vor, sondern hinter der Kamera. Nachdem der Moderator nach zwei Jahren aufgehört hat, wurde mir die Wahl gelassen: Entweder gehe ich vor die Kamera oder wir stellen das Projekt ein.
Nachdem ich zwei Jahre Herzblut in das Projekt gesteckt hatte, fiel mir die Entscheidung leicht. Mittlerweile bin ich sehr froh über diesen Schritt, da mich die Community unterstützt und ich jede Woche dazu lerne. Auf keiner Plattform erhältst du so direktes und detailliertes Feedback, wie bei YouTube. Das kann zwar hart sein, aber es hilft total.
In deinem Hauptberuf bist du Doktorand an der Universität zu Köln. Woran forschst du?
Meine Forschung beschäftigt sich mit der Frage, wie wir mit YouTube-Videos lernen. Ich arbeite an einem Projekt, bei dem wir das Sehverhalten von Probanden im Labor analysieren wollen. Dazu nutzen wir maschinelles Lernen, um den Verlauf der Emotionen zu messen. Gleichzeitig kommen Eye Tracking und Fragebögen zum Einsatz. Am Ende soll daraus ein Katalog mit Regeln zur Frage entstehen, was ein gutes Wissensvideo auf YouTube ausmacht.
Du betreibst den Kanal Breaking Lab. Mit welchen Themen beschäftigst du dich?
Durch mein Studium habe ich mich viel mit naturwissenschaftlichen Themen beschäftigt. Ich habe Physik und Sozialwissenschaften auf Lehramt studiert, was zwei breite Felder sind. Die Themen auf meinem Kanal sind daher sehr abwechslungsreich, von der Fortbewegung der Zukunft, über Genetik bis hin zu philosophischen Themen.
Wie gehst du an die Themen ran? Und wie viele Personen unterstützen dich dabei?
Wenn ich ein Thema spannend finde, lese ich mich ein und schreibe alle Fragen auf, die mich interessieren. Anschließend besprechen wir zu viert im Team, wie wir die Themen aufbereiten. Durch die Teamarbeit sind wir schneller und werden nicht betriebsblind bei der Recherche.
Wir haben einen Katalog entwickelt, in dem festgehalten ist, wie die Skripte aufgebaut sind, was eine seriöse Quelle ausmacht, welche Vorbilder wir haben und die Frage, wieso sich die Community das Video anschauen sollte. Ist ein Skript fertig, lesen wir es einmal gemeinsam, dann gehe ich noch einmal über den Text und passe an. Anschließend nehme ich die Folge mit einer Kollegin auf. Das ist auf jeden Fall ein Gemeinschaftsprojekt. Ohne mein Team würde ich das niemals schaffen.
Wie groß ist der Anteil von Wissenschaftssendungen im deutschsprachigen YouTube-Raum?
Das hängt stark davon ab, was alles dazuzählt. Insgesamt ist es ein kleiner Anteil, da die Themen anspruchsvoll in der Aufbereitung sind. Gleichzeitig verdient man nicht so viel, wie erfolgreiche Lifestyle-YouTuber. Das Content-Netzwerk Funk von ARD und ZDF hat dem Bereich jedoch gutgetan, da es Formate wie maiLab oder auch Dinge Erklärt – Kurzgesagt finanzieren, die sonst nicht möglich wären.
Deine Wissenschaftskollegin maiLab sagt, dass ihre erfolgreichsten Videos diejenigen sind, bei denen sie am meisten recherchiert und Arbeit reingesteckt hat. Kannst du das bestätigen?
Sie hat recht. Die Zuschauer lieben Fakten. Eine Regel in unserem Katalog ist, dass wir in jeder Folge mindestens fünf spannende Fakten nennen. Dafür ist eine gute Recherche notwendig. Seit wir diese Regeln befolgen, sind wir deutlich erfolgreicher auf YouTube. Das allein reicht jedoch nicht aus. Themen müssen natürlich eine Zielgruppe haben, sprich, es muss eine gewisse Anzahl an Zuschauern geben, die sich dafür interessiert. Und auch die YouTube-spezifischen Thumbnails, Titel und Tags müssen passen.
Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten sind seit Beginn der Corona-Krise so gefragt wie nie zuvor. Zeigt sich dieses gesteigerte Interesse des Publikums auch auf YouTube?
Ja, das stimmt. Gemeinsam mit anderen YouTubern habe ich bereits Livestreams umgesetzt, bei denen Gesundheitsminister Jens Spahn oder Ministerpräsident Armin Laschet zu Gast waren, was gut ankam. Gleichzeitig glaube ich, dass man in diesem Zusammenhang vorsichtig sein muss. Momentan ist das Interesse groß, aber gleichzeitig werden die Menschen mit Corona-Inhalten überschüttet. Zudem versuchen viele YouTuber, mit dem Thema in möglichst kurzer Zeit Views zu generieren. Teilweise recherchieren sie nicht ausreichend und das kann natürlich die Glaubwürdigkeit beschädigen.
Du hast letztes Jahr eine Online-Umfrage mit 5.000 YouTube-Zuschauern gemacht und daraus 17 Regeln für ein erfolgreiches YouTube-Video abgeleitet. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse?
Das Wichtigste ist die Struktur, was ich auch in der Praxis gemerkt habe. So sollte ein Video immer mit etwas Besonderem starten und ein Versprechen geben, das im Laufe der Folge eingelöst wird. Durch eine starke Strukturierung der Folgen ist Breaking Lab immens gewachsen. Aus monatlich 266.000 Aufrufen sind plötzlich über 1.000.000 Views geworden. Auch die Zuschauerbindung ist von 55 Prozent auf 70 Prozent gestiegen.
Wissenschaft einem breiten Publikum zu erklären, ist nicht einfach. Worauf achtest du hierbei?
Seriosität ist das Wichtigste. YouTube ist ein schnelles Medium, was einem das Gefühl gibt, unter Zeitdruck zu stehen. Man darf dem nicht nachgeben, sondern muss immer sauber arbeiten, denn Fehler bleiben bei den Zuschauern viel eher im Kopf, als ein kurzfristig erfolgreiches Video. Zudem muss man ein Mittel zwischen wissenschaftlicher Sprache und verständlichen Erklärungen finden. Dabei hilft, sich viel mit wissenschaftlichen Texten zu beschäftigen. Zudem versuche ich immer, meine Euphorie für die Themen offen zu zeigen, so ist es nicht so trocken.
Welche Schule macht auf YouTube einen guten Job? Gibt es hier einen Vorreiter?
Ich denke, dass viele Lehrerinnen und Lehrer bestehende YouTube-Videos in den Unterricht einbinden. Oft gibt es da aber noch Berührungsängste, die man wahrscheinlich beheben könnte, wenn es einen besseren Austausch zwischen Schulen und YouTubern geben würde. Dass sich Lehrerinnen und Lehrer vorab meine Ideen anschauen und mir Feedback geben, wäre etwas, was ich mir für die Zukunft wünschen würde. Denn unterrichten können sie viel besser und sie wissen, worauf es ankommt.
Bilder im Text: Niren Mahajan