Ihre Leidenschaft fürs Schreiben entdeckte Bettina Billerbeck schon in der Schule. Während der Schulzeit auf einem Wuppertaler Gymnasium produzierte sie mit ihrem Team die Schülerzeitung – und gewann einige Preise. Heute ist sie die Chefredakteurin von „SCHÖNER WOHNEN“. Nach der Schule folgte ein Praktikum bei der Westdeutschen Zeitung. Wenn es mal gerade keine Aufgabe gab, suchte sie sich eigene Geschichten, die auch gedruckt wurden. Es war der Start einer steilen Karriere. Ihr Volontariat machte Bettina Billerbeck beim Jahreszeiten Verlag in Hamburg. Im Anschluss war sie als Redakteurin und später als Ressortleiterin bei „Der Feinschmecker“ insgesamt sechs Jahre für die Themen „Küche, Wein, Lebensart“ verantwortlich. Auf der Karriereleiter gab es von da an kein Halten mehr: stellvertretende Chefredakteurin des Frauenmagazins „myself“, Chefredakteurin der „Maxi“ und von „Living at Home“. Alles in einer Zeitspanne von rund 14 Jahren. Seit 2013 ist die 42-Jährige Chefin der „SCHÖNER WOHNEN“-Redaktion, gibt mit ihrem Team Tipps zur Einrichtung, Wohnstilen, Dekorations-Trends und mehr. Für ihre Hamburger Wohnung hat Billerbeck übrigens, wie sie selbst sagt, verschiedenste Stile kombiniert. Im Interview erklärt Bettina Billerbeck, warum sich Leser gerade in der rasenden Online-Welt nach Entschleunigung sehnen. Außerdem verrät sie, für wen sich der Print-Markt noch immer lohnt.
Bettina Billerbeck
Chefredakteurin SCHÖNER WOHNEN
Twitter: @dieBillerbeck
Facebook: Bettina Billerbeck
1. Wie zeichnet sich Qualitätsjournalismus in Zukunft aus und was schadet ihm?
Durch Relevanz, Glaubwürdigkeit, Haltung. Was ihm schadet: Faulheit bei der Recherche und zu wenig Liebe beim Texten.
2. Was sind die großen Trends im Journalismus und was wird sich davon künftig durchsetzen?
Das kann ich nur für Zeitschriften beantworten. Da sind es mit Sicherheit Datenjournalismus und Infografiken, Entschleunigung durch lange Lesestücke und zurückhaltende Gestaltung. Durch Infografiken zum Beispiel sind komplexe Zusammenhänge leicht auf einen Blick zu erfassen, die Darstellung wird optisch immer ansprechender. Ein gutes Beispiel ist eine neue Doppelseite „Sehen und verstehen“ im „Stern“. Was die Entschleunigung betrifft: Jede Bewegung ruft eine Gegenbewegung hervor, das zeigt auch der Erfolg von „Flow“. Es gibt nicht nur ein Bedürfnis nach schneller, superaktueller Information, sondern auch den Wunsch nach ausführlichen Lesestücken zum Abtauchen, gerade bei komplexen Sachzusammenhängen. Experten sprechen vom „Deep Diving“, ein gutes Beispiel ist der „Economist“.
3. Wie und wo recherchieren Sie nach guten und spannenden Inhalten?
Auf Facebook können wir gut verfolgen, welche Themen und Stile bei den Usern ankommen, das lässt auch Rückschlüsse auf Print zu.
Für SCHÖNER WOHNEN sind die großen Messen wie die imm, IFA, ISH, Heimtex, Domotex, Ambiente, Maison et Objet und die Mailänder Möbelmesse natürlich am wichtigsten, wir lassen uns aber auch von besonders schönen Geschäften wie „Merci“ in Paris inspirieren. Wohnredakteure müssen ab und zu mal raus! Auch Social Media spielen eine immer größere Rolle. Wir nutzen Instagram sehr stark als Recherchequelle. Auf Facebook können wir gut verfolgen, welche Themen und Stile bei den Usern ankommen, das lässt auch Rückschlüsse auf Print zu. Wobei User bei uns nicht gleich Leser ist.
4. Was muss man als Journalist künftig tun und können, um gelesen und wahrgenommen zu werden?
Für Wohnzeitschriften sehe ich das so: erkennen können, welche Inhalte relevant für die Leser sind, also die unfassbare Menge an Neuheiten und Neuigkeiten intelligent kuratieren. Informieren und inspirieren, darüber hinaus gut beraten. Beim Einrichten geht es nicht nur ums „Was“, sondern viel mehr ums „Wie“. Wie kombiniere ich Neues und Altes, große Möbel und kleine Accessoires so gekonnt, dass ein Raum zeitgemäß und wohnlich aussieht und zu meiner Persönlichkeit passt? Das funktioniert nicht über strenge Regeln, sondern über Inspiration.
// Über #ZukunftDesJournalismus
Mobiles Internet, immer leistungsfähigere Smartphones, neue Nachrichtendienste: Die Medienlandschaft verändert sich rasant und mit ihr der Journalismus. Viele Fragen bewegen die Branche: Ist die Tageszeitung ein Auslaufmodell, weil die jüngeren Zielgruppen aktuelle Nachrichten nur noch auf mobilen Endgeräten konsumieren? Erledigen bald Schreibroboter typische Routineaufgaben und machen damit einen Teil der Redakteure überflüssig? Mit welchen neuen journalistischen Darstellungsformen können Menschen erreicht werden, die immer weniger lesen und nur noch Bilder anschauen? Gemeinsam mit Journalisten und Medienmachern aus ganz unterschiedlichen Richtungen wagt OSK einen Blick in die Zukunft des Journalismus. Das Prinzip ist immer das gleiche: acht Fragen, acht Antworten. Stück für Stück entsteht so ein Bild, das belastbare Aussagen zu entscheidenden Trends von morgen und übermorgen ermöglicht.
5. Die technologischen Veränderungen sind rasant – wie müssen sich vor diesem Hintergrund der Journalismus verändern und dessen Anbieter anpassen?
Gute digitale Angebote schneidern. Es ist nicht damit getan, Print-Inhalte zu digitalisieren. Viel mehr geht es darum, Aggregatoren und hochmoderne Websites, die ständig zielgruppenrelevante News liefern, zu entwickeln, nicht einfach nur Print-Inhalte widerzuspiegeln.
6. Wie verdient der Großteil der Medien künftig Geld?
Die gute Nachricht ist: Print lohnt sich immer noch.
Print weiterhin über Vertrieb und Anzeigen, Digital in erster Linie über Werbung. Die gute Nachricht ist: Print lohnt sich immer noch, zumindest was Qualitätszeitschriften und Special-Interest-Magazine angeht. Ich habe meine Zweifel, ob bei aktuellen Nachrichten-Sites eine Paywall funktionieren wird, insofern bleibt für die meisten digitalen Angebote nur Advertising, ob native oder nicht.
7. Wie sehen Ihrer Ansicht nach journalistische Inhalte und die Angebotslandschaft in fünf Jahren aus?
Es wird weiterhin Magazine geben, es wird sich zeigen, welche wirklich weiterhin auf Papier erscheinen werden – Tageszeitungen, Jugendmagazine und Programmzeitschriften haben es natürlich schwer – hier wird sich das Angebot noch weiter ins Digitale verlagern. TV dreht sich im Moment ja ganz stark um on-demand. Ich selbst gucke außer Tagesschau und Tatort nur noch Netflix und Serien über iTunes.
8. Welches Medium fehlt heute noch auf dem Markt?
Das würde ich nie hier verraten, sondern lieber auf den Markt bringen!
Hier gelangt ihr zu den anderen Teilen der Serie #ZukunftDesJournalismus.