Trainer, Coaches und Berater gehen in Deutschland konsequent neue Wege im Netz. Bereits länger produzieren sie Podcasts, schreiben professionelle Blogs und veröffentlichen Newsletter. Jetzt entwickeln sie Online-Kurse, hochwertige E-Books und geschlossene Membership-Bereiche und verdienen damit ihr Geld. Große Marken können sich von den „digitalen Experten“ inspirieren lassen, um ihr Content Marketing zu verbessern. Drei Empfehlungen für gutes Content Marketing.

Content Marketing ist ein komplexes Thema. PR, Marketing, Vertrieb, IT: Zu großen Kampagnen steuern meistens viele Abteilungen etwas bei. Häufig gibt es unterschiedliche Vorstellungen über die Zielsetzung: Was bringen uns welche Kanäle? Wollen wir unsere Bekanntheit steigern, Links generieren, Kunden gewinnen?

Unabhängig und agil

Während Unternehmen an strategischen Fragen arbeiten, haben viele Solo-Unternehmer konsequent ihren digitalen Auftritt weiterentwickelt. Der Trend ist in den USA längst etabliert und kommt mittlerweile auch in Deutschland an. Die Solo-Unternehmer haben einen wesentlichen Vorteil. Zwar haben sie nur begrenzte Ressourcen. Aber sie sind unabhängig und können agil arbeiten. Es ist interessant zu beobachten, wie sie sich im Markt verhalten und innovative Herangehensweisen testen.

„Meine Kunden kommen auf mich zu“

Deutlich wird es, wenn man sich konkrete Fälle anschaut. Zum Beispiel Maik Pfingsten. Der Kölner Systemingenieur arbeitet als externer Berater in der Automobilindustrie. Sein zentrales Marketinginstrument ist ein Fachpodcast über „System Engineering“. Weit über 100 Folgen hat er bereits produziert und sich damit eine eigene, treue Community aufgebaut.

Mittlerweile erreicht er pro Podcast-Folge rund 3.500 Hörer, unter ihnen zahlreiche Entwicklungsleiter sowie andere Fach- und Führungskräfte aus seiner Branche. Eine sehr spitze, aber auch extrem relevante Zielgruppe, die an seiner Expertise interessiert ist. Über seinen Podcast akquiriert er Beratungsaufträge, Workshops und Speaker-Auftritte. „Heute muss ich keine Akquise mehr betreiben. Meine Kunden kommen auf mich zu“, sagt Maik Pfingsten. „Früher hatte ich ein Ingenieurbüro. Heute bin ich ein Medienunternehmer mit angeschlossenen Ingenieurs-Dienstleistungen.“ Stück für Stück digitalisiert er seine gesamten Arbeitsprozesse und Leistungen, unter anderem in Form von E-Books und Beratungsleistungen via Skype.

Content Marketing 02Ein eigener Podcast als nützliches Marketinginstrument.

Ein weiteres Beispiel ist Bernd Geropp, Führungskräfte-Coach aus Aachen. Sein Podcast „Führung auf den Punkt gebracht“ wird pro Monat etwa 60.000-mal heruntergeladen. Auf seiner Website bietet er eine „Leadership-Plattform“ an, eine geschlossene Community für Führungskräfte. Dort findet sich unter anderem ein umfangreicher Online-Kurs mit Aufgaben und Checklisten. Die Community trifft sich regelmäßig offline.

Viel Spielraum für Tests

Auch für 2016 hat er viel vor. „Wenn ich heute ein neues digitales Angebot erschaffe – etwa ein Webinar oder einen Podcast –, dann sind die Investitionskosten sehr gering. Was habe ich außer ein oder zwei Arbeitstagen zu verlieren? Diese Herangehensweise ermöglicht mir viel Spielraum für Tests. Ich kann ausprobieren, was funktioniert und was nicht.“

Was bedeutet das nun für Unternehmen? Die folgenden drei Strategien lassen sich aus den Beispielen ableiten:

1. In die Tiefe gehen

Viele Berater, Trainer und Coaches, die sich im digitalen Raum professionell aufstellen, bieten extrem ausführlichen fachlichen Input. Sie drehen und wenden ihre Spezialthemen, beleuchten neue Perspektiven und befragen andere Experten.

Auf Plattformen wie Facebook, Instagram und Twitter muss der Content kurz und knackig sein. „Snackable“ und teilbar ist hier die Maxime, um eine möglichst hohe Reichweite zu generieren. Aber dabei sollte es nicht bleiben. Eine engere Verbindung zur Zielgruppe erreicht man über Ausführlichkeit und Tiefgang, erst Recht wenn es um komplexe Themen geht, wie etwa im B2B-Bereich.

Dafür müssen Unternehmen das Fachwissen heben, das in ihnen schlummert, und in entsprechende Kanäle gießen. In jedem Unternehmen steckt unglaublich viel verstecktes Know-how, das in Offline-Gesprächen existiert, aber online keinen Ausdruck findet. Führungskräfte, aber auch Fachkräfte könnten ihre Expertise in den Unternehmens-Content einbringen.

Content Marketing 03Im Social Web muss der Content „snackable“ sein.

2. Der Mensch im Mittelpunkt

Bei den Solo-Unternehmern steht naturgemäß der Mensch im Zentrum aller Aktivitäten. Das schafft in den Podcasts und anderen Online-Medien Vertrauen und eine enge Bindung. Dem Publikum geht es nicht nur um den Content, sondern ebenso um den Menschen dahinter.

Was bedeutet das für große Marken? Es wird oft geschrieben, dass CEOs und Geschäftsführer bloggen sollten. Meistens scheitert dies an der fehlenden Zeit und strategischen Blockaden. Der Nutzen ist nicht klar. Und letztlich sollen Produkte und Dienstleistungen verkauft werden – und kein Egomarketing für Führungskräfte organisiert werden.

Doch eine solche Argumentation greift zu kurz. Man könnte spezifische Blogs für CEOs und andere Führungskräfte entwickeln, deren Zielgruppe Investoren oder andere entscheidende Stakeholder sind. Also spitze, hoch relevante Zielgruppen, zu denen man Vertrauen und eine direkte Verbindung aufbauen möchte. Führungskräfte müssen dafür nicht zwingend selbst bloggen. Wohl aber sollten sie ihre Gedanken für Interviews mit Ghostwritern ordnen und sich nach der Veröffentlichung ein Zeitfenster für mögliche Reaktionen im Web einräumen.

Auch in Fachabteilungen steckt extrem viel Wissen. In jedem Unternehmen gibt es erfahrene und loyale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie sind gut vernetzt, vertreten eine klare Haltung und sind – mit etwas Unterstützung – auch bereit, die „Rampensau“ im Netz zu spielen. Allerdings sollten sie dafür die zeitlichen Ressourcen, vor allem aber Wertschätzung bekommen. Durch sie erhalten die Online-Kanäle des Unternehmens ein Gesicht.

3. Kontinuierliche Arbeit am Sales Funnel

So viel kostenlosen Content die Solo-Unternehmer auch bieten: Am Ende geht es auch ihnen darum, Kunden zu gewinnen und ihre Dienstleistungen zu verkaufen. Ihre Content-Marketing-Aktivitäten wie Podcasts und Blogs stehen am Anfang ihres Sales Funnels. Am Ende des Verkaufstrichters stehen (digitale) Produkte.

Die entscheidende Frage für sie ist, welcher Content zu Beginn in den Trichter „geschüttet“ wird und zu wie vielen Leads oder Sales dies zum Schluss führt. Um das herauszufinden, entwickeln sie beständig Tests entlang des Trichters.

Für Unternehmen heißt das: Sie brauchen einen klaren Sales Funnel. Und sie müssen Bedingungen schaffen, in denen sie schnelle, überschaubare Content-Tests fahren können. Dafür müssen die unterschiedlichen Abteilungen ineinandergreifen und flexibel und projektorientiert zusammenarbeiten. Es geht darum, viele kleine Projekte mit messbaren Ergebnissen zu entwickeln, statt nur eine umfangreiche Online-Kampagne einzuplanen. So sammelt man im Netz schneller Erfahrungen, wie das eigene Business aufgestellt oder angepasst werden muss.

Das entscheidende Instrument im Sales Funnel vieler Solo-Unternehmer ist übrigens der Newsletter. Darüber generieren sie die persönlichen Kontaktdaten potenzieller Kunden. Zwar engagieren sie sich auch auf Plattformen wie Facebook, Instagram oder Amazon. Aber sie achten darauf, nicht von den Plattformen abhängig zu werden. Ihre Zentrale ist die eigene Website.

Content Marketing 01Der Newsletter ist ein entscheidendes Instrument im Sales Funnel vieler Solo-Unternehmer.

Fazit

In die Tiefe gehen, den Kampagnen ein Gesicht geben und kontinuierlich am Verkaufstrichter arbeiten: Das sind drei Ansätze, das eigene Content Marketing weiterzuentwickeln.

Viele Innovationen entstehen bei „kleinen“ Solo-Unternehmern, die im digitalen Raum neue Wege testen. Sie sind die Schnellboote der Wirtschaft. Es lohnt sich, sie im Blick zu behalten – damit die eigenen Kampagnen noch erfolgreicher werden.

// Über den Gastautor

Benjamin-ODaniel_schwarzweissBenjamin O’Daniel ist freiberuflicher Online-Redakteur und Content-Marketing-Manager. An der TH Köln ist er derzeit Lehrbeauftragter im Studiengang „Online-Redakteur“. Mit den Studierenden spricht er über Geschäftsmodelle im Web. Benjamin ist außerdem Autor des E-Books „Digitale Experten“.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.