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„Die spannendsten Bewerbungen erhalten wir durch Empfehlungen aus dem Social Web“, sagt Jannis Tsalikis, Head of Human Resources bei VICE. Im OSK-Interview spricht der Chef-Personaler des Jugendmedienunternehmens über die Bedeutung von Social Recruiting. Unternehmen weiten ihre Suche nach passenden Bewerbern zunehmend auf die sozialen Kanäle aus – von Facebook und Twitter bis zu WhatsApp und Snapchat. Im OSK-Newsletter haben wir uns das Thema bereits genauer angeschaut und festgestellt: Die Mischung macht’s. Auch VICE setzt auf die Kombination verschiedener Kanäle – und den persönlichen Austausch mit potenziellen Mitarbeitern.

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Worauf achten Sie bei Social-Media-Profilen von Bewerbern als erstes?

Vollständigkeit und Aktualität. Xing und LinkedIn sind für uns die relevantesten Recruiting-Plattformen. Dort findet man schnell die wichtigsten Informationen über einen potenziellen Kandidaten. Bewerber sollten daher ihre verschiedenen Stationen ausführlich darstellen und das Profil regelmäßig aktualisieren. Für uns bei VICE ist zudem spannend, wie aktiv Bewerber bei Twitter sind und wie sie zum Diskurs beitragen. Das ist oft schon ein erstes Zeichen, ob sie zu unserer Unternehmenskultur passen.

VICE spricht gefühlt eher ein jüngeres Publikum an. Inwiefern nutzen Sie dementsprechend soziale Netzwerke für die Personalsuche?

Neben der klassischen Suche über unsere eigene Online-Plattform und gängige Jobportale nutzen wir mittlerweile oft Karriere-, Fach- oder Berufsgruppen auf Facebook, LinkedIn und Xing. Dort treffen wir die Zielgruppe für eine bestimmte Vakanz direkt an. Oft werden unsere Posts von den Gruppenmitgliedern in ihrem Netzwerk geteilt – so steigt die Reichweite der Anzeige. Erfahrungsgemäß erhalten wir vor allem durch persönliche Empfehlungen Bewerbungen von spannenden Kandidaten. Auch auf Twitter teilen wir aktuelle Stellenausschreibungen mit unserem Netzwerk.

Es reicht nicht mehr, standardisierte Antworten zu versenden.

Wie hat sich die Suche nach neuen Angestellten durch Social Media verändert?

Die Kommunikation mit Bewerbern ist insgesamt viel schneller geworden und findet auf Augenhöhe statt. Es reicht nicht mehr, standardisierte Antworten zu versenden, die automatisch von einem System verschickt werden. Bewerber wünschen sich ein schnelles und individuelles Feedback sowie Transparenz über das Auswahlverfahren. Über verschiedenste Kanäle ist man persönlich mit den Bewerbern in Kontakt; sei es per Mail, über Facebook, Twitter, Xing, LinkedIn, Skype oder auch WhatsApp. Manchmal ist es eine ziemliche Herausforderung, alle Anfragen zeitnah und individuell zu beantworten.

Über den Nutzen von Social und Active Recruiting streiten sich die Geister. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Wir haben in den letzten drei Jahren etwa 40 Prozent unserer neuen Mitarbeiter durch aktives Recruiting auf Social-Media-Portalen gefunden und eingestellt. Da wir in einer schnellen, digitalen Branche arbeiten, sind viele neue Berufe oft nicht auf den gängigen Jobplattformen gelistet. Kandidaten für neue Berufe sind daher im Social und Active Recruiting einfacher zu finden.

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Können Sie abschätzen, wie viele Social-Media-Anfragen zu einem Kontakt mit einem Kandidaten führen? Gibt es da bei VICE eine Art Quote?

Es ist schwer, eine generelle Quote festzulegen. Je nach Position findet man mehr oder weniger passende Profile. Zudem ist die Zahl der Rückmeldungen immer unterschiedlich. Neulich waren wir beispielsweise auf der Suche nach einem Programmtic Manager für VICE. Wir haben durch die Suche bei LinkedIn und Xing ca. 500 Profile gefunden, die eventuell passen könnten. Diese haben wir genauer bewertet und auf ca. 150 Profile reduziert. Aus dieser Vorauswahl haben wir gemeinsam mit der Fachabteilung rund 40 Bewerber selektiert und kontaktiert. Fünf Kandidaten haben sich zurückgemeldet – unter anderem unsere neuen Programmtic Managerin.

Im Prinzip lässt sich jede Social-Media-Plattform für Recruitment nutzen.

Der deutsche Snapchat-Kanal von VICE ist derzeit noch in der Startphase. Aber könnten Sie sich vorstellen, darüber auch Bewerber anzusprechen? Inwiefern eignet sich Snapchat für diesen Zweck?

Im Prinzip lässt sich jede Social-Media-Plattform für Recruitment nutzen – Facebook, Instagram, Twitter und seit neuestem Snapchat. REWE hat zum Beispiel einen Snapchat Karriere-Kanal. Das Konzept ist interessant und spricht junge Menschen gezielt an. Ob wir das bei VICE auch einführen werden, kann ich im Moment nicht sagen. Auf meinem Blog „Mein Freund, die Arbeitgebermarke“ habe ich aber bereits dazu geschrieben und mich mit anderen Personalern zu diesem Thema ausgetauscht. Es ist immer spannend, neue Plattformen und ihre Möglichkeiten auszuprobieren.

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Welche Tipps können Sie für die Bewerbersuche im Social Web geben?

Wer im Social Web nach passenden Bewerbern sucht, sollte auf den verschiedensten Kanälen unterwegs sein, die Communities gut kennen und passende Netzwerke ausfindig machen, in denen sich die Zielgruppe aufhält. Man muss Lust auf den direkten Dialog haben, selbst aktiv werden und sich Zeit für individuelle Gespräche mit den Bewerbern nehmen.

Man muss Lust auf den direkten Dialog haben.

Im August vergangenen Jahres übte ein Nutzer auf Facebook Kritik, dass die Außendarstellung von VICE nicht mit den Anforderungen einer Stellenausschreibung zusammenpasse. Während VICE ein hippes Image kommuniziere, sei die Ausschreibung eher konservativ. Inwiefern sollten sich Stellenanzeigen und Berufsanforderungen an das Markenimage anpassen? Oder sind beides generell zu trennende Bereiche?

In diesem Fall ging es um eine Position, die Erfahrung im Job voraussetzte. Wie in jedem anderen Unternehmen gibt es bei uns Junior- und Seniorstellen. Natürlich sind da die Anforderungen ganz unterschiedlich. Interessant in diesem Fall: Durch diese kleine Social-Media-Aktion haben wir noch am selben Tag fast 100 Bewerbungen zugeschickt bekommen. Wir finden, dass das Markenimage und die Berufsanforderungen natürlich zusammenpassen sollten: Für uns sind Professionalität und ein hippes, lockeres Image durchaus vereinbar.

Über den Autor

Carsten Christian ist studierter Journalist und Kommunikationswissenschaftler, seinen Master-Abschluss hat er an der Uni Hamburg gemacht. Bevor er zur Agentur kam, war der Digital Native mehr als zwei Jahre für die Online- und Print-Ausgabe der Ruhr Nachrichten im Einsatz. Bei OSK arbeitet er als Team Lead Digital Content, auf dem Agentur-Blog schreibt Carsten über den Medienwandel und Trends im Bereich Digital-Kommunikation. Privat verfolgt er Neuigkeiten in der Videospiel- und Gaming-Szene und greift auch selbst zu Maus und Gamepad.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.