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die Vielfalt der medialen Angebote und die Menge der damit verbundenen Themen nehmen stetig zu. Hier einen Überblick zu behalten ist fast unmöglich. Der einzige Weg, der Informationsflut Herr zu werden und spannende News und Trends der Branche zu überblicken, sind Verständnistiefe und Einordnung in den Gesamtkontext. Vor diesem Hintergrund haben wir das Konzept des OSK Weekly modifiziert. Er wird künftig als monothematischer Newsletter in Ihrem digitalen Postfach landen und Ihnen einen Überblick zu einem aktuellen Top-Thema liefern, statt verschiedene aktuelle Themenaspekte zu streifen.
In den vergangenen Tagen beherrschte ein Thema die sozialen Netzwerke: das Video einer Frau mit Chewbacca-Maske.
It’s the simple joys in life….
Posted by Candace Payne on Thursday, May 19, 2016
Es wurde geteilt, geliked und ist mit über 150 Millionen Klicks das bisher erfolgreichste Video, seit Facebook Live existiert (Stand 27.05.2016). Spitzenreiter davor: der Wassermelonen-Buzzfeed-Hit von April 2016. Mit diesen Reichweiten können journalistische und qualitativ hochwertige Medieninhalte nicht mithalten. Das Netz fördert die nicht-journalistischen Inhalte wesentlich mehr als den journalistischen, aufwändig aufbereiteten Content. Doch woran liegt das? Warum ist diese Entwicklung „nicht ohne“, und welche Rolle spielen dabei Plattformen im Vergleich zu den Unternehmens-Websites? Und nicht zuletzt: Was bedeutet das alles für die Markenwelt? Anders ausgedrückt: Was hat die Frau mit der Chewbacca-Maske, was der klassische Journalismus nicht hat?
Mit genau diesen Fragen setzt sich der aktuelle OSK Weekly auseinander. Viel Spaß beim Lesen!
Henry Blodget: Man muss Entertainment und Journalismus trennen
„Gummibänder um Melonen zu wickeln ist kein Journalismus, sondern Entertainment“, argumentiert Henry Blodget, Chef und Mitgründer von Business Insider bei spiegel.de. Die meist amerikanischen Viral-Hits sorgen in ihrem „Geburtsland“ wie auch hierzulande für viel Freude – aber auch für zahlreiche Diskussionen. Die immer selbe Frage: Wie sollen sich Medienmacher auf Dauer gegen solche rein unterhaltenden Inhalte durchsetzen? Folgt man Blodgets Argumentation, lautet die Antwort: mit einer Mischung aus viralem, unterhaltendem und qualitativ hochwertigem Content. Journalismus sei kein „Event“, meint Blodget. Das Wassermelonen-Video hingegen schon. „Die New York Times macht ihr Geld auch nicht mit Berichten aus dem Irak oder Syrien, sondern mit dem Garten-Teil, Rezepten und, ja, auch mit Geschichten über Katzen“.
Was macht Videos zu Viral-Hits?
Die Frau mit der Chewbacca-Maske ist charmant und nahbar. Sie spricht über ihr Übergewicht, lacht laut und charismatisch – sie ist einfach sie selbst, ordnet slate.com den Erfolg des Videos ein. Die Maske und die zugehörigen Geräusche spielen im Video allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Der Konsument erfreut sich viel mehr an der authentischen „Chewbacca-Frau“ selbst. Das Learning für Marketing, PR und Journalismus scheint offensichtlich: In der anonymen Welt der Digitalisierung erwarten Konsumenten Nahbarkeit, Authentizität und Unterhaltung.
Journalismus wird immer besser, seine Reputation immer geringer
Obwohl der Journalismus inhaltlich richtig durchstartet, ist sein Ruf nicht der beste, meint Wolfgang Röhl in einem Kommentar auf seinem Blog „Eigentümlich frei“. Für viele scheinen klassische journalistische Inhalte wenig attraktiv. Röhl erklärt warum und bezieht sich dabei auf Journalist und Forscher Michael Haller. Es werde „nicht genug gegen den Strich gebürstet“ und in Frage gestellt, heißt es hier. Das Geheimnis, um mit journalistischen Inhalten viral zu werden, liege in der Unbequemlichkeit. Ein qualitativer Inhalt sei für Nutzer nur dann attraktiv und werde geteilt, wenn er schonungslos und polarisierend sei und unverblümt offenlege.
Wer im Journalismus oder im Marketing erfolgreich sein will, muss eindeutige, mitunter unpopuläre Positionen beziehen und starke Meinungen vertreten. Qualitative Inhalte sind nicht per se unattraktiv – sie müssen aber unterhaltend und ohne Scheu aufbereitet sein. In der jüngsten Vergangenheit haben Themen, die in ihrer Darstellung besonders polarisierend waren, für die meiste Aufmerksamkeit gesorgt. Das Learning: Wer ab und zu aneckt, bleibt im Gespräch – ein Drahtseilakt für Unternehmen!
Vice-Gründer Shane Smith: Social-Media-Nutzung ist ein Dilemma für Unternehmen
Seit Jahren werden Unternehmen dazu aufgefordert, soziale Medien für sich zu nutzen. Die Begründung: inhaltliche und technische Reichweite, die wirtschaftliches Wachstum generieren kann und soll. Stellt ein Unternehmen Video-Content sowohl auf der eigenen Website als auch bei YouTube ein, wird dieses auf der externen Plattform mit großer Wahrscheinlichkeit mehr Klicks generieren. Warum? Weil die Community schlicht größer und das Teilen bequemer ist. Dass die Rechnung so aber nicht ganz aufgeht, erklärt Journalist Shane Smith auf digiday.com. Denn in dem immer größer werdenden Einfluss der sozialen Medien sieht Smith ein Dilemma: Wer nicht auf soziale Medien setze, sei nicht zeitgemäß und verpasse wichtige Verdienstmöglichkeiten. Wer aber soziale Medien für sich nutze, der verschenke eben auch Geld an die sozialen Netze selbst. Dieses Phänomen auszubalancieren sei die größte zukünftige Herausforderung für die Mediengesellschaft.
Medienmacher müssen Wege finden, die zwischen eigener Website und sozialem Netzwerk verlaufen. Einige – u.a. Dima Khatib – plädieren dafür, dass Unternehmen langfristig auf eigen entwickelte Plattformen setzen, die sowohl Content anbieten, aber auch zum Teilen und Kommentieren einladen. Nur so könne man sich langfristig dem immensen Druck und der Führungsgewalt der sozialen Medien entziehen.
Publisher und Plattform – das Erfolgsmodell der Zukunft
Der Blogger und Journalismus-Professor Jeff Jarvis ist hierzu ganz anderer Meinung. In seinem Essay Death to the Mass empfiehlt er Publishern vielmehr die enge Zusammenarbeit mit großen sozialen Plattformen. Denn diese hätten bereits vor langer Zeit verstanden, dass Konsumenten Informationen wünschen, die individuell und passgenau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Mehr noch: Google, Facebook und Co. hätten außerdem die Datengrundlage sowie die technischen Möglichkeiten, diesen Wunsch zu erfüllen und jedem Konsumenten genau die Informationen zur Verfügung zu stellen, die für ihn relevant sind. Das Erfolgsmodell der Zukunft basiert demnach auf einer engen Zusammenarbeit zwischen Publisher und Plattform. Mit Blick auf mögliche Verdienstmodelle müssten Medienhäuser schließlich ein Ziel verfolgen: die Entwicklung gemeinsamer Service-Produkte – exakt zugeschnitten auf einzelne Communities. Dann, so prophezeit Jarvis, würden alle Seiten – Publisher, Plattform und Konsument – von der digitalen Entwicklung profitieren.
Die riesigen „Klickerfolge“ des Chewbacca- und Wassermelonen-Videos im Social Web verdeutlichen eine richtungsweisende Entwicklung: Unterhaltende Inhalte werden innerhalb der Social Communities in besonderem Maße gefördert, journalistische Inhalte haben es hierbei schwer – es sei denn, sie sind polarisierend, unbequem und schonungslos. Die enormen Reichweiten der oben genannten Videos zeigen aber auch noch etwas anderes: das große Potenzial der Netzwerke in puncto Distribution. Wie sich Medien hier zukünftig positionieren werden, bleibt offen. Momentan spricht jedoch alles dafür, dass Publisher ohne die Zusammenarbeit mit Plattformen – in welcher Form auch immer – ihre Zielgruppen nicht mehr erreichen können. Denn so viel steht fest: Plattformen sind die neuen Gatekeeper.
Die Übersicht behalten: Mit OSK Weekly präsentieren wir einmal wöchentlich einen kompakten Überblick zu aktuellen Entwicklungen aus der Welt der Kommunikations- und Digitalbranche – mit spannenden, bemerkenswerten und wie wir finden teilenswerten Nachrichten aus den Bereichen PR, Marketing, Social Media & Co.