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Liebe Leserinnen und Leser,

die App Shazam startete 2008 als einfacher Musikerkennungsdienst. Mittlerweile wurde die Anwendung über eine Milliarde Mal heruntergeladen und hat weltweit 175 Millionen monatlich aktive Nutzer. In Deutschland nutzen acht Millionen Menschen Shazam regelmäßig. Neben Musik erkennt die App inzwischen auch Fernsehprogramme sowie Werbung und liefert Usern dazu Infos, teilweise bereits in Augmented Reality. Ein spannendes Gesamtpaket für Unternehmen. Im aktuellen OSK Weekly betrachten wir daher, wie sich Shazam in Kommunikationskampagnen einbinden lässt.

Viel Spaß beim Lesen!

Shazam soll eine Erkennungs-App für alles werden

Eine reine Musikerkennungs-App will Shazam nicht mehr sein. Deutschlandchef Richard Harless und Josh Partridge, VP Sales EMEA, erklären im Horizont-Interview, dass der Dienst alles erkennen können soll: Bilder, Videos, Werbung und Musik. Für das Unternehmen entstehen dadurch ganz neue Vermarktungsoptionen. Folgendes Beispiel: Ein Nutzer sieht einen Werbespot und ihm gefällt das Lied im Hintergrund. Er scannt die Werbung, sodass die App ihm den Song anzeigt. Theoretisch könnte Shazam ihm nun in der App-Oberfläche ein Banner zu dem beworbenen Produkt aus der TV-Werbung zeigen und ihn beim Klick auf eine Landingpage weiterleiten.

Laut Harless stört Werbung die Nutzer nicht: „Die User-Experience auf Shazam ist immer eine positive. Niemand hat jemals gesagt: ,Oh, dieses Lied ist blöd – lass es mich schnell shazamen!‘“ Der User würde die App verwenden, weil ihm ein Song gefällt oder er sich durch das Lied an ein schönes Erlebnis erinnert fühlt. Marken könnten Teil dieser emotionalen Erfahrung werden und sich in einem positiven Umfeld positionieren.

Ein Zuhause für Augmented Reality

Shazam passt sich an das wachsende Verlangen nach visuellen Inhalten an. Das Unternehmen hat eine eigene Augmented-Reality-Plattform gestartet, um Kooperationspartnern AR-Kampagnen anbieten zu können. Das Ziel ist dabei laut Econsultancy-Autorin Nikki Gilliland, Nutzer durch neue Technologien mit Marken in Verbindung zu bringen. Dabei gehe es entweder um Unterhaltung oder Information. Der Vorteil von Shazam sei in diesem Zusammenhang, dass User die App bereits kennen und ihr vertrauen. Unternehmen profitierten von der großen Nutzerbasis des Dienstes. Außerdem müssten sie keine eigene AR-App entwickeln.

Wie die Autorin vermutet, werden sich die Nutzererwartungen an Werbung verändern, sollten sich AR-Anzeigen durchsetzen. Dann geht der Kunde zukünftig mitunter davon aus, dass statische Ads – zum Beispiel auf Out-of-Home-Medien, in Printobjekten oder auch auf Produktverpackungen – sich durch eine AR-App auf dem Smartphone zum Leben erwecken lassen. Via Smartphone-Kamera werden Ads gescannt und schon verwandeln sich statische Inhalte auf Knopfdruck in Bewegtbilder mit interaktiven Funktionen und Zusatzinfos für den User.

Virtuelles Whisky-Tasting

Ein Beispiel für Shazams AR-Engagement ist eine Kooperation mit dem Whisky-Hersteller Glenlivet. Der limitierte Whisky „Glenlivet Code“ kam ohne Informationen über die Inhaltsstoffe auf den Markt. Die Verpackung zeigt lediglich den Alkoholgehalt sowie den Namen des Produkts. Die Kunden sind aufgefordert, ihre Geschmackssinne zu testen und herauszufinden, wie sich das Produkt zusammensetzt. Um mehr Käufer zum Mitmachen zu bewegen, wurde die Kampagne um eine AR-Komponente erweitert. Scannt der Konsument via Shazam einen Verpackungscode, erscheint Glenlivets Meisterbrenner Alan Winchester auf dem Smartphone-Bildschirm. Er fordert den Nutzer heraus, die Zusammensetzung zu decodieren. Im Anschluss erhält der „Tester“ eine Punktzahl, die er via Social Media mit anderen vergleichen kann.

Ein weiteres Beispiel ist eine Zusammenarbeit von Shazam mit der Gin-Marke Bombay Sapphire. Beim Scannen eines Verpackungscodes sah der User Früchte und Pflanzen aus der Flasche wachsen. Zusätzlich konnte er Videos anklicken, in denen er Tipps für Rezepte bekam.

Shazam unterstützt im Kampf gegen Internet-Mobbing

Die App eignet sich ebenfalls für die Verlängerung von Out-of-Home-Kampagnen. Digitale Werbeflächen, auf denen ein trauriger Junge zu sehen war, forderten Menschen in Singapur dazu auf, Shazam zu aktivieren. Der Dienst erkannte einen Sound, der für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar ist, und leitete den User auf eine mobile Landingpage weiter. Dort begrüßte der Junge den Nutzer mit den Worten „Kannst du mich jetzt hören?“. Hintergrund war eine Kampagne gegen Mobbing im Netz. Sie sollte den Opfern eine Stimme geben, Betrachter für das Thema sensibilisieren und darüber informieren, was Opfer, Eltern oder Lehrer dagegen tun können.

Eine App wird vergesslich

Shazam lässt sich ebenfalls für Kommunikationsziele außerhalb des klassischen Marketings verwenden. Die Mobile-Kampagne „The Day Shazam Forgot“ zum Beispiel sollte auf die Thematik Alzheimer aufmerksam machen. Im April vergangenen Jahres benötigte der Dienst deutlich länger, um ein Lied zu erkennen. Anstatt nach wenigen Sekunden den Namen des Songs anzuzeigen, sahen die Nutzer Einblendungen wie „Ich bin mir sicher, dass ich diesen Song kenne …“. Nachdem das Lied schließlich erkannt wurde, blendete die App ein Banner ein, das User zu einer Landingpage der britischen Wohltätigkeitsorganisation Alzheimer’s Research UK weiterleitete.

Laut der Organisation erzielte die Kampagne innerhalb weniger Stunden über zwei Millionen Impressions und mehr als 5.000 Website-Besucher.

Unsere Meinung – AR wird leichter zugänglich

Shazams Weiterentwicklung von einer reinen Musikerkennungs-App zum Dienst, der auch visuelle Inhalte erkennt und anbietet, ist spannend. Vor allem das Engagement des Unternehmens im Bereich Augmented Reality bietet Kommunikationsverantwortlichen interessante Möglichkeiten. AR reichert Produkte mit zusätzlichen Informationen oder emotionalen Erlebnissen an, setzt jedoch häufig die Installation einer App voraus. Für Nutzer ist dies jedoch eine nicht zu unterschätzende Hürde, vor allem, wenn die Anwendung nur einen kurzen Mehrwert bietet. Shazam hingegen ist bereits fester Bestandteil vieler Smartphones. Der User muss den Dienst nicht extra installieren und wird ihn auch nach Kampagnenende behalten. Im Ergebnis macht Shazam AR leichter zugänglich und hilft dabei, das Content-Format weiter zu etablieren.

Über den Autor

Carsten Christian ist studierter Journalist und Kommunikationswissenschaftler, seinen Master-Abschluss hat er an der Uni Hamburg gemacht. Bevor er zur Agentur kam, war der Digital Native mehr als zwei Jahre für die Online- und Print-Ausgabe der Ruhr Nachrichten im Einsatz. Bei OSK arbeitet er als Team Lead Digital Content, auf dem Agentur-Blog schreibt Carsten über den Medienwandel und Trends im Bereich Digital-Kommunikation. Privat verfolgt er Neuigkeiten in der Videospiel- und Gaming-Szene und greift auch selbst zu Maus und Gamepad.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.