eSports boomt. Weltweit und auch hierzulande verzeichnet die Branche von Jahr zu Jahr neue Wachstums- und Umsatzrekorde. Viele Marken tun sich mit einem Engagement aber schwer. Zu undurchsichtig scheint die Gaming-Branche. In unserer neuen Artikelreihe wollen wir daher mit eSports-Experten sprechen und sie fragen, welche Potenziale die Szene für die Marketing- und Kommunikationsbranche hat, wie man einen authentischen Zugang zur Community bekommt und wer die Multiplikatoren sind.
Seit April 2016 ist Stefan Zant Geschäftsführer bei 7Sports, einer Sportbusiness-Tochter von ProSiebenSat.1. Zant verantwortet dort unter anderem den Bereich Digital Sports. Das ehemalige Mitglied der deutschen Ski-Freestyle-Nationalmannschaft hat früh das Potenzial von eSports erkannt und treibt seit 2016 den stetigen Ausbau von eSports-TV-Formaten voran.
Herr Zant, da Sie selbst früher Profisportler waren und sich viele Menschen immer wieder diese Frage stellen: Warum ist eSports überhaupt Sport?
Bei eSports geht es wie bei jedem anderem Sport zunächst um einen Wettkampf. Das heißt, Menschen treten gegen andere an, um sich in einer bestimmten Disziplin zu messen. Um den Sport betreiben zu können, bedarf es bestimmter Voraussetzungen wie einer guten Hand-Augen-Koordination, Reaktionsschnelligkeit, Taktik und viel mehr. In anderen Ländern hat sich eSports bereits als Sportart etabliert. Beispielsweise hat das Asiatische Olympische Komitee eSports für die Asia Games 2022 vorgesehen. Hierzulande hat es eSports auch schon in den Entwurf des Koalitionsvertrags als neue Sportart geschafft. Trotzdem gibt es in Deutschland noch Vorbehalte, die sich in den nächsten Jahren hoffentlich auflösen werden.
Mit den NFL-Übertragungen ist Ihnen bei ProSieben MAXX ein großer Quotenerfolg gelungen. Erhoffen Sie sich Gleiches auch in Zukunft von eSports-Übertragungen?
Wir glauben fest daran, immer mehr Zuschauer für eSports zu begeistern. Wir haben bereits mit einigen Sportarten gezeigt, dass wir sie durch TV- und Digitalpräsenz wachsen lassen können. Die Kunst ist es dabei, eine Sportart aus der Nische in den Mainstream zu holen. Bei der NFL ist ProSiebenSat.1 ein crossmedialer Mix aus TV-Übertragung, Interaktion mit den Zuschauern und digitaler Verlängerung gelungen. Auf die Inszenierung kommt es also an. Gleiches beobachten wir von Anfang an bei eSports. Eine Besonderheit ist vielleicht, dass der Sport bereits aus dem Digitalen kommt und ProSieben MAXX ihm im TV nun einen festen Platz eingeräumt hat.
Seit 2016 setzt ProSieben MAXX auf eSports-Formate. Mit dem Magazin „ran eSports“ zeigt der Sender jede Woche News und Highlights aus der internationalen eSports-Szene. Wodurch unterscheiden sich eSports-Sendungen von klassischen Sportsendungen?
Bei eSports handelt es sich um ein noch recht junges Phänomen, das noch erklärungsbedürftig ist. Das ist vermutlich der größte Unterschied zu klassischen Sportsendungen, allen voran König Fußball. Unser Ziel ist es deswegen von Anfang an, ein Programm zu bieten, das nicht nur die Hardcore-Gamer anspricht, sondern auch andere, neue Zuschauergruppen. Als eine Art Sportschau berichtet unser Magazin von den Highlights der Woche und holt durch die redaktionelle Aufbereitung auch Nicht-eSportler zu den aktuellsten Entwicklungen, Spielen und Turnieren ab. Dazu gehören Background Stories, Analysen oder Experteninterviews. Um ein neues Publikum zu gewinnen, verbinden wir die reine Information über eSports mit Entertainment. Und das bringt eSports letztlich in der öffentlichen Wahrnehmung nach vorne.
Was können Sie über die Zuschauer sagen – wie würden Sie die Zielgruppe definieren?
Sie ist in erster Linie jung und männlich. Interessant ist allerdings, dass beim Publikum bereits heute drei von zehn Zuschauern weiblich sind, mit steigender Tendenz.
Viele Unternehmen versuchen gerade auf den eSports-Zug aufzuspringen. Gibt es bestimmte Kriterien, die Brands helfen zu entscheiden, ob ein Engagement im eSports sinnvoll ist oder nicht?
Wie immer geht es darum, welche Zielgruppe man als Unternehmen im Fokus hat. Bei eSports sind es vor allem junge Leute, bei denen man durch gute Sponsorings oder andere Werbemöglichkeiten ein junges, modernes Image für seine Marke generieren kann. Und der große Vorteil für Sponsoren: Bei eSports gibt es keine starren Vorgaben wie in manch anderen Sportarten, beispielsweise, an welcher Stelle ein Logo platziert werden darf.
Können Sie sich vorstellen, dass in Zukunft eSports-Turniere die Samstagabendshow um 20:15 Uhr ablösen, sprich die ganze Familie vereint vor dem Fernseher bei einem virtuellen FIFA-Turnier?
Das Ziel unserer eSports-Offensive ist es sicher nicht, Familienshows den Rang streitig zu machen. Wenn man sich aber die Prognosen zu eSports ansieht, ist es ein extrem stark wachsender Markt. Manche gehen sogar davon aus, dass eSports in wenigen Jahren auf dem zweiten Platz hinter Fußball steht. Trotzdem müssen Akzeptanz und Interesse des Publikums sicherlich noch etwas wachsen, um regelmäßig gute Quoten auf den großen Sendern zu erreichen. Auch die verschiedenen Ligen und Veranstalter müssen sich noch weiter professionalisieren, sodass es feste Strukturen und Zeitfenster gibt. Und dann bin ich mir ziemlich sicher, dass eine echte Weltmeisterschaft im eSports große mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird.
// Über den Autor
René Krempin hat Kultur- und Medienwissenschaften studiert und über mehrere Stationen bei Print- und Online-Medien den Weg in die Agentur gefunden. In den letzten zwei Jahren betreute er als Redakteur den Online-Auftritt des Wirtschafts- und Lifestyle-Magazins Business Punk. Bei OSK arbeitet er als Online- und Social-Media-Redakteur. Mit großem Interesse verfolgt er unter anderem die Entwicklungen in der eSports-Szene. In seiner Freizeit ist er aber auch gerne analog unterwegs: mit Freunden auf dem Bolzplatz.