tl;dr (Lesezeit 5 Minuten)
- G+J e|MS, der Vermarkter von Gruner + Jahr, hat sieben Guidelines entwickelt, die Unternehmen helfen sollen, Content Marketing richtig anzugehen.
- Unter anderem geht es darum, Themen zu besetzen und Nutzwert statt reiner Fun-Inhalte zu liefern.
- Frank Vogel, Sprecher der Geschäftsleitung bei G+J e|MS, ist sicher: Die Bedeutung von Content Marketing wird in Zukunft stark zunehmen.
- Content Marketing hat laut dem Experten schon immer gegeben. Allerdings habe die Intensität, in der über Content Marketing gesprochen wird, deutlich zugenommen.
- Grund sei das Zeitalter der Digitalisierung, das ständig neue Angebote und Plattformen hervorbringt. Letztlich werden die kommunikativen Fähigkeiten der Verbraucher überreizt.
- Die Folge: Menschen blenden zunehmend alles aus, was ihnen nicht relevant erscheint .
- Marken müssen sich also im Kampf um die Aufmerksamkeit der Konsumenten etwas einfallen lassen, um in dieser Informationsüberflutung vom Verbraucher wahrgenommen zu werden.
Content Marketing haftet inzwischen der Unkenruf an, ein bloßes Buzzword zu sein. Dabei würden nach den Ergebnissen einer Studie von G+J e|MS, dem Vermarkter von Gruner + Jahr, längst nicht alle Ressourcen ausgeschöpft. Und die Experten sind sicher: Die Bedeutung von Content Marketing wird in Zukunft stark zunehmen. Sieben Guidelines sollen Unternehmen dabei helfen, Content Marketing richtig anzugehen: Unter anderem geht es darum, Themen zu besetzen und Nutzwert statt reiner Fun-Inhalte zu liefern.
Schnell wird klar: klassische Werbung alleine erreicht nicht mehr alle Kunden, denn Verbraucher sind im digitalen Zeitalter einer Flut an Informationen ausgesetzt. Umso wichtiger ist es, relevante Inhalte zu kreieren, welche Aufmerksamkeit bei der Zielgruppe erregen und in Erinnerung bleiben. Warum es Content Marketing eigentlich schon lange gibt, wie bedeutsam mitreißendes Storytelling ist und was der Weihnachtsmann damit zu tun hat, verrät Frank Vogel, Sprecher der Geschäftsleitung bei G+J e|MS (Bild rechts; Foto: Klaus Knuffmann).
Sie sagen, Content Marketing ist kein neues Phänomen, wie man etwa an der „Umfärbung“ des Weihnachtsmannes durch Coca Cola belegen kann. Wieso ist das Thema dann gerade so heiß?
Content Marketing gab es in der Tat immer schon – ob bei dem genannten Coca-Cola-Beispiel, dem Maggi Kochstudio oder der Dove Initiative für wahre Schönheit. Allerdings hat die Intensität, in der über Content Marketing gesprochen wird, in der letzten Zeit deutlich zugenommen. Und dafür gibt es einen Grund: Wir leben im Zeitalter der Digitalisierung und sich rasant entwickelnder Technologien, das ständig neue Angebote und Plattformen hervorbringt. Letztlich werden die kommunikativen Fähigkeiten der Verbraucher überreizt. Die Folge: Menschen blenden zunehmend alles aus, was ihnen nicht relevant erscheint – und so beobachten wir trotz steigenden Werbedrucks eine kontinuierlich sinkende Werbeerinnerung.
Marken müssen sich also im Kampf um die Aufmerksamkeit der Konsumenten etwas einfallen lassen, um in dieser Informationsüberflutung vom Verbraucher wahrgenommen zu werden. Sie müssen es schaffen, mit ihren Inhalten den Verbraucher zu fesseln, zu begeistern oder ihm einen konkreten Mehrwert zu bieten – und all das geht mit gutem Content Marketing.
Coca-Cola hat den Weihnachtsmann rot gefärbt. (Bild: G+J e|MS)
Was ist für Sie gutes Content Marketing? Was muss es leisten?
Gutes Content Marketing entsteht durch inhaltliche Exzellenz und mitreißendes Storytelling. Es geht darum, mit Empathie und Fingerspitzengefühl zu erspüren, was für den User relevant ist. Das bedeutet auch eine Abkehr von der reinen Produkt- bzw. Werbebotschaft. Stattdessen geht es um eine stärkere Fokussierung auf die Bedürfnisse des Verbrauchers. Dabei gilt es auch, die jeweilige Nutzungssituation und -verfassung des Konsumenten zu berücksichtigen, um ihn dort mit passenden Inhalten abzuholen.
Gutes Content Marketing entsteht durch inhaltliche Exzellenz und mitreißendes Storytelling. Share on X
Ich vergleiche Content Marketing immer gerne mit einem ersten Date: Wenn ich Erfolg haben will, muss ich auf mein Gegenüber eingehen und darf nicht nur über mich bzw. mein Produkt reden. Es geht letztlich darum, eine zur Marke passende Geschichte zu erzählen, und zwar mit spannenden Themen, die subtil auf die Marke einzahlen. Wenn man dabei den richtigen Ton trifft, hat man die volle Aufmerksamkeit seines Gegenübers – beim ersten Date genauso wie beim Content Marketing.
“Ich vergleiche Content Marketing immer gerne mit einem ersten Date.” (Bild: G+J e|MS)
Für welche Unternehmensziele ist diese Strategie geeignet?
Grundsätzlich lässt sich Content Marketing für nahezu alle Unternehmens- bzw. Kommunikationsziele einsetzen. Ich kann damit die Bekanntheit einer Marke steigern, Pluspunkte bei der Sympathie gewinnen, Konsumenten zum Mitmachen aktivieren oder auch den Abverkauf eines Produktes steigern. Die Möglichkeiten des Storytellings sind ausgesprochen vielfältig – je nachdem, wo der Schwerpunkt der Marke liegt, lässt sich auch der Erzählfokus variieren. Entscheidend ist die Authentizität: Content Marketing muss glaubwürdig rüberkommen.
Content Marketing muss glaubwürdig rüberkommen. Share on X
Gibt es Ihrer Meinung nach für Unternehmen überhaupt noch eine Alternative oder ist Content Marketing unverzichtbar?
Content Marketing ist definitiv eine Bereicherung der Markenkommunikation und vor allem eine zeitgemäße Möglichkeit, um eine Marke (wieder) verstärkt in den Fokus des Konsumenten zu rücken. Das heißt aber nicht, dass klassische Werbeformate wie Print-Anzeigen, Banner oder AdSpecials ausgedient haben – wie so oft im Leben kommt es auf den richtigen Mix an.
Frank Vogel ist sich sicher: Die kommunikativen Fähigkeiten der Verbraucher werden überreizt. (Bild: G+J e|MS)
Sie sagen, Content Marketing ist eine Aufmerksamkeitsoffensive, bei der es darum geht, den User auf Inhalte zu fokussieren, die ihn wirklich interessieren. Wie finde ich denn heraus, was den Leser wirklich interessiert?
Als Medienhaus kennen wir die Leser und User unserer Angebote ganz genau. Mit unserem Portfolio erreichen wir gut 70 Prozent der Bevölkerung. Zudem habe wir innerhalb unserer Communities of Interest (COIs) eine Menge an Informationen darüber, wo wir unsere User finden. So können wir sagen, ob jemand häufig im Food-Ressort unterwegs ist, eine sehr lange Verweildauer im Beauty-Bereich hat, sehr tief in den Inhalt rein geht oder auf bestimmte Werbemittel klickt. Dabei kommen kontextuelle Logiken im Nutzungsverlauf und -verhalten raus. Auf dieser Grundlage können wir Konsumenten gezielt ansprechen. Durch die vielfältigen digitalen Möglichkeiten und die data-driven Verarbeitung versorgen wir die Menschen mit relevanten Inhalten passend zu ihrer Nutzungssituation.
Letztlich gelten heutzutage für Marken oder Unternehmen bei der Publikumsanalyse ähnliche Grundsätze wie für ein Medienhaus. Denn Medien beschäftigen sich ebenfalls mit den Zugriffen und Nutzerstrukturen auf ihren Websites.
Die Relevanz von Content Marketing wird weiter steigen. (Bild: G+J e|MS)
G+J e|MS hat eine Studie durchgeführt, um „Antworten auf alle relevanten Fragen rund das Content Marketing geben zu können“. Was genau wollten Sie rausfinden? Welche Ergebnisse sind Ihrer Meinung nach die spannendsten?
Wir beschäftigen uns bei G+J bereits seit geraumer Zeit mit Content Marketing. Wir verfügen in diesem Bereich nicht nur über profundes Praxis-Wissen sowie umfassendes Forschungs-Know-how, sondern wissen auch um den Invest in Zeit und Ressourcen beim Content Marketing. Damit sich dieses Engagement lohnt, wollten wir mit der Studie zeigen, auf was es wirklich ankommt und Werbetreibenden praxisorientierte Guidelines an die Hand geben.
Dabei soll die Studie auch bewusstmachen, dass gutes Content Marketing nicht nur bedeutet, ein zur Marke passendes Themenfeld mit guten Geschichten zu besetzen. Die Distribution und das Data Management spielen ebenfalls eine zentrale Rolle für den Erfolg. Gleichzeitig geht es um eine gewisse „Entmystifizierung“ des Content Marketing – es muss nicht immer ein Sprung aus dem All sein, auch kleinere Content-Marketing-Lösungen funktionieren sehr gut: Ob nun L’Oréal das Thema „Detoxen“ im Zusammenhang mit einem neuen Shampoo aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet oder Bahlsen zur Cookie Challenge über soziale Medien aufruft.
Das Thema Influencer finde ich persönlich derzeit am spannendsten bei der Distribution von Content. Immer mehr Menschen sind auf Social-Media-Kanälen aktiv und folgen den hier von anderen Menschen geäußerten Bewertungen und Meinungen. So werden bestimmte Testimonials oder ganz normale Konsumenten zu Markenbotschaftern und Multiplikatoren. Durch die Einbindung dieser Social-Media-Influencer bekommen Marken ein Gesicht und finden entsprechend stärker Gehör unter den Verbrauchern.
Es scheint, als wäre Content Marketing im B2C-Bereich häufig leichter einsetzbar, da man mit emotionalen Botschaften den Endkunden ansprechen kann. Inwieweit ist die Strategie auch für den B2B-Sektor geeignet?
Emotionen und Spaß sind ja nur eine Facette des Content Marketings – wie die Studie gezeigt hat, stehen bei vier von fünf Usern Informationen und Nutzwert bei Markeninhalten deutlich höher im Kurs als spaßige Inhalte. Damit kann ich Content Marketing beispielsweise auch als Dienstleister im B2B-Sektor zur Kundenkommunikation nutzen – indem ich meine Kompetenzen nicht einfach platt aufzähle, sondern mit einer Geschichte inszeniere und damit greifbar mache.
Content Marketing hat viele Facetten. (Bild: G+J e|MS)
Welche konkreten Tipps würden Sie Unternehmen geben, die mit Content Marketing beginnen wollen?
Überlegt, was eure Marke oder euer Produkt ausmacht, wofür ihr steht und was euch einzigartig macht. Dann entwickelt eine dazu passende Geschichte. Macht euch Gedanken, welches Themenumfeld ihr für eure Marke besetzen könntet. Dabei muss es nicht gleich der Stratosphärensprung wie bei Red Bull sein, Content Marketing beginnt schon im Kleinen.
Habt Lust auf Inspiration und seid mutig, auch mal neue oder ungewöhnliche Wege zu gehen, die auf den ersten Blick vielleicht wenig mit Eurer Marke zu tun haben. Ein gutes Beispiel ist hier die Telekom mit ihrem Engagement über das Sea Hero Game für die Demenzforschung.
Habt Lust auf Inspiration und seid mutig, auch mal neue oder ungewöhnliche Wege zu gehen. Share on X
Sucht euch die passenden Partner – sowohl auf Medienseite wie unter Social-Media-Influencern – und nutzt die komplette Klaviatur von klassischer Medialeistung bis hin zu Content Recommendations.
Und last but not least: Trial and Error. Beim Content Marketing geht es um ständige Optimierung. Schaut Euch KPIs wie Klicks und Verweildauer an. Dann seht ihr, was beim Verbraucher wirklich ankommt.
Gruner + Jahr hat sieben Guidelines für gutes Content Marketing entwickelt. (Bild: G+J e|MS)
Ist Content Marketing nur ein Buzzword, das die Leute bald nicht mehr hören können, oder wird der Trend anhalten?
Der Trend wird definitiv anhalten. Da bin ich ganz einer Meinung mit den Experten unserer Studie. sie gehen davon aus, dass die Relevanz von Content Marketing in absehbarer Zukunft um 57 Prozent ansteigen wird. Content Marketing bedient nicht nur einen Zeitgeist, sondern spiegelt die veränderten Ansprüche der Konsumenten im digitalen Zeitalter wider: Diese sind selbstständiger und selbstbestimmter geworden. Sie wollen nicht mehr nur Werbung nach Schema F.
Wir werden in den kommenden Jahren noch deutlich mehr über Content-Marketing-Lösungen diskutieren, bei denen es auf überzeugende Inhalte und Konzepte ankommt. Sicherlich auch, weil parallel der programmatische und automatisierte Verkauf von Werbekontakten und die Qualität von Daten eine immer größere Rolle spielen. Durch die Verknüpfung von inhaltlichen Lösungen mit User-Daten wird die in der Kampagne erzählte Geschichte noch mehr auf die persönlichen Bedürfnisse des Users angepasst werden können. Demnach wird der 22-jährige Digital Native eine völlig andere Markengeschichte erleben als die 50-jährige Business Managerin. Damit birgt Content Marketing noch unglaublich viele Potenziale, von denen wir erst einen Bruchteil ausgeschöpft haben!