Als Cherno Jobatey im vergangenen Jahr zum Editorial Director der deutschen Huffington Post ernannt wurde, war die Reaktion in der deutschen Medienlandschaft verhalten: Der ehemalige Fernsehmoderator macht jetzt ein Online-Portal. Naja. Dabei versteht Arianna Huffington den „Name Brand Journalism“ wie keine Zweite: Online-Medien brauchen Gesichter, Persönlichkeiten, Charaktere. Deshalb soll Cherno Jobatey nicht nur als Herausgeber fungieren, sondern mit Journalisten, Politikern und Prominenten netzwerken und das Aushängeschild der deutschen „HuffPost“ sein. Dieses Konzept ist natürlich nicht neu. Schon 2004 sagte Mathias Müller von Blumencron, damals Chefredakteur von Spiegel Online, über Online-Journalismus: „Man braucht ein eigenes Profil, eine eigene Identität, das ist extrem wichtig. Wenn Sie es nicht schaffen, eine eigene Online-Marke aufzubauen, dann ist es ganz knifflig.“

medienmacher Screenshot: Medienmacher-Studie

Zehn Jahre später ist dieses Statement aktuell wie nie: Medienschaffende definieren sich immer mehr als eigene Marke, Redaktionen setzen auf starke Typen, und die Grenzen zwischen dem journalistischen Schaffen und der Person verschwimmen immer mehr. Laut der diesjährigen Medienmacher-Studie verbreiten fast 80 Prozent der befragten Journalisten ihre Inhalte auch über die eigenen Social-Media-Kanäle wie Facebook, Twitter oder Blogs. Journalisten wie Stefan Niggemeier, Mario Sixtus oder Jan Fleischhauer sind mittlerweile auf allen Kanälen vertreten, produzieren Podcasts, twittern, bloggen und schreiben für Print und Online.

tgillen_porTobias Gillen kann man in diese Reihe problemlos aufnehmen: Der 21-Jährige ist freier Journalist, Blogger, E-Book-Autor und hat in diesem Jahr www.techletter.de zusammen mit Julian Heck und Ekki Kern initiiert. Die Webseite bündelt drei Newsletter rund um das Boom-Thema „Internet of Things“: zwei tägliche Reports zu den Themenkomplexen Wearables und Smart Home sowie einen wöchentlichen Connected-Car-Report. Wir haben mit ihm zum Thema „Journalist als Marke“ gesprochen und ihn gefragt, was das genau für die Blogger Relations bedeutet.

Sophie Wanke: Du bist ein „Hans Dampf in allen Gassen“: Journalist, Blogger und Self Publisher. Wie beschreibst du selbst deine Tätigkeit?

Tobias Gillen: Also als „Hans Dampf in allen Gassen“ hat mich noch nie jemand bezeichnet, das würde ich fast so übernehmen wollen. Nein, im Ernst: Letztlich bin ich Journalist. Journalist mit Blog, Journalist mit E-Books, Journalist mit Printbuch. Es fällt ja alles irgendwie darunter.

Du bist in sämtlichen sozialen Netzwerken unterwegs. Wie wichtig ist das Networking, und über welches Netzwerk akquirierst du den größten Traffic?

Networking ist für mich sehr wichtig, da ich versuche, mit meinem Namen zur Marke zu werden. Wer meinen Namen liest, soll an „Journalismus“, „Technik“, „Medien“ denken. Das ist das Ziel, das hinter allen Aktivitäten in den Netzwerken steht – die „Ich-Marke”. Aber natürlich auch nicht minder die Interaktion mit den Lesern oder die Recherche.

Der größte Traffic kommt bei mir über Twitter. Das liegt wohl daran, dass mein Twitter-Account mit 2.600 Followern wesentlich besser gefüllt ist als meine Facebook-Fanseite mit 710 „Fans”. Letztlich mag ich Twitter aber auch einfach lieber und bin deshalb dort aktiver.

Inhaltlich hast du dich auf Technik-Themen spezialisiert. Wann und wie hat die Leidenschaft dafür angefangen?

Schon recht früh. Ich fand alles Technische spannend und wollte wissen, wie es funktioniert. So richtig Schwung aufgenommen hat das dann aber mit meinem ersten iPod und später mit dem iPhone. Irgendwann hatte ich dann ein Apple-Blog, dann meine eigene Seite und dazu kam die Arbeit für Zeitungen. So hat sich immer Schritt für Schritt ein weiteres Türchen geöffnet, und ich habe mich auf das festgelegt bzw. „spezialisiert“, was mir liegt und wovon ich zumindest ein kleines bisschen Ahnung habe.

techletter

Mit dem Wearables-, dem Smart-Home- und dem Connected-Car-Report musst du den neuesten Trends immer auf der Spur und allen anderen einen Schritt voraus sein. Setzt dich das unter Druck?

Ich arbeite für meine Unabhängigkeit. Ich will nicht irgendwann in eine Festanstellung, um über die Runden zu kommen. Und dafür nehme ich auch zwei tägliche und einen wöchentlichen „Techletter“ in Kauf. Allerdings muss man auch sagen, dass wir ein Team von drei Mann sind – da lässt sich die Arbeit schon ganz gut verteilen und es hält sich mit dem Druck in Grenzen. Wenn allerdings dann mal jemand in Urlaub oder krank ist, wird es kritisch.

Verrate uns bitte noch, was ist das beste Gadget der letzten Jahre? Und was braucht kein Mensch?

Das beste Gadget? Ich war total begeistert von einem Staubsauger-Roboter, den ich jüngst testen durfte. Die Sensorik und die Präzision, mit der das Ding meine Wohnung auf Vordermann gebracht hat – einfach beeindruckend. Insbesondere durch die Planungsfunktion ist der kleine Kollege eine echte Unterstützung im Haushalt: Stehe ich um 8 Uhr auf, hat er die Wohnung um halb 8 schon blitzeblank gesaugt.

// Notebook

Mit Tablets kann Tobias nichts anfangen, er vertraut lieber auf ein leichtes MacBook Air

// E-Reader

Der E-Book-Autor liest digital gerne auf seinem Kindle von Amazon

// Kopfhörer

Seine Headphones sind von beats und zählen für Tobias ebenfalls zu den Must-haves

// Tasche

All seine Gadgets verstaut Tobias sicher in seiner Unit-Portable

Was kein Mensch braucht? Das ist nicht ganz einfach zu beantworten, da ich nicht für alle sprechen kann, aber ich persönlich kann mit meinem Tablet absolut nichts anfangen. Das Ding liegt nur für App-Tests in der Ecke rum, einen richtigen Anwendungszweck habe ich in den letzten drei Jahren noch nicht gefunden. Für alle „kleinen Aktivitäten“ habe ich mein Smartphone, für die Arbeit meinen Laptop.

Bei einem erfolgreichen Blog sind natürlich auch die Unternehmen nicht weit, die mit dir zusammenarbeiten wollen. Was hast du für Erfahrungen gemacht? Was sind deine „Best“- und „Worst Cases“ der Blogger Relations?

Meistens arbeite ich für Testgeräte mit Unternehmen zusammen. Dann etwa, wenn ich mal eine Smart Watch oder eben einen Staubsauger-Roboter testen möchte. Teils kommen die Unternehmen dann aber auch auf mich zu. Im „Best Case“ funktioniert das meistens ziemlich reibungslos: Testgerät wird angefragt, kommt und wird wieder zurückgeschickt. Einen wirklichen „Worst Case“ habe ich eigentlich noch nicht erlebt. Aber beim Thema „Blogger Relations“ sollten viele Unternehmen und Pressestellen nochmal Nachhilfe nehmen. Leider wird hier immer noch – und das Mitte 2014 – teils abschätzig von Bloggern gedacht, und das merkt man dann meist auch in der Kommunikation.

tgblog1Wie können Unternehmen deiner Meinung nach von Blogger Relations profitieren?

Einige Unternehmen haben erkannt, dass Blogger eine immer größere Wahrnehmung genießen. So erreicht mancher Blogger heute mehr Leute als eine Nachrichtenseite. Das kann für Werbung und Aufmerksamkeit etwa durch Testberichte ganz interessant sein. Zudem kann man die Zielgruppe eines Blogs meist viel besser bestimmen als die eines großen Newsportals – entsprechend kann es nicht schaden, sich mit Bloggern zu beschäftigen und zu vernetzen. Insbesondere aber sollte man Blogger nicht mit abschätziger Kommunikation verschrecken, denn bloggen bedeutet auch, eine Meinung zu haben. Wie die wohl ausfällt, wenn man sich nicht richtig ernst genommen fühlt …?

Du hast ein dir ein beachtliches Resümee erarbeitet. Was sind deine Business-Tipps für andere Blogger?

tgblog2Raten würde ich jedem Blogger, sich gut zu vernetzen und sich zur Marke zu machen. Das kann nie schaden. Letztlich kam so ziemlich jeder meiner Aufträge über meine Vernetzung auf Twitter, Facebook und Google+ zustande. Außerdem sollte man sich nie scheuen, neue Projekte zu starten. Im Netz ist das meist mit geringem finanziellem Risiko machbar – und mehr als scheitern kann man nicht. Da spreche ich aus Erfahrung.

Abschließend ein Blick in die Zukunft – wie werden sich die digitalen Medien weiterentwickeln?

Ich glaube, dass Blogs erstmal noch an Bedeutung und Gewichtung in Deutschland gewinnen, aber auf kurz oder lang werden sich andere Kanäle bilden, die möglicherweise genauso wichtig oder sogar wichtiger werden. Man hört ja heute schon von teils sehr erfolgreichen YouTubern, Facebookern oder Googlepluslern, die überhaupt keine eigene Seite mehr haben. Ich hoffe aber, dass Blogs hierzulande endlich die Vernetzung und Bedeutung bekommen, die sie etwa in den USA schon vor Jahren hatten. Da ist noch viel Luft nach oben.

Tobias, vielen Dank für das spannende Interview!

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