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tl;dr (Lesezeit: 5 minuten)

  • Navigation durchs Geschäft und Werbung am Point of Sale (PoS): Beacons könnten der neue digitale Schrei für den nicht-digitalen Einzelhandel sein.
  • Die Beacons-Technologie arbeitet mit Bluetooth-Funksendern. Die Ortung ist bis auf wenige Zentimeter genau.
  • Kunden werden am Point of Sale, also kurz vor oder direkt im Geschäft über die jeweilige App bzw. per Push-Benachrichtigung kontaktiert.
  • Lassen sie sich auf das Angebot ein, werden sie beim Einkauf unterstützt und quasi direkt zum gewünschten Regal navigiert.
  • Die Informationen, die auf diesem Weg verbreitet werden, sind dabei relevanter und personalisierter als bei anderen Verfahren.
  • Die Angst vor Datenklau macht es der Erfindung in Deutschland aber noch schwer. Deutsche Konsumenten sind beim Thema Datenschutz sehr sensibel.

„Ihr Lieblings-Müsli gibt es jetzt mit extra vielen Früchten. Steht in Gang 7.“ Personalisierte Angebote direkt aufs Smartphone, Navigation durchs Geschäft – Werbung am Point of Sale (PoS): Beacons könnten der neue digitale Schrei für den nicht-digitalen Einzelhandel sein – wäre da nicht die klassische Daten-Skepsis. Heute dreht sich alles um den Kunden und um dessen Smartphone. Der große Individualitäts-Trend macht es dem lokalen Einzelhandel jedoch ziemlich schwer.

Sogenannte Proximity Solutions knüpfen an diese Probleme an. Hierzu gehören u.a. die GPS-basierten Geo-Fences oder die Beacons-Technologie. Doch was können die Proximity Solutions, worin liegt ihr Mehrwert für Kunden und Unternehmen, und warum sind gerade Beacons die verkannte Lösung des Problems?

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Geo-Fences und Beacons – ein Vergleich

Bei GPS („Global Positioning System“) handelt es sich um eine seit über 40 Jahren genutzte Lokalisierungstechnik. Der Begriff Geo-Fences (engl. fence = Zaun) bezeichnet die Nutzung der durch GPS generierten Felder zu Kommunikationszwecken. GPS-fähige Geräte können in den meisten Fällen auf einen bis zu zehn Meter genauen Umkreis lokalisiert werden. Innerhalb von Gebäuden ist der Empfang der GPS-Satellitendaten allerdings eingeschränkt.

Die Beacons-Technologie (auch genannt „Bluetooth Low Energy“) hingegen arbeitet nicht mit Satelliten-Daten, sondern mit Bluetooth-Funksendern. Die Ortung Bluetooth-fähiger Smartphones ist direkter und bis auf wenige Zentimeter genau. Außerdem können die Funksender innerhalb von Gebäuden montiert werden. Während Geo-Fences also die quantitative Kommunikationsmethode darstellen, geht es bei Beacons eher um die qualitative Ansprache.

Beacons stellen folglich eine gezieltere Kommunikationsmöglichkeit dar als die etablierten Geo-Fences. Denn sie ermöglichen personalisierte Angebote direkt aufs Smartphone und Navigation durchs Geschäft. Die Beacons-Technologie scheint für den online-gebeutelten Einzelhandel eine große Chance darzustellen. Bisher setzen Unternehmen mit ihren Apps jedoch auf die ältere, bekanntere GPS-basierte Technologie.

Geo-Fences im Alltag

So ziemlich jeder kennt mittlerweile Pokemon Go oder auch die Lokal-Updates von Mobilfunkanbietern aufs Kundentelefon. Mit Hilfe von GPS-Daten senden Vodafone, Telekom und O2 Werbung an ihre Vertragskunden. Per SMS werden diese auf „Supersonderangebote“ bei McDonalds und Co. „ganz in Ihrer Nähe!“ hingewiesen. Auch die Pokemon-Trainer finden Pikachu und seine bunten Freunde via GPS auf ihrem Smartphone.

Die Beacons-Technologie verfolgt ein ähnliches Prinzip – mit einem bedeutenden Unterschied: Die Kunden werden direkt am Point of Sale, also kurz vor oder direkt im Geschäft über die jeweilige App bzw. per Push-Benachrichtigung kontaktiert. Lassen sie sich auf das Angebot ein, werden sie beim Einkauf unterstützt und quasi direkt zum gewünschten Regal navigiert. Darüber hinaus ist es möglich, über die App gezielt nach Angeboten bzw. Produkten zu suchen. Für beide Varianten der App-Nutzung muss die Bluetooth-Verbindung aktiviert sein. Ein Nachteil: Das kostet Akku.

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Einige wenige Unternehmen bedienen sich bereits der verschiedenen Vorzüge der Beacons. Mit der App „Shopkick“ des gleichnamigen Unternehmens sammelt der Nutzer während seines Einkaufs Punkte, die sich später in Prämien eintauschen lassen. Häufig reicht dabei schon das reine Betreten eines Ladens. Die Idee der App liegt darin, Kunden in ihren Kaufentscheidungen zu unterstützen. Wer zu Hause beim Online-Surfen über sein Smartphone einen schicken Schuh gesehen hat, sich aber nicht sofort entscheiden kann, profitiert von der Beacon-Technologie. Der Kunde kann den Schuh dann mit Hilfe der App auf eine Merkliste setzen oder auch später im System suchen. Beim Stadtbummel findet er den Schuh dann leichter und kann ihn direkt anprobieren. Die App funktioniert hier wie eine „Wünschelrute“: Sie navigiert den Kauflustigen schnurstracks zum Produkt der Begierde.

Angst vor Datenklau

In Amerika ist das Prinzip bereits verbreiteter – der US-Einzelhandelsriese Walmart hat eine eigene App entwickelt, die durch die Beacons-Technologie ebenfalls wie ein Einkaufsassistent funktioniert. Damit hat die neue, navigierte Form des Einkaufens bereits einen Platz mitten im Alltag des Kunden eingenommen. Die bereits erwähnte App „Shopkick“ ist ebenfalls ein amerikanisches Produkt, aber auch in Deutschland verhältnismäßig erfolgreich und damit (noch) der Bigplayer der mit Beacons arbeitenden Apps. Die deutsche Angst vor Datenklau scheint es der Erfindung schwer zu machen. Das lässt eine Umfrage des Instituts für Handelsforschung Köln (IFH) erahnen. „Deutsche Konsumenten sind beim Thema Datenschutz sehr sensibel. Dass eine App installiert werden muss, um die Beacon-Technologie nutzen zu können, kann dabei schon eine Hemmschwelle sein“, schreibt Autorin Bettina Seul auf der Seite des IFH.

Im Vergleich zu Spanien, Großbritannien und den Niederlanden sind die Deutschen auffällig zurückhaltend gegenüber der Technik und stellen das Konzept sogar in Frage. „Mit durchschnittlich 4,6 von 10 Punkten sehen sie in Beacons und den damit verbundenen personalisierten Angeboten und Informationen nur einen geringen Nutzen“, sagt Seul.

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„Was zählt, ist Relevanz“

Hierzulande bastelt das Unternehmen Payback an einer eigenen Beacons-Version seiner App. Paybacks Program Lead Digital PoS Dr. Philipp Reichhart erklärt, was sich das Unternehmen davon verspricht: „Beacons sind für unterschiedliche Kampagnenformen ausgelegt. Als ‚Location Based Services’ können sie direkt für Kundenentscheidungsprozesse eingesetzt werden. So kann der Kunde zur perfekten Zeit über den richtigen Kanal angesprochen und das richtige Angebot zugespielt werden“. Und er stellt den entscheidenden Punkt heraus: „Was zählt, ist Relevanz!“ Irrelevante Informationen, die auf dem Smartphone landen, können Kunden im schlimmsten Fall sogar abschrecken. Payback testet zurzeit sowohl die Beacons- als auch die Geo-Fences-Technologie. Reichhart betont, dass sich die Funktionsformen nicht ausschließen, sondern im Bestfall ergänzen. Man müsse nur darauf achten, wann man welche Kommunikationsmethode nutzt.

„Geo Fences sind dazu geeignet, Kunden anzusprechen, die sich zum Beispiel 400 Meter vom Shop entfernt befinden und ihre Ortungsdienste angeschaltet haben. Dieser große Umfang macht es möglich, viele Menschen zu kontaktieren. Als Ergänzung dazu funktionieren Beacons mit Bluetooth und dienen der Mikro-Lokalisierung. Sie haben daher eine geringe Reichweite von maximal 50 Metern.“ Und er macht deutlich, was das für das jeweilige Geschäft bedeutet: „So können Passanten bzw. Kunden gezielt vor oder in einem Shop Coupons angeboten werden.“

Beacons – eine Chance für die „Kleinen“

Für Marketingzwecke eignet sich die Beacons-Technologie also allemal. Die Informationen, die auf diesem Weg verbreitet werden, sind mit großer Wahrscheinlichkeit relevanter und personalisierter als bei anderen Verfahren. Schließlich befindet sich der Kunde in der Nähe oder bereits direkt im Point of Sale.

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Trotzdem: Bisher hat sich das Beacons-Prinzip noch nicht durchgesetzt. Bis auf „Shopkick“ gibt es noch keine relevanten Apps auf dem deutschen Markt. Dabei könnten gerade kleine Läden die Technologie zu ihrem Vorteil nutzen. Die benötigten Bluetooth-Funksender sind in der Anschaffung günstig und verbrauchen nur wenig Strom. Ihre Wirkung ist dafür umso größer: Durch gezielte Kundenansprache mit relevanten Angeboten und Services wird Aufmerksamkeit generiert und bestenfalls ein Verkauf erzielt. Die zusätzlich benötigte App-Entwicklung ist zwar kostenaufwändiger, hier wäre aber ein Zusammenschluss mehrerer lokaler Boutiquen in einer App eine denkbare Lösung.

Trotz vieler Vorzüge und dem Wissen über den Wunsch nach individueller Ansprache in der heutigen Zeit hat sich die Beacon-Technologie bisher noch nicht etabliert. Bis der Kunde über sein Smartphone direkt zur neuen Müslisorte geführt wird, vergeht sicherlich noch einige Zeit.

Übrigens: Alle wichtigen Infos rund um verschiedene Proximity Solutions gibt es unter bvdw.org.

// Über die Autorin

Pia_Zietz_02_BW_V2

Pia Zietz hat ihren Bachelor-Abschluss in Journalistik gemacht und studiert derzeit im Masterstudiengang „Corporate Communication“. Nachdem sie einige Zeit im Journalismus gearbeitet hat, schreibt Pia nun als freie Autorin für den OSK Blog. In ihrer Freizeit genießt die gebürtige Oldenburgerin gutes Essen und Wein, treibt Sport, und interessiert sich für Reisen, Design sowie Fotografie.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.