Professorin Astrid NelkeAstrid Nelke ist seit 2014 Professorin für Unternehmenskommunikation und Innovationsmanagement an der FOM in Berlin sowie seit 2009 Dozentin am Lehrstuhl für Geschlechtersoziologie der Universität Potsdam. Außerdem leitet sie seit 2010 die [know:bodies] gmbh, die sich mit integrierter Kommunikation und Bildungsberatung beschäftigt. Ein Spezialgebiet von Frau Professorin Nelke ist Employer Branding und Talentmanagement als Schnittstelle von Kommunikation und Personalmanagement. Durch diese intelligente Verknüpfung von Kommunikation und HR sollen Beschäftigte erfolgreich im Unternehmen gehalten und potenzielle Talente für das Unternehmen gewonnen werden. Astrid Nelke studierte an der Freien Universität Berlin Publizistik und Kommunikationswissenschaft, Psychologie und Soziologie. 2008 promovierte sie dort zu einem Thema der internen Kommunikation.

Astrid Nelke
Professorin an der FOM Berlin

LinkedIn: Astrid Nelke

1. Welchen Stellenwert hat die PR in Ihrem Unternehmen/Ihrer Organisation heute – und künftig?

PR ist für uns als Unternehmensberatung mit dem Schwerpunkt Kommunikation das Hauptthema. Hierzu gehört neben der klassischen PR seit einigen Jahren auch der Bereich Employer Branding. Um erfolgreich zu sein, hat Employer Branding im Idealfall eine Scharnierfunktion zwischen PR, HR und der Geschäftsführung. Ich bin davon überzeugt, dass PR und Employer Branding in Zukunft eine noch größere Rolle für unsere Kunden spielen werden – das Thema Vertrauen wird sowohl in Richtung Produkte und Dienstleistungen als auch bei der Fachkräftebindung und -gewinnung noch wichtiger werden.

2. Welche Stärken hat die PR? Wie kann sie ihre Position künftig weiter ausbauen? Was sind die großen PR-Trends und welche werden sich durchsetzen?

Digitalisierung ist einer der großen PR-Trends

Die wichtigsten Stärken von PR sind Glaubwürdigkeit und Authentizität. Diese Stärken unterscheiden sie deutlich von Werbung und Marketing, sie schaffen Vertrauen. Gerade in der immer wichtiger werdenden Digitalisierung ist das Schaffen von Vertrauen bei allen Zielgruppen das A und O im Kommunikationsmanagement. Die Digitalisierung ist meiner Ansicht nach einer der großen PR-Trends, hierzu kommt die Entwicklung weg von der „Gießkannen-Kommunikation“ hin zu mehr individuellen Gesprächen zwischen Organisationen und den diversen Medien, in denen exklusiv Informationen ausgetauscht werden.

3. Spielen Daten, Algorithmen und künstliche Intelligenz bereits eine Rolle in Ihrer täglichen PR- und Kommunikationsarbeit?

Daten und Algorithmen spielen momentan in unserer Arbeit eine indirekte Rolle. Online-Kanäle können sich mithilfe von Daten und Algorithmen positionieren und werden dann gegebenenfalls für unsere PR-Arbeit wichtig. Zukünftig werden Agenturen und Beratungen deutlich digitaler funktionieren als heute. Damit meine ich zum Beispiel rein digitale Pressefächer sowie die steigende Wichtigkeit von Podcasts und Videos. Dann wird allerdings der menschliche Faktor entscheidend wichtig, um in Hintergrundgesprächen Vertrauen aufzubauen. Menschlichkeit und die „Chemie“ werden dann noch essenzieller.

4. Welchen Stellenwert haben die etablierten Medienmarken im Vergleich zu den neuen? Sind die Newcomer für Ihre PR-Arbeit bereits wichtiger als die Platzhirsche?

Alteingesessene, renommierte Printmagazine versuchen vielmals, über Websites und Social Media neue Kanäle zu erschließen. Dort treffen sie auf die direkte Konkurrenz der Neuen und geraten vielmals ins Hintertreffen, weil sie die Anforderungen der Online-Kommunikation und der User nicht wirklich verstehen. Gleichzeitig wenden sich die Nutzerinnen und Nutzer mehrheitlich von herkömmlichen Printmedien ab – bis auf wenige Ausnahmen werden wir hier zukünftig auch zurückgehende Userzahlen sehen. Für die PR ist die Wichtigkeit von tradierten und Neuen Medien themen- und zielgruppenabhängig – grundsätzlich gehe ich davon aus, dass die Newcomer noch weiter an Bedeutung zunehmen werden.

// Über #ZukunftDerPR
Nach unserer erfolgreichen Serie #ZukunftDesJournalismus, die sich mit dem Medienwandel und den damit verbundenen Veränderungen für den Journalismus beschäftigt hat, werfen wir nun einen Blick auf die PR-Arbeit von morgen. Wie schon bei der #ZukunftDesJournalismus, werden wir die spannendsten Folgen unserer Blog-Reihe auch wieder in einem Buch veröffentlichen.
Worauf wird es dabei ankommen? Was sind die großen Trends? Gemeinsam mit Profis und Entscheidern der PR- und Kommunikationsbranche wollen wir diese Fragen beantworten. Das Prinzip ist immer das gleiche: sieben Fragen, sieben Antworten von PR-Experten aus den unterschiedlichsten Branchen und Bereichen. Stück für Stück entsteht so ein Bild, das interessante Aussagen zu entscheidenden Entwicklungen von morgen und übermorgen ermöglicht.

5. Stichwort Content Marketing: Immer mehr Unternehmen sind inzwischen selbst zu Publishern geworden und bauen eigene Kanäle weiter auf/aus. Trifft das auch für Ihr Unternehmen/Ihre Organisation zu? Und falls ja, hat die PR oder das Marketing dabei den Lead?

Unser Kunde Leafly.de, Deutschlands führendes Wissensportal für das Thema Cannabis als Medizin für alle, die sich für dieses Thema interessieren, ist seit 2017 ein rein online tätiges Medium, das flankierend auf Events präsent ist und punktuell Marketingmaterial verwendet. PR hat hier einen großen Anteil, allerdings hat das Marketing den Lead. Ein Online-Medium kann nicht ohne SEO-Arbeit auskommen, dabei müssen Marketing und Content ganz eng zusammenarbeiten. Die PR arbeitet flankierend an der Seite, um das Portal zu pushen. Wir sehen bei Online-Medien oft denselben Fehler: Sie setzen oft weder auf Marketing noch auf PR.

6. Was kann Marketing von PR lernen und wo kann PR sich eine Scheibe vom Marketing abschneiden?

Marketing und PR gehören untrennbar zusammen

Hier vertrete ich den Ansatz der integrierten Kommunikation von Manfred Bruhn: Marketing und PR gehören untrennbar zusammen und sollten immer abgestimmt agieren. In der Praxis ist Marketing teilweise zu zahlen- und umsatzgetrieben. Wir sehen immer wieder, dass Vertrauen etwas ist, was Marketing in vielen Fällen mit großen Budgets nicht schafft, PR mit deutlich kleineren Budgets sehr wohl. Glaubwürdigkeit und daraus resultierend Vertrauen werden in der digitalisierten Welt immer wichtiger und damit die Rolle der PR.

7. Bitte nennen Sie Ihr aktuelles (Lieblings-)beispiel für kluge, effektvolle und moderne PR (Strategie, Maßnahme, Person), das nicht von/aus Ihrem Unternehmen stammt.

Der Clip von BMW zum Abschied von Dieter Zetsche vom Vorstandsvorsitz von Mercedes-Benz, in dem Zetsche am Ende mit einem BMW fährt und BMW sich für viele Jahre inspirierenden Wettbewerb bedankt. Das ist Kommunikation in its best, die Emotionen auslöst und alles mitbringt, was einen erfolgreichen Clip ausmacht: eine klare Message, die eine Brücke bildet. Die emotionale Hommage an Zetsche blickt über den Tellerrand hinaus und zeigt, dass es hier nicht primär um zwei Autohersteller geht, die sich gegenseitig die Kunden wegnehmen, sondern um viel mehr. Auch dies zeigt: Der Faktor Mensch ist in der PR extrem wichtig, sowohl für die Kunden als auch für Agenturen und für Medien, und das besonders in Zeiten der Digitalisierung.

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