© Las Vegas News Bureau

Als vor 47 Jahren die erste CES in New York ihre Tore öffnete, war die “Consumer Electronics Show” noch ein kleiner Ableger der großen “Chicago Music Show”, der damals wichtigsten Verbrauchermesse für elektronische Geräte. 17.500 “Early Nerds” besuchten die Stände der rund 200 Aussteller im Hilton und Americana Hotel und bestaunten die neuesten Gadgets: Kofferradios, Kassettenrekorder und ein Fernseher mit revolutionären Mikroprozessoren.

Ein Jahr später stellte die Firma Portatronic Systems ihr “Portable Executive Telephone” vor. Es war die erste Verbindung der Elektronik-Messe zum Automobil, wenn auch eher unbeabsichtigt. Denn das Telefon im Aktenkoffer, das dem vielreisenden Manager quasi eine Standleitung ins Büro verschaffen sollte, wog 19 Pfund und kostete 2.000 Dollar – mehr als ein VW Beetle ($ 1,769) und nicht viel weniger als ein Ford Mustang Muscle Car mit mächtigem V8-Motor ($ 2,368).

Verkauft wurde das “Mobiltelefon” allerdings nur an US-Staatsangehörige, die zuvor eine spezielle Lizenz der Federal Communications Commission beantragen mussten. Schwer zu sagen, ob das Nachwirkungen der McCarthy-Ära waren. Es lag wohl eher daran, dass jeder Nutzer auch die Gespräche auf anderen Kanäle – es gab insgesamt elf davon, für alle Nutzer! – mithören konnte.

Zehntausende von Innovationen später – darunter dem ersten Videorekorder (1970), dem CD Player (1981), dem legendären Commodore 64 Computer (1982), Tetris (1988), dem RDS System (1993), HDTV (1998), der ersten Microsoft Xbox (2001), Blue Ray (2003) oder IP TV (2005) – gehören mittlerweile auch autonom fahrende Autos, Brennstoffzellenantriebe, neue Lichtsysteme und In-Car-Apps zu den Novitäten der High-Tech-Show, die das Messejahr in Las Vegas eröffnet. Und seit neuestem auch den automobilen Messekalender.

ces_mb_stand Einer von neun Autoherstellern auf der CES 2014: Mercedes-Benz mit seinem von OSK gestalteten Stand // © Daimler AG

Seit Audi vor drei Jahren als erster Automobilhersteller einen Stand auf der CES buchte und Daimler-Chef Dr. Dieter Zetsche 2012 eine weithin beachtete “Unabhängigkeitserklärung für das Automobil” abgab, hat sich die CES zur einem der weltweit wichtigsten Schaufenster für automobile Innovation entwickelt. Und das erste Reiseziel vieler Motorjournalisten im neuen Jahr ist nicht länger Detroit, sondern eine Woche zuvor die Wüste von Nevada.

Dr. Dieter Zetsche brachte es in seiner Keynote auf eine griffige Formel: “Digitaler Lifestyle wird zum digitalen Drivestyle”. Und Gary Shapiro, CEO des CES-Veranstalters CEA, ließ im Vorfeld der diesjährigen Show selbstbewusst verkünden: “As the car has become more connected and consumers demand increased interaction between their mobile devices and their car, we have seen the number of auto manufactures at the International CES rise year after year. We can’t wait to welcome a record number of automotive manufacturers to the 2014 CES.”

Im Vergleich zu den 48 OEM’s, die in Detroit im Januar den größten Teil der Cobo Hall belegten, mögen sich die neun Autohersteller, die 2014 auf der CES ausgewählte Modelle und Technologien vorstellten, noch ebenso bescheiden ausnehmen wie deren Standflächen. Fest steht: Der Trend ist gesetzt und kaum mehr umzukehren, die CES entwickelt sich zur Technologie-Preview der Detroit Auto Show.

Virtuelle Weltpremiere: Die neue C-Klasse als Augmented Reality App // © Daimler AG

So zeigte Mercedes schon Tage vor der offiziellen Weltpremiere seine neue C-Klasse als Augmented-Reality-Anwendung, Audi-Chef Rupert Stadler hatte ein Quattro-Showcar mit neuartigem Laserlicht im Gepäck, Toyota präsentierte erstmals sein Brennstoffzellenauto FCV und BMW belebte das von SUV’s und Stretch Limos geprägte Straßenbild von Las Vegas mit 70 elektrischen i3. Echten News-Wert hatte auch die Bekanntgabe der “Open Automotive Alliance”, mit der Google sein Android-Betriebssystem als Standard für In-Car-Entertainment etablieren möchte.

Zahlen und Fakten zur CES 2014

Besucher (gesamt): 160.498 aus 144 Ländern
Besucher (international): 40.828 (25,4 %)
Besucher (Deutschland): 840
Redner (gesamt): 790
Aussteller (gesamt): 3.673
Produktneuheiten: > 20.000
Messefläche: > 180.000 m² (ca. 25 Fußballfelder)
Medienvertreter (gesamt): 6.575
Medienvertreter (international): 1.882 aus 74 Ländern
Medienvertreter (Print): 21 %
Medienvertreter (TV/Rundfunk): 19 %
Medienvertreter (Online): 60 %

“Auto und Multimedia wachsen zusammen”, titelte das Handelsblatt, Focus stieß in der Wüste auf “Nerds am Steuer”, und der Tagesspiegel fand in Las Vegas heraus “Wie wir morgen pendeln”. Damit hat sich die CES erfolgreich als zukunftsorientierte Themen-Messe neben den traditionellen Auto Shows etabliert und anderen Technologie-Plattformen wie z.B. der CeBIT medial den Rang abgelaufen.

6.369 Medienvertreter weist die offizielle CES-Statistik für das Jahr 2013 aus, darunter 1.808 internationale Journalisten aus 73 Ländern. 24 Prozent davon waren für Print-Medien unterwegs, 21 Prozent für Fernseh- und Rundfunkanstalten und 55 Prozent für Online-Medien. Zum Vergleich: Die Organisatoren der North American International Auto Show in Detroit vergaben 5.212 Media Credentials, davon 1.615 an internationale Journalisten aus 62 Ländern.

Indirekt trifft der Aufstieg der CES auch andere Automobilmessen. So galt lange Zeit die Tokyo Auto Show als das wichtigste Schaufenster für ernstzunehmende Innovationen und weniger ernstzunehmende Gadgets, bevor die Messe – aufgrund des Aufstiegs der jährlich alternierenden Autoshows in Peking und Shanghai – ihre Bedeutung als wichtigste Autoshow in Asien und ihren Status als internationale A-Messe verlor. In die Parade fährt die CES auch der Los Angeles Auto Show, die seit Jahren nach einer größeren Bedeutung strebt und ihren Termin am Jahresende gewitzt, aber erfolglos zur Jahresvorschau umzudeuten versuchte. Los Angeles mag wegen der strengen Emissionsgesetze in Kalifornien eine wichtige Präsentationsbühne für alternative Antriebe bleiben, die breitenwirksamen Technologie-Neuheiten aber werden sich die Hersteller in Zukunft mehr denn je für die CES aufsparen.

Welcome to Vegas.

Über den Autor

Oliver Schrott ist gelernter Journalist. Nach mehrjähriger Tätigkeit für aktuelle Magazine sowie als Ressortleiter der "Auto Zeitung" machte er sich 1989 selbstständig und arbeitete als Autor für Automobil-, Marketing- und Wirtschaftsmedien. Parallel bekam er immer mehr Anfragen aus der Industrie, der Schritt in Richtung PR war damit vorprogrammiert. Seine Leidenschaft ist die emotionale und bildstarke Umsetzung und Inszenierung von komplexen Themen, was sich in Projekten wie dem "Opel Millennium Express", der weltweit beachteten Maybach Weltpremiere oder der Mercedes-Benz E-Klasse Langstreckenfahrt von Paris nach Peking niederschlug. Oliver Schrott liebt Frankreich, liest wie ein Staubsauger und ist stets auf der Suche nach coolen Apps, die ihm seine zahlreichen Dienstreisen erleichtern.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.