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Manchmal erklären Kommunikationsprofis stolz: „… und die Kampagne ist auch in den sozialen Medien gut gelaufen …“ In dem unscheinbaren Wort „auch“ liegt ein großes Problem verborgen. Denn es illustriert, warum Zuschauer*innen häufig Videos mit Katzen und Dominosteinen besser annehmen als die Inhalte professioneller, aufwendiger Kampagnen.

Das „Mindset“ stimmt einfach nicht. Wer weiterhin adaptiert und meint, dass man „auch“ Videos in vertikalen Formaten für TikTok und Instagram ausspielen kann – für den bleibt Erfolg bei jungen Zielgruppen ein netter Zufall.

Liebe und Hingabe

Marken müssen in sozialen Medien „leben“, sie müssen Liebe und Hingabe für die Erzählformen und die Ästhetik der Formate zeigen, damit sie im Social Web erfolgreich sind. Ein positives Beispiel zeigt etwa die Weltpremiere für die neue C-Klasse von Mercedes-Benz, für deren Idee, Konzeption und Umsetzung OSK zuständig war. Die Premiere ist ein riesengroßer Erfolg, mit Millionen organischer Klicks auf TikTok und Instagram sowie hohen Zugriffszahlen bei YouTube und dem markeneigenen Medienkanal Mercedes me media. Warum?

OSK Blog - Social First - Liebe und Hingabe für Social Media

Produktpräsentationen sind noch immer vor allem von mündlichen Vorträgen geprägt – Talking Heads. Nun laufen Videos beispielsweise auf Instagram erst mal ohne Ton. So wirken selbst CEOs namhafter Brands wie ein Fisch hinter Aquariumglas. Mund auf, Mund zu. Blubb, blubb. Wer glaubt, dass das jemand sehen will? Welche Alternativen gibt es? Nur das Produkt mit Musikunterlegung zeigen? Doch welchen Mehrwert bietet das Stück dann?

Schritt 1: Die Zuschauer*innen abholen

In ihrer Welt, mit Erlebnissen, die sie kennen und lieben. OSK hat für Mercedes-Benz Zach King an Bord geholt – den „digitalen Magier“. Bereits 24 Stunden vor dem Start postet er einen Teaser auf den eigenen Kanälen und heizt das Publikum an. Millionen von Menschen bekommen gerade mal einen Scheinwerfer des Autos zu sehen.

Die Belohnung folgt für jeden, der dranbleibt: Noch einmal Zach King, dieses Mal bekommen wir das ganze Auto zu sehen, vom Schlüssel über einen Sprung in den Briefkasten bis zur schwungvollen Ausfahrt aus dem Briefkasten. Ein netter Gruß an alle, die in den letzten 15 Monaten hauptsächlich online bestellen konnten. Das Publikum abholen – am Ende des Winters mit einem kurzweiligen, positiven Einstieg und gutem Wetter aus Kalifornien. Jetzt wollen Zuschauer*innen mehr sehen.

Schritt 2: Die Finger des Publikums sind nervös

Wegswipen, wegklicken, nächstes Video: Jede kreative Entscheidung für Text, Bild und Musik muss mit diesem „Finger am Abzug“ in Gedanken hinterfragt werden. Dabei wäre es falsch anzunehmen, dass deswegen alles hektisch, laut, schnell und oberflächlich sein muss. Wir kennen es von uns selbst. Unsere Entscheidung, einem Video unsere Aufmerksamkeit zu schenken, verläuft in mehreren Schritten:

  • Ist das erste Bild interessant, der Titel, das Thema?
  • Erfüllen die ersten Sekunden meine Erwartungen? Oder viel besser: Bin ich so neugierig geworden, dass ich mehr sehen will?
  • Irgendwann habe ich beschlossen, mich einzulassen. Und irgendwann möchte ich dann doch weiter, weil es ja noch so viele andere Videos gibt. Auch dieser Moment muss inhaltlich und kreativ perfekt bedient werden.
OSK Blog - Social First - Inhalte für Social Media

Schritt 3: Die Inhalte müssen in sozialen Medien „leben“

Keine langen Schnitte, konsequente Unterstützung der Inhalte durch ästhetisch ansprechende Typografie-Animationen. Wer nicht hören will, darf sehen. Die gesamte Präsentation muss eine sorgsam austarierte Collage verschiedener visueller Elemente sein – mit ansprechendem Rhythmus und Musik, die Spaß macht. Die Sprache muss „social“ sein. 

Dialogorientiert und locker, dynamischer Wechsel zwischen Sprecher*innen, Fragen und Satzcollagen statt nur Antworten. Oft wird gesagt, man solle Nebensätze weglassen, um „social“ zu funktionieren. Auch das Thema muss man etwas differenzierter anfassen, denn selbst in „Game of Thrones“ gibt es lange Sätze, aber gute Dialoge – und die funktionieren auch bei einem jungen Publikum.

Schritt 4: Der richtige Flow

Es gibt unzählige Artikel darüber, welche Länge für Videos auf sozialen Plattformen ideal ist. Viel wichtiger ist die Frage: Wie sind diese Videos strukturiert? Warum nicht Inhalte entwerfen, die Zuschauer*innen das Gefühl geben, als würden sie sie mit dem Finger durch ihr Smartphone „swipen“? Der Schnitt und die Grafik der C-Klasse-Weltpremiere etwa wurden so konzipiert und umgesetzt, dass Nutzer*innen das Gefühl haben, sich selbst mit dem Daumen durch verschiedene Filme zu bewegen.

Schritt 5: Nativ für Social-Formate produzieren

Das ist ein bisschen schmerzhaft, weil es extra Aufwand bedeutet. Doch um am Ende Zeit und Aufwand zu sparen, müssen Inhalte direkt für Social mitgeplant werden, zum einen für vertikale Formate (9:16), zum anderen für horizontale Formate (16:9). Damit erreicht man, dass alle Beteiligten tatsächlich in dieser Bildästhetik sehen und denken: Die Einstellungen passen perfekt in das Format, weil sie dafür konzipiert werden.

Das konsequente Mitdenken von Social-Inhalten geschieht logischerweise nicht von allein – und auch nicht von heute auf morgen. Gleichermaßen geht es nicht darum, andere Kanäle durch Social Media zu ersetzen. Doch das Beispiel von Mercedes-Benz zeigt, welche Kommunikationskraft soziale Netzwerke besitzen können. Wer sie nur „nebenbei“ bespielt, kratzt lediglich an der Oberfläche der beinahe endlosen kreativen Möglichkeiten.

// Infokasten Performance-Zahlen Social Media Digitale Weltpremiere C-Klasse (Stand 04.03.2021)

Teaser 

Mercedes-Benz Instagram Reels 

8,2 Mio. Views

747k Likes

Mercedes-Benz TikTok

68,8k Views

11,9k Likes


Weltpremiere

Mercedes-Benz Instagram

2,1 Mio. Views

Mercedes-Benz YouTube

386k Views

// Über den Autor

Digitale Kampagnen und Präsentationen sind die Welt von Axel Breuer bei OSK. Nach seinem Studium der Filmkamera in der Schweiz und Stationen in München und Katar arbeitet er heute an der Entwicklung von Konzepten für bewegte Bilder im Netz.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.