Mobile Tsunami-Titel

Ihm gilt der erste Blick nach dem Aufwachen. Tagsüber schenken wir ihm ständig Aufmerksamkeit und abends vor dem Schlafengehen werfen wir ihm auch noch mal einen Blick zu. Das Smartphone ist inzwischen ein ständiger Begleiter vieler Menschen und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Der Mobile Tsunami hat uns erreicht und unseren Alltag komplett verändert.

Mobile Tsunami-Mark Wächter-kleinKein Wunder, dass sich Unternehmen aller Art intensiv mit dem Medium Mobile beschäftigen. Smartphone und Co ermöglichen die direkte Kommunikation mit dem Verbraucher und Kunden und eröffnen ganz neue Möglichkeiten im Service und Vertrieb. Aber die Komplexität des Ökosystems Mobile mit Platzhirschen wie Apple, Facebook, Google und Samsung ist so groß, dass das Thema Mobile für Unternehmen eine große Herausforderung ist. Das stellt auch Mark Wächter (Bild rechts) fest. Er ist unter anderem Mobile-Strategie-Berater bei MWC.mobi und Vorsitzender der Fokusgruppe Mobile des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft BVDW. Der Experte und Buchautor erklärt uns, wie Unternehmen den Mobile Tsunami meistern können.

Mobile First, nicht Mobile Only

„Mobile als Medium − und dabei reden wir über Smartphones, Tablets, aber auch Wearables bis hin zum Bildschirm im Auto – ist für Unternehmen aller Art geschäftskritisch geworden. Aus diesem Grund rede ich von einem Game Changer“, erklärt Wächter. Unternehmen kämen deshalb nicht mehr daran vorbei, Mobile First zu denken. Natürlich bedeute das nicht, dass TV, Print oder Kino am Ende seien.

Das Smartphone ist das Cockpit zur Steuerung der digitalen Transformation.

Auch die traditionellen Medien existierten weiter, aber mit Mobile sei eben ein weiteres, inzwischen sehr bedeutendes Medium hinzugekommen, das man nicht nebenher bedienen könne. Vielmehr müsse das mit allen anderen Medien interagierende Device in den Mittelpunkt allen Denkens rücken. „Das Smartphone ist das Cockpit zur Steuerung der digitalen Transformation“, betont Mark Wächter und verdeutlicht damit, welch wichtige Rolle Mobile spielt. Alles gehe vom Smartphone aus. Wer keine Mobile-First-Strategie fahre, habe ein strategisches Problem.

Mobile First - 1

Ein entscheidender Unterschied bei der Smartphone- im Vergleich zur Desktop-Nutzung sei der Suchanlass. Beim Smartphone entstehe er immer aus einem situativen Kontext heraus, erklärt der Mobile-Experte. Das könne zum Beispiel eine Zeit sein, ein Ort oder ein Anlass, wie zum Beispiel ein Schaufensterbummel. Wie der Nutzer dann in die Suche einsteige, sei sehr unterschiedlich: ganz klassisch via Suchmaschine, über Schnittstellentechnologien wie QR-Codes und Beacons oder über intelligente Assistenten wie Siri oder Cortana. Damit verändere sich auch die Art, wie wir suchen. Statt „Restaurant in Berlin-Mitte“ könnte auch „Restaurant“ genügen, weil das Smartphone den Ort bereits automatisch erfasst hat.

Responsive ist nicht die Lösung für alle

Der Desktop stirbt nicht, auch wenn Mobile ihn in der Nutzung bereits überholt hat.

Was heißt das aber jetzt konkret für Unternehmen? Vor dem Hintergrund des radikal veränderten Suchverhaltens sei es als allererste Maßnahme für Unternehmen wichtig, eine mobiloptimierte Website zu haben, rät Mark Wächter. Und mit mobiloptimiert meint er nicht zwingend responsiv. Je nach Anwendungsfall kann es sinnvoll sein, dass sich eine Website an die Größe des genutzten Geräts anpasst oder dass man eine eigenständige, kontextbasierte „Made for Mobile“-Interpretation der Website ausliefert. Der Mobile-Stratege weiß:

„Der Desktop stirbt nicht, auch wenn Mobile ihn in der Nutzung bereits überholt hat. Intensives Schmökern, längere Videos, alles, was einen längeren Medienkonsum verlangt, findet weiterhin auf dem Desktop statt. Sobald ich schnell und vor allem spontan Infos brauche, greife ich aber zum Smartphone oder Tablet. Es ist eine Koexistenz. Ich brauche beides.“

Mobile First - 2

Es gehe darum, den Kontext zu verstehen und zu überlegen, was der Nutzer im „Mobile Moment“ genau benötigt. Das können unterwegs am Smartphone andere Sachen sein als zu Hause am Desktop. „Es gibt gewisse Branchen, da ist responsive sinnvoll“, meint Wächter. Für ein Newsportal sei ein responsives Design durchaus besser, weil alle Inhalte auch mobile untergebracht werden wollen. In einem anderen Fall könnte eine mobiloptimierte Seite viel weniger Funktionen haben, dafür jedoch besser angeordnet und beispielsweise um eine Ortungsfunktion für Location Based Services ergänzt worden sein.

Im Fokus steht der Mehrwert für die App-Nutzer

Einige Unternehmen setzen auf eine eigene App. Aber ist das wirklich ein Muss? Das große Problem bei Apps sei, so Wächter, dass es davon mittlerweile in den Stores Millionen andere gebe – ganze App-Friedhöfe. Um sich für oder gegen eine App zu entscheiden, müssen sich Unternehmen die Frage stellen, ob und wie sie Nutzern dadurch einen eindeutigen Mehrwert bieten.

Strategie

„Dieser Mehrwert muss so genial sein – Stichwort Shazam –, dass der User die App immer wieder öffnet.“ Denn auf dem Homescreen eines Smartphones schaffen es nur wenige Apps. Die Giganten wie Facebook (inklusive Instagram und WhatsApp), Google mit seinen Blockbustern oder Snapchat belegen große Bereiche des Startbildschirms. Nur nutzwertige Apps gelangen unter die 10 bis 15 Apps, die der durchschnittliche Verbraucher regelmäßig öffnet.

Unternehmen brauchen Strategien für Mobile Marketing und Mobile Enterprise

Es gibt also eine Menge zu beachten, wenn sich Firmen dem Thema Mobile ernsthaft widmen wollen. Wie sie das bewältigen können? „Eigentlich ist für Unternehmen ein Chief Mobile Officer eine sinnvolle Position“, sagt Mark Wächter. Nur so könne eine „Kultur für Mobile“ geschaffen werden. Größere Unternehmen seien hier oftmals schon einen Schritt weiter als der überwiegende Teil des deutschen Mittelstandes.

Anschluss

Neben einem grundlegenden Verständnis für die Bedeutung von Mobile sei es aber zusätzlich immer eine Ressourcenfrage. Ein konkretes Beispiel: Bei der Budgetplanung für eine App müsse man ein Drittel für das Programmieren einplanen. Ein weiteres Drittel sei für beständige Updates notwendig und das letzte Drittel sollten Unternehmen für Store Optimization und App-Marketing verwenden – das würden allerdings die wenigsten so machen.

Wer den Anschluss an Mobile verpasst, hat schlechte Chancen

Wer die Mobile-Strategie nicht ernst nimmt, der braucht bald keine Strategie mehr.

Fest steht, dass eine Mobile-Strategie deutlich mehr erfordert als ein einfaches, responsives Website-Design. Unternehmen dürfen jetzt den Anschluss nicht verpassen, weil der Zug sonst möglicherweise abgefahren ist. Mark Wächter warnt: „Wer die Mobile-Strategie nicht ernst nimmt, der braucht bald keine Strategie mehr.“ Verstanden hätten dies die meisten, umgesetzt hingegen erst ein kleiner Teil.

Wächter meint, dass es für Unternehmen sogar noch komplexer werde. Das liege zum Beispiel daran, dass neben Smartphones und Tablets zukünftig auch Wearables und Themen wie künstliche Intelligenz sowie Augmented und Virtual Reality eine große Rolle spielen würden. Aus seiner Sicht gibt es daher noch viel Aufklärungsbedarf, was die Dringlichkeit und Notwendigkeit einer Mobile-Strategie betrifft.


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Über den Autor

Carsten Christian ist studierter Journalist und Kommunikationswissenschaftler, seinen Master-Abschluss hat er an der Uni Hamburg gemacht. Bevor er zur Agentur kam, war der Digital Native mehr als zwei Jahre für die Online- und Print-Ausgabe der Ruhr Nachrichten im Einsatz. Bei OSK arbeitet er als Team Lead Digital Content, auf dem Agentur-Blog schreibt Carsten über den Medienwandel und Trends im Bereich Digital-Kommunikation. Privat verfolgt er Neuigkeiten in der Videospiel- und Gaming-Szene und greift auch selbst zu Maus und Gamepad.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.