OSK Blog - Interview Micro-Influencer

Viele Marketer bemühen sich darum, Prominente und Influencer-Stars als Kooperationspartner zu gewinnen. Jedoch ist Reichweite nicht alles. Blogger mit weniger Followern sind für Unternehmen mitunter ebenfalls interessant. Laut internationalen Studien von Markerly und BuzzValue haben die Meinungsgeber mit einer niedrigeren Followerzahl eine höheres User-Engagement als die großen Influencer.

Wir wollten ergründen, welche Vorteile Micro-Influencer Firmen bieten. Um das nicht lediglich mit dem Blick durch die Theorie-Brille zu tun, haben wir mit Micro-Bloggerin Diana, aka diclassicx, gesprochen. Sie erklärt uns, warum sie mehr Einfluss auf ihre Follower als Prominente hat, welche Chancen sich durch Kooperationen für Werbe-Kampagnen ergeben und wie Unternehmen die passenden Micro-Influencer finden.

Der 24 Jahre alten, deutsch-polnischen Fashion- und Beauty-Bloggerin folgen über 27.000 User auf Instagram. Ihren Kanal hat Diana gegründet, um ihrer Leidenschaft für Mode und Lifestyle Ausdruck zu verleihen.

Die Micro-Influencerin möchte mit ihrer offenen und authentischen Art sowie ihrem Stil für Mode Menschen für ihre Inhalte begeistern. Sie liebt es, neue Looks zusammenzustellen und sich auszuprobieren, denn für Diana ist Stilbruch keine Modesünde. In den letzten Jahren konnte sie einige Partnerschaften mit verschiedenen Marken eingehen.

Warum sind auch Micro-Influencer mit kleineren Reichweiten interessant für Unternehmen?

Influencer mit Millionen an Followern decken meistens sehr viele verschiedene Themen und Branchen ab. Micro-Influencer hingegen fokussieren sich auf eine bestimmte Nische und haben daher eine kleinere, dafür aber treue Fan-Base. Die Nutzer folgen Micro-Bloggern, wenn sie sich wirklich für die Themen des Accounts und vor allem für die Person dahinter interessieren.

Die meisten meiner Follower etwa haben eine Leidenschaft für Fashion. Den großen Influencern folgen zwar mehr Leute, aber nicht jeder Follower ist an dem, was der Multiplikator vorstellt, interessiert. Die Chance, mit einem Micro-Influencer viele potenzielle Kunden in einer Nische zu erreichen, ist also höher als mit den „großen Stars“, trotz der niedrigeren Reichweite.

Welche Ziele können Unternehmen mit Micro-Influencern erreichen? Inwiefern fördern sie die Kaufbereitschaft und beeinflussen die Markenloyalität sowie -glaubwürdigkeit?

Unternehmen können mit Micro-Influencern treue Neukunden gewinnen. In den vergangenen drei Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass Menschen eher auf die Meinung kleinerer Blogger vertrauen als auf die großer Meinungsgeber. Nutzer misstrauen bezahlten Produktrezensionen häufig, da sie davon ausgehen, dass die Meinung gekauft ist. Und natürlich werden Influencer bei Werbe-Kooperationen bezahlt, was jedoch nicht zwingend bedeutet, dass sie nicht ihre ehrliche Meinung teilen.

Micro-Influencer erhalten keine großen Beträge durch die Kooperationen. Der Vorteil ist in diesem Kontext, dass die Produkte im Vordergrund stehen und die Micro-Influencer sie meiner Ansicht nach ausgiebiger testen. Indem sie sich mehr mit den Produkten auseinandersetzen, haben sie die Möglichkeit, diese persönlicher und individueller zu bewerben, was der Authentizität hilft. Außerdem haben sie einen engeren Kontakt zu ihrer Fanbasis, wodurch sie ebenfalls glaubwürdiger wirken.  

Welche Zielgruppen treffen Micro-Influencer und inwiefern ist das ein Vorteil?

Micro-Influencer treffen eine bestimmte Nischen-Zielgruppe. Mit meinem Account erreiche ich zum Beispiel Fashion-Begeisterte. Vergangenes Jahr habe ich aber auch viele Follower gewonnen, die sich für das Reisen oder für bestimmte Orte interessieren, die ich besucht habe. Der Vorteil ist, dass die Interessen der Follower eines Micro-Influencers enger beieinander liegen.

Wie finden Influencer das passende Unternehmen und umgekehrt?

Ich persönlich gucke auf Instagram, welche Marken vertreten sind oder welche Produkte mich interessieren. Die Initiative geht dann oft von mir aus. Ich schreibe passende Unternehmen per Mail an und frage freundlich nach einer Kooperation. Um zu beurteilen, ob eine Zusammenarbeit Sinn macht, teste ich das jeweilige Produkt ein bis zwei Wochen. Erst wenn ich überzeugt bin, gehe ich längerfristige Projekte ein.

Marken haben auf Instagram die Möglichkeit, unter Hashtags nach passenden Influencern zu suchen. Für die Mode-Branche sind das etwa #fashionblogger_de, #modeblogger_de oder #beautyblogger_de. Viele spannende (Micro)-Influencer, die sich auf die Fashion-Szene spezialisiert haben, nutzen diese Hashtags. Wer mehr Unterstützung braucht, kann Agenturen beauftragen, um passende Multiplikatoren zu recherchieren.

Auf Blogger-Events haben Firmen direkt vor Ort die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und eventuell über erste Kollaborationen zu sprechen – außerdem bekommt man direkt einen persönlichen Eindruck vom Gegenüber. Aktuell ist das natürlich nicht möglich. Generell sind Events aber ein guter Startpunkt für eine Zusammenarbeit. Ich empfehle jedem Unternehmen, vor einer Kooperation immer ein Erstgespräch zu führen, am besten persönlich – soweit es die Umstände zulassen. So lernt man sich direkt kennen, kann prüfen, ob die Chemie stimmt, und die weiteren Schritte der Zusammenarbeit besprechen.

Wie arbeiten Micro-Influencer und Unternehmen zusammen? Langfristig oder kurzfristig: Was hat mehr Potenzial und warum?

Das kommt auf das Unternehmen an. Ich für meinen Teil arbeite gerne langfristig mit Partnern zusammen, wenn die Kooperation für beide Seite angenehm und erfolgreich verläuft. Manchmal entwickelt sich ein Projekt weniger harmonisch, auch wenn das Produkt eigentlich passt. In dem Fall beende ich die Zusammenarbeit nach der ersten abgeschlossenen Kampagne. Das Zwischenmenschliche muss für beide Seiten stimmen. Aus Unternehmenssicht sind langfristige Kooperationen meiner Meinung nach besser. Denn stellt der Multiplikator ein Produkt wiederholt und regelmäßig vor, merkt die Community, dass er wirklich hinter der Marke steht.

Wie viel Freiraum sollten Unternehmen der Kreativität von Micro-Influencern geben?

Ich bevorzuge im ersten Schritt ein ausführliches Briefing. Damit weiß der Influencer, was sich der Kunde vorstellt und welche Infos unbedingt zu integrieren sind. Allerdings bin ich immer ein Fan von einer freien Umsetzung, da der Micro-Creator sich und seine Community am besten kennt und weiß, was gut bei den eigenen Followern ankommt. Ich lese mir das Briefing gründlich durch und überlege mir dann, wie ich es am besten umsetze.

Die Bilder müssen allerdings auch in den eigenen Feed passen. Zum Beispiel macht es wenig Sinn, wenn Unternehmen einen Interior-Influencer auffordern, ein Naturbild zu posten, das nicht in seinen Feed passt. Das würde nicht authentisch wirken. Kunden können Vorschläge machen oder auch vorschreiben, dass das Produkt im Fokus stehen soll, aber bei der Bildumsetzung sollten Creator ihre Freiheit haben. Meiner Erfahrung nach ist das bei den meisten Kunden der Fall und am Ende sind beide Parteien glücklich.

Instagram-Stories vs. Feed-Beiträge: Welche Werbe-Potenziale siehst du in den zwei Formaten?

Instagram-Storys sind sehr wichtig, um ein Produkt gut zur Schau zu stellen. Zwar ist die Story nur 24 Stunden online, aber in einer Story können Influencer das Produkt „live“ testen und ihr Fazit mit den Followern teilen. Der Vorteil an Feed-Posts auf der anderen Seite ist, dass sie dauerhaft online sind und auch Nutzern angezeigt werden, die dem Micro-Blogger nicht folgen. Allerdings ist der Text in der Caption begrenzt und viele Menschen sehen nur das Bild, ohne sich den Text durchzulesen. Ein Bild im Feed muss aussagekräftig sein, um den Zuschauer sofort von der Marke zu überzeugen und ihn dazu anregen, den Text zu lesen.

Meiner Erfahrung nach verfolgen Nutzer aber eher die Stories. Selbst wenn eine Story keine spannenden Inhalte hat, swipen die Follower kurz durch. Ich denke, es ist am effektivsten, eine Platzierung erst in einer Story zu zeigen und anschließend die Kooperation mit einem Feed-Post zu festigen. In der Story wird das Interesse der User geweckt, im Feed bekommen sie nähere Informationen. Beide Formate bieten ihre jeweiligen Vorteile, am besten wirken sie aber in Kombination miteinander.

// Über die Autorin

Jennifer Winter ist studierte Tech-Journalistin und Kommunikationswissenschaftlerin. Ihren Master in Technik- und Innovationskommunikation hat sie an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg absolviert. Bei OSK arbeitet Jennifer als Online- und Social-Media-Redakteurin. Sie hat sich schon immer für neue Trends und Innovationen im digitalen Bereich interessiert und schreibt darüber für den OSK Blog. Privat ist sie auf dem Fußballplatz zu Hause, verfolgt den internationalen Fußball und spielt auch selbst im Verein.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.