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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

politisch wichtige Themen wie Bildung, Migration, Klimawandel oder die Pandemie werden in den sozialen Medien intensiv kommentiert und hitzig diskutiert. In diesen Diskurs schalten sich zunehmend auch Influencer*innen ein, die dabei ihre angestammten Themenfelder verlassen und sich politisch äußern. Wir haben diese Entwicklung der Politisierung im neuen OSK Whitepaper „#politics statt #fashionInspo“ unter die Lupe genommen. Die Analyse liefert praktische Handlungsempfehlungen sowie Tipps für den Umgang mit den neuen digitalen Meinungsmacher*innen. Im aktuellen OSK Weekly fassen wir die wichtigsten Hintergründe des Phänomens zusammen.

Viel Spaß beim Lesen!

Neue Meinungsmacht: Ein YouTube-Video verunsichert das politische Establishment

Am 18. Mai 2019 betrat ein YouTuber die politische Bühne, der zuvor, abgesehen von etwas Kritik am „Uploadfilter“-Artikel 13, eher mit Musik- und Ess-Challenges als politischen Meinungen in Erscheinung getreten war – Rezo. Kurz vor der Europawahl rechnete der Content Creator in einem knapp einstündigen Video mit dem Titel „Die Zerstörung der CDU“ vor allem mit der Sozial- und Klimapolitik der CDU/CSU ab, aber auch die politischen Agenden von SPD und AfD ging Rezo scharf an.

Bis Ende Juni 2021 wurde das Video allein auf YouTube mehr als 18,5 Millionen Mal aufgerufen. Etablierte TV-Talkshows machten es zum Aufhänger ganzer Sendungen und auch die internationale Presse interessierte sich für den „Rant“ des blauhaarigen YouTube-Stars. Einen Monat nach der Veröffentlichung sah sich sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einer Stellungnahme genötigt – ihre Partei selbst veröffentlichte erst Tage nach dem Video eine elfseitige PDF-Datei als Reaktion auf Rezos Video. Zugleich nahm die CDU ein „Gegenvideo“ mit Philipp Amthor in der Rolle des Antagonisten auf – um es am Ende doch in den Giftschrank zu verbannen und niemals zu veröffentlichen. Offenbar sahen die Christdemokraten ein, dass sie im Umgang mit Social Media und digitaler Kommunikation noch Aufholbedarf hatten.

Rezo erhielt 2020 den Nannen Preis sowie den Grimme Online Award und äußert sich seitdem regelmäßig zu politischen Themen, etwa als kritischer Kolumnist für Zeit Online.

Unbequeme Wahrheit: Fast niemand mag politische Inhalte auf Social Media – und doch wirken sie

Mit seinem millionenfach geklickten „Zerstörungs-Video“ hat Rezo eine Volkspartei in erhebliche Bedrängnis gebracht. Passend zu diesem Phänomen beschreibt Franziska Setare Koohestani, die sich für ihr Essay auf jetzt.de mit der Influencerin Louisa Dellert auseinandergesetzt hat: „Der Ruf des sozialen Netzwerks Instagram als oberflächlich und unpolitisch hält sich hartnäckig. Instagram-Feeds bestanden lange Zeit scheinbar aus den immer gleichen Sonnenuntergangbildern und Hey-Leute-das-ist-mein-neuer-Lieblings-Detox-Tee-hier-ist-der-Rabattcode-Clips. Aber etwas hat sich verändert. Instagram ist politischer geworden.“

Aber soziale Medien haben sich nicht erst in der jüngeren Vergangenheit verstärkt als Plattform für den Austausch und die Verbreitung politischer Inhalte etabliert. Spätestens seit der US-Präsidentschaftswahl 2008 oder der Brexit-Abstimmung 2017 ist belegt, dass Inhalte auf Facebook, Twitter oder Instagram politische Wahlen und Entscheidungen beeinflussen.

Gerade für junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren entwickelt sich Social Media dabei zur ersten Anlaufstelle für politische Informationen, wie eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung offenbart. Mittlerweile honorieren auch politische Organisationen diese neue Meinungsmacht, wie etwa der 2021 erstmals ausgeschriebene „Preis für Politische Influencer in den Sozialen Medien“ der Hanns-Seidel-Stiftung zeigt.

Eine aktuelle, repräsentative Umfrage im Auftrag von OSK im Rahmen des neuen OSK Whitepapers zeigt jedoch auch: Mehr als die Hälfte der Deutschen sieht die Zunahme von politischem Content auf den Social-Media-Plattformen von Influencer*innen kritisch. 93,3 Prozent der Bürger*innen geben gar an, noch nie davon beeinflusst worden zu sein. Gleichzeitig stiegen Anmeldungen für die britischen Parlamentswahlen um beeindruckende 236 Prozent an, als Rapper Stormzy Ende November 2019 seine 1,3 Millionen Follower zum Urnengang aufrief – ein Hinweis darauf, dass Selbsteinschätzung und Wirklichkeit beim Thema digitaler politischer Einflussnahme auseinandergehen.

Aktivist*innen, Kritiker*innen, Erklärer*innen: die sechs Typen politisierter Influencer*innen

Politische Influencer*innen sind so vielfältig wie ihre Plattformen, Lebensgeschichten und Mittel, ihre Agenda in den öffentlichen Diskurs zu tragen. Und doch gibt es Gemeinsamkeiten, wie unsere Typologisierung im Rahmen des neuen OSK Whitepapers gezeigt hat: In unserem Leitfaden unterscheiden wir zwischen sechs grundlegenden Kategorien und stellen beispielhaft sowohl prominente als auch aufstrebende Protagonist*innen vor. Die systematischen Kategorien reichen dabei von „digitalen Aktivistin*innen“ wie dem deutschen Fridays-For-Future-Gesicht und Twitter-Userin Luisa Neubauer über „humoristische Kritiker*innen“ wie Instagram-Star El Hotzo bis zu „unabhängigen Erklärer*innen“ wie dem Journalisten Mirko Drotschmann a.k.a. YouTubes MrWissen2Go.

Besonders für Unternehmen, Parteien, Verbände und Institutionen, die darüber nachdenken, wie sie mit politisierten Influencer*innen umgehen sollen, ist diese Kategorisierung Gold wert, um bei der Vielfalt der digitalen Meinungslandschaft den Überblick zu behalten. Und um einzuschätzen, welche Chancen und Risiken sich bei möglichen Kooperationen ergeben können.

Freiheit zur Selbstverwirklichung: Der gesellschaftliche Wandel als Möglichmacher neuer Meinungsmächte

Damit politische Kommunikator*innen die Bedeutung und das Potenzial politisierter Influencer*innen hinreichend evaluieren und gewinnbringend nutzen können, ist es darüber hinaus hilfreich, sowohl die gesellschaftlichen Ursachen des Phänomens zu verstehen als auch die konkreten Strömungen innerhalb der Szene zu kennen. In diesem Zusammenhang haben wir für das neue OSK Whitepaper insbesondere zwei Megatrends als historische Eckpfeiler des Aufstiegs der digitalen Meinungsmacher*innen identifiziert:

Beide Strömungen haben über Jahrzehnte die Grundlagen etabliert, auf der heute die Digital Natives der Generation Z ihre ganz eigene politische Identität aufgebaut haben – und diese vor allem über soziale Medien verbreiten.

Dynamischer, digitaler, durchschlagender: Politisierte Influencer*innen erfordern einen neuen Umgang

Diese Entwicklungen zeigen eindrucksvoll: Unternehmen, Parteien, Verbände und Institutionen müssen ihre politische Kommunikation anpassen. Um der Politisierung von Influencer*innen sachgerecht zu begegnen, sollten sie berücksichtigen, dass ihr gewachsenes Kommunikationsregelwerk nicht eins-zu-eins auf die digitale Welt übertragbar ist. Sie alle stehen vor der Herausforderung, Fallstricke zu vermeiden – und dennoch ihre eigenen Inhalte aktiv zu vermitteln. Dabei kommt es zunehmend auf den adäquaten Umgang mit digitalen Meinungsführer*innen an, denn die Unterschiede im Spektrum politischer Influencer*innen sind erheblich.

So versuchte beispielsweise Peter Altmaier auf Anraten eines Beraters bei einer Fridays-for-Future-Demo im Januar 2019 mit den Aktivist*innen ins Gespräch zu kommen. Die ließen den Bundeswirtschaftsminister aber abblitzen – sein rüder Kommentar vor laufender Kamera ging viral.

Auch jetzt.de beschreibt diesen zweischneidigen Charakter politischer Positionierung, wenn es etwa um Kooperationen geht. Mit Bezug auf Aussagen der BWL-Professorin Veronika Kneip erklärt Autorin Franziska Setare Koohestani, dass Unternehmen ihr Image „durch politisches Auftreten“ zwar tatsächlich positiv stärken könnten – gleichzeitig böten sie dadurch aber auch mögliche Angriffsflächen für Kritik in puncto „Greenwashing oder „Window Dressing“.

Mit diesen Überlegungen im Hinterkopf haben wir für unser neues OSK Whitepaper drei Kompetenzfelder definiert, die entscheidend sind:

  • Zuhören & Beobachten, um Chancen und Risiken frühzeitig erkennen
  • Mitreden & Mitmachen, um Meinungen wahrzunehmen und Diskurse mitzugestalten
  • Einbeziehen, um Influencer*innen für die eigene Sache gewinnen

In einem Gastbeitrag auf wuv.de erklärt Stefan Rascher ergänzend dazu, dass „[…] Politiker […] von der Art und Weise profitieren [können], wie Influencer […] gesellschaftliche und politische Themen für junge Menschen attraktiv gestalten können und somit für einen verbesserten und fundierteren Diskurs zu diesen Themen sorgen.“ Der CEO der Media Elements Group betont aber auch, dass es mehr als „Selfies, Emojis und GIFs“ braucht, um die junge Zielgruppe zu überzeugen: „Wie häufig in der Politik ist Dialog das beste Mittel. […] [D]ie interpersonelle Kommunikation hat sich radikal verändert und von klassischen Kanälen zu neueren, digitaleren verlagert. Influencer, als Meinungsführer einer Interessengemeinschaft, sind ein Ergebnis dieser Entwicklung und der Vernetzung einer Vielzahl Gleichgesinnter. Richtig eingesetzt, können Kooperationen Nutzen zum Wohle Aller bewirken. Dabei geht es nicht darum, dass die jungen Zielgruppen ihren Vorbildern blind folgen und deren politische Einstellung übernehmen, sondern um die Sichtbarmachung von Politik und den Vorteilen für jeden Einzelnen im Rahmen eines demokratischen Systems.“

Ab sofort kostenlos erhältlich: das neue OSK Whitepaper „#politics statt #fashionInspo“

Wie der Umgang und die Zusammenarbeit mit Influencer*innen gelingen können, zeigt unser neues OSK Whitepaper „#politics statt #fashionInspo – wie Social Influencer*innen Meinungen machen“. Auf 46 Seiten liefert Ihnen unser Leitfaden detaillierte Antworten auf die folgenden Fragen:

  • Was sind die Meilensteine der Politisierung im Social Web – und wie sind sie einzuordnen?
  • Welche politisierten Influencer sollte ich kennen – und welche Themen besetzen sie?
  • Wie können politisierte Influencer*innen kategorisiert werden – und wer fällt konkret darunter?
  • Welche Chancen und Risiken erwarten mich bei einer Zusammenarbeit?
  • Welche allgemeinen Kompetenzen benötige ich im Umgang mit politischen Influencer*innen?
  • Was sollte ich im Umgang mit den jeweiligen Typen von Influencer*innen konkret beachten?

Darüber hinaus bietet das Whitepaper eine Checkliste, die Unternehmen, Parteien, Verbände und Institutionen zehn konkrete Tipps für die tägliche kommunikative Arbeit sowie die Kooperation mit politischen Influencern an die Hand gibt.

Das OSK Whitepaper „#politics statt #fashionInspo – wie Social Influencer*innen Meinungen machen“ – jetzt kostenlos downloaden: www.whitepaper-osk.de

// Über den Autor

Marcel Bender - OSK-Redakteur

Für Marcel Bender dreht sich alles um die Stories hinter den Marken, Menschen und Technologien der Unternehmenswelt. Bevor er 2014 als Redakteur ins Agenturleben einstieg, tauchte der Postrock-Bassist an der Uni Essen in die Frage ein, was Kommunikation eigentlich ist, wie sie funktioniert – und warum wir uns trotz ihres Hangs zum Scheitern dennoch verstehen. Für OSK textet Marcel vor allem für Social-Media- und Digital-Projekte. Auf der Rasierklinge der rasanten, digitalen Veränderungen kämpft er für mutige, kreative und authentische Corporate-Kommunikation entlang aller Kanäle. Nach Feierabend verbringt er seine Zeit gerne mit Freunden, in Youtube-Sessions und mit Dortmunder Fußball-Philosophie.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.