Mit über 14 Millionen Visits im Monat ist Hypebeast.com weltweit eine der größten Plattformen für Streetwear. Wir haben Chefredakteur Petar Kujundzic gefragt, wie ein Geisteswissenschaftler aus Pforzheim in Hongkong landet, inwiefern digitales Storytelling sich weiterentwickeln wird – und ob es eine Social-Media-Plattform gibt, die Instagram den Rang ablaufen könnte.
Von Pforzheim nach Hongkong: Petar Kujundzic zog es für seinen Traumberuf aus Baden-Württemberg in die Millionenstadt. Hier ist Petar Chefredakteur von HYPEBEAST, einer der größten Streetwear-Plattformen der Welt. Seit 2015 ist er für ein Team verantwortlich, das Millionen von Nutzern täglich mit frischem Content versorgt. Die Inhalte erscheinen auf der Website, im dazugehörigen Print-Magazin und auf den Social-Kanälen der Marke. Eine große Verantwortung für Petar, immerhin generiert allein die Website 14 Millionen Visits im Monat, weitere zehn Millionen Menschen folgen HYPEBEAST auf Instagram und Facebook.
Petar, als Chefredakteur des Streetwear-Blogs HYPEBEAST müssen wir dich das zuerst fragen: An welchem Paar Sneakers kannst du derzeit nicht vorbeigehen?
Ich selbst besitze gar nicht so viele Sneakers. Aber das Modell „Lunar Force 1“, das durch die Kooperation von ACRONYM und Nike Ende 2017 auf den Markt kam, zählt zu meinen Favoriten. Es ist kein brandneuer Schuh, aber mir gefällt die unkonventionelle Optik. Viel Symbolik und gleichzeitig Funktionalität.
Sprechen wir über dich – wie landet jemand aus Pforzheim bei HYPEBEAST in Hongkong?
Ich habe Geisteswissenschaften studiert und damals auf Anhieb nichts Passendes gefunden. Über einen sehr guten Freund bin ich dann als Freelancer bei Sony Music Deutschland gelandet. 2007 entdeckte ich HYPEBEAST beim Surfen im Netz und wusste: Das ist es, nur dafür will ich arbeiten. Also habe ich mich beworben. Kevin Ma, Gründer und CEO von HYPEBEAST, hat mir direkt geantwortet. Von Pforzheim, quasi aus dem Kinderzimmer heraus, habe ich dann als Freelancer die ersten Texte geschrieben. Ziemlich verrückt, wenn ich darüber jetzt so nachdenke.
Um 2009 herum arbeitete ich für HYPETRAK, den musikalischen Arm von HYPEBEAST. 2011 flog ich erstmals ins Office nach Hongkong – und nur noch einmal zurück nach Deutschland, um meine Sachen zu holen. Das hört sich für den ein oder anderen sicher unüberlegt an. Ich musste aber nicht überlegen. Für mich kam nichts anderes mehr infrage. Seitdem bin ich hier. 2015 habe ich als Editorial Director die redaktionelle Gesamtverantwortung übernommen, auch für unsere Unterseiten HYPEBAE, HYPEKIDS und die regionalen Seiten für Korea, Japan und Frankreich.
Wie genau kann man sich deine Aufgabe vorstellen?
Als Editorial Director arbeite ich eng mit den Redaktionsleitern der verschiedenen Seiten zusammen. Jede hat eine eigene Redaktion und ein Social-Media-Team. Die Redaktion erstellt den Content, der von unserem Social-Media-Team gesteuert und distribuiert wird. Ich bin für die Redaktionsstruktur, Teamaufstellung und unsere globale Strategie verantwortlich. Ich behalte also im Auge, auf welchem redaktionellen Kurs wir uns bewegen.
Klingt nach ganz schön viel Arbeit.
Das stimmt (lacht). Dahinter stecken unzählige Überstunden und wenig Urlaub, vor allem in den ersten Jahren war das so. Aber eins steht fest: Ich lebe meinen Traum.
Wie ist HYPEBEAST so erfolgreich geworden?
Mit viel Geduld, Fleiß und einer großen Portion Zielstrebigkeit. Und natürlich Neugierde. Wir fragen uns immer und immer wieder, was die Menschen bewegt. Was begeistert sie, worüber wird da draußen diskutiert? Nur wenn wir diese Themen aufgreifen, bleiben wir relevant. Unsere redaktionelle Ausrichtung erstreckt sich über viele Bereiche, ohne dass die Marke HYPEBEAST mit ihren Kernthemen Sneaker und Fashion darunter leidet. Mit unserem Content aus den Bereichen Musik, Kunst, Design, Architektur und Technik entsteht dann eine breit gefasste Plattform für unsere Community. Das macht uns aus. Und gleichzeitig ist diese Community auch unser redaktioneller Motor. Wir haben sehr anspruchsvolle Leser, die uns wissen lassen, was sie interessiert oder was ihnen fehlt. Das treibt uns an.
Wie gelingt es euch, Vorreiter zu bleiben?
Wir arbeiten routiniert, aber mit ausreichend Spielraum, sind flexibel und bleiben nicht stehen, weil auch die Digitalisierung niemals innehält. Im Netz wartet niemand auf dich. Deswegen müssen wir schnell entscheiden, ob wir ein Thema aufgreifen. Und wir wollen nicht nur von Trends berichten, sondern entscheidende Impulse für „Hypes“ setzen. Dafür muss man in 2018 wahnsinnig auf Zack sein. Wir sind durch unsere Teams in New York, London, Hongkong, Tokio oder Seoul supergut vernetzt und können Synergien nutzen.
Wer gehört in der Welt von HYPEBEAST zu den wichtigsten Trendsettern?
Zu viele, um alle zu nennen. Aber diejenigen, die unsere Inhalte in letzter Zeit verfolgt haben, kamen an Namen wie Virgil Abloh, Kanye West, Heron Preston, Errolson Hugh und Gosha Rubchinskiy nicht vorbei.
Welche Art von Beiträgen kommen bei euren Lesern am besten an? Und auf welchen Kanälen?
Neue Kollektionen, Musikthemen und Technik-News mit dem Fokus auf Smartphones laufen bei uns aktuell sehr gut. Wir überlegen immer individuell, wie wir diesen Inhalt am besten ausspielen, und lernen von unseren Daten. Letztlich ist unser Content unsere Visitenkarte. Instagram Stories sind praktisch, weil der Leser sie on the go konsumieren kann. Wenn eine Kollektion herauskommt, setze ich auf den klassischen Blogartikel. Dort gibt es transparente Indikatoren, unsere sogenannten „Hypes“. Gefällt dem Website-Besucher ein Artikel, kann er diesem einen „Hype“ geben. Das ist ein Richtwert für uns, aber auch ein beliebtes Empfehlungsmedium zwischen den Lesern untereinander.
Du hast Instagram angesprochen – was ist deiner Meinung nach die nächste soziale Plattform?
Ich sehe momentan keine Plattform, die Instagram ernsthaft den Rang ablaufen kann. Ich glaube eher, dass die Möglichkeiten noch nicht erschöpft sind. Aber diese Frage ist sehr länderspezifisch. In Brasilien ist Pinterest angesagt, in Korea der Messenger KakaoTalk.
Was glaubst du: Wie wird sich digitales Storytelling weiterentwickeln?
Es wird demokratischer und regulierter zugleich, schätze ich. Gerade weil die User merken, dass sie entscheiden können, wann und wo sie welche Inhalte lesen wollen. Darauf müssen sich Unternehmen einstellen. Ich bin gespannt, welche Möglichkeiten uns die sozialen Netzwerke in Zukunft bieten werden. User werden immer mobiler und haben weniger Zeit. „Snackable Content“ lautet das Stichwort. Storytelling muss sich ständig dem Rhythmus der Community anpassen, um anzukommen.
Blicken wir zum Abschluss noch einmal auf deine Anfänge bei HYPEBEAST. Gab es einen Punkt, an dem du gemerkt hast: Es läuft, das hat Erfolg, was wir machen?
Das ist ein anhaltender Prozess. Ich sollte viel öfter einmal durchatmen, zurückblicken und staunen. Als ich in Hongkong anfing, zählte das Team knapp zehn Leute. Mittlerweile sind wir hier 120, weltweit 270 Mitarbeiter. Letztens habe ich diese aktuellen Zahlen erfahren und musste mich zwingen, mal innezuhalten. Ein offizieller Game Changer war der Moment, als HYPEBEAST 2016 in Hongkong an die Börse gegangen ist.