Es gibt ein neues Unwort im Online Marketing. Vielmehr sind es zwei Wörter, die derzeit Angst und Schrecken in der Branche verbreiten: Fake Influencer! Erst griffen Fachblogs das Thema auf und nachdem erste Influencer selbst gestanden hatten, beim Aufbau ihrer Communitys geschummelt zu haben, berichteten große deutsche Newsseiten über das Spiel um gefakte Fans und nutzlose Interaktionen.
Alles nur aufgebauscht? Keineswegs! Fake Influencer schaden dem Geschäft: Seriöse Influencer verlieren an Glaubwürdigkeit und damit Aufträge potenzieller Neukunden. Marketingverantwortliche investieren Geld in Instagramer mit falschen Followern und künstlich herbeigeführtem Engagement. Und Social-Media-Kanäle wie Instagram büßen als Netzwerk für Branded Content an Attraktivität ein.
Ein Teufelskreis, der erst jetzt so richtig zutage tritt. Dabei sind Fake Influencer schon länger ein Thema, weiß Robert Levenhagen, Gründer von InfluencerDB: „Bereits 2014 und 2016 hat Instagram Aktionen durchgeführt, bei denen innerhalb weniger Tage eine riesige Anzahl von Fake Accounts gelöscht wurde.“ Doch nicht nur der Social-Media-Gigant weiß sich gegen gefakte Accounts zu schützen.
„Immer mehr Werbetreibende stellen fest, dass Kooperationen mit Influencern, die viele Fake Follower haben, weniger ertragreich sind als solche mit Influencern, die eine organische, engagierte Followerschaft haben“, ergänzt Robert Levenhagen. Das hat im Detail folgende Gründe: Bei einer Social-Media-Kampagne sind vier Punkte erfolgsentscheidend: Context, Content, Timing, Targeting, kurz CCTT. Das heißt, für Brands geht es in den sozialen Netzwerken darum, die richtigen Menschen (Targeting) in den richtigen Kanälen (Context) zur richtigen Zeit (Timing) mit den auf sie zugeschnittenen Inhalten (Content) zu versorgen.
Resultat: unbrauchbar!
Leider ist das Wissen um Fake Influencer noch nicht bei allen angekommen. Nach wie vor beauftragen Marken, Firmen oder Medienwebsites unwissentlich Social-Media-Stars mit falschen Followern für ihre Unternehmens- und Social-Media-Ziele. Das Ergebnis einer solchen Kampagne ist stets unbrauchbar. „Im schlimmsten Falle erreicht eine Brand mit einer Influencer-Kampagne hauptsächlich Fake Accounts, die sich weder für den Content interessieren noch einen Kauf tätigen werden. Das ist also verschwendetes Geld“, sagt Levenhagen.
Im schlimmsten Falle erreicht eine Brand mit einer Influencer-Kampagne hauptsächlich Fake Accounts.
Ein weiteres Problem: gefakte Likes und Kommentare, die den Anschein erwecken sollen, die Kampagne habe funktioniert. „Diese Fake Follower Accounts können natürlich niemals ein echtes Interesse an der beworbenen Marke oder dem Produkt haben. Die Möglichkeit besteht nur bei realen Followern“, warnt der Experte vor voreiligen Schlüssen.
„Ein Kanal mit gleicher Qualität und 10.000 Followern ist nun mal attraktiver als ein Kanal mit 500 Followern“
Mit all dem Wissen im Hinterkopf drängt sich die Frage auf, warum einige Influencer überhaupt auf derartige Follower setzen. Schließlich leben auch sie vom Erfolg der Kampagnen und der Zufriedenheit ihrer Auftraggeber.
Leider spielt dabei (immer noch) die Quantität eine entscheidende Rolle, bestätigt Robert Levenhagen. „Channels werden erst ab einer bestimmten Größe überhaupt interessant für Kooperationen mit Unternehmen. Ein Kanal mit gleicher Qualität und 10.000 Followern ist nun mal attraktiver als ein Kanal mit 500 Followern.“ Darüber hinaus dienen Fake Follower dazu, ein gewisses Standing in der Branche zu erlangen, das Wachstum zu Beginn eines Kanals anzukurbeln und dann auf lange Sicht organische Follower anzuziehen, so der Experte weiter.
Das alte Leid mit der Anzahl der Fans. Dabei sollte längst bekannt sein, dass Reichweite nicht alles ist. Nischen-Influencer mit kleineren Followerzahlen, dafür mit einer treuen Fangemeinde und dem nötigen Themenwissen, sind eine attraktive Alternative zu den Follower-Mutterschiffen. Levenhagen: „Das Ziel sollte immer Qualität vor Quantität sein. Die Identifikation von Influencern mit hoher Content-Qualität und realen Followern, die mit dem Kanal interagieren und sich für die Inhalte des Channels interessieren, ist deshalb essenziell.“
„Auch die Fake Accounts entwickeln sich weiter“
Für Marketing-Verantwortliche hilft in Zukunft nur eines: genaues Hinschauen! Fake Influencer erkennt man in einigen Fällen schnell, wenn man sich die Abonnenten-Liste eines Instagram-Influencers einmal genauer anschaut. „Viele Fake Accounts haben kryptische Namen und kein Profilbild. Aber auch diese entwickeln sich weiter, sodass sie echten Profilen immer ähnlicher werden. Eine Tiefenanalyse ist also unerlässlich“, rät Levenhagen.
Für Marketing-Verantwortliche hilft in Zukunft nur eines: genaues Hinschauen!
Betrachtet man zusätzlich die Fanwachstumskurven der Influencer und sieht, wie schnell manche Accounts teilweise über Nacht gewachsen sind, sollte die Sache ziemlich klar sein. „Die Followerkurve ist ein weiteres Indiz: Diese sollte regelmäßig verlaufen, ohne größere Ausschläge nach oben oder unten.“
Neben diesen Anhaltspunkten gibt es weitere Indizien für Influencer, die ihrer Reichweite möglicherweise nachgeholfen haben.
Das Verhältnis zwischen Likes und Followern gibt Auskunft darüber, wie hoch das Engagement innerhalb eines Kanals ist. Grundsätzlich ist ein Like-Follower-Ratio ab 2 Prozent in Ordnung. Niedrigere Werte bedeuten, dass die Follower selten mit dem Kanal interagieren. Dies kann auf den Zukauf von Followern hinweisen. Dabei muss jedoch die Größe eines Accounts einbezogen werden – Accounts mit mehreren Millionen Followern haben einen geringeren Ratio als solche mit einer kleineren Follower-Anzahl.
Am täglichen Zuwachs bzw. an der täglichen Abnahme von Accounts, denen der Influencer folgt, lassen sich “follow for follow” Strategien entlarven. Wenn der Influencer einer hohen Anzahl neuer Accounts innerhalb eines kurzen Zeitraums folgt, dann ist Vorsicht geboten!
Wie oft wird der Account von anderen Profilen erwähnt wird, ist ebenfalls eine interessante Kennzahl. Denn wenn ein Influencer eine @mention eines großen Accounts erhält, ist ein plötzlicher Zuwachs einer größeren Anzahl von Followern plausibel, da durch die @mention viele User auf ihn aufmerksam werden können und ihm folgen. Zudem zeigen die @mentions, wie gut ein Influencer vernetzt ist.
Abschließend ist natürlich auch die Anzahl der Posts, die ein Influencer pro Tag oder Woche veröffentlicht, spannend. Denn daran lässt sich erkennen, wie aktiv oder inaktiv er ist und ob dies zu der Größe seines Kanals passt.
Der ganze Rechercheprozess ist jedoch sehr mühselig und kostet wertvolle Zeit. InfluencerDB nutzt hierfür bestimmte Software, die dafür sorgt, dass man sein Geld am Ende nicht an nutzlose Fake Influencer und Follower verliert. „Wir haben inzwischen einen guten Blick dafür, welches Wachstum organisch ist und wo es Grund zur Sorge gibt. Bei vielen Influencern wissen wir, ob sie Follower gekauft haben. Da wird dann im Einzelfall und in Absprache mit dem Kunden entschieden, ob eine Zusammenarbeit sinnvoll ist oder wir eher abraten“, erklärt Robert Levenhagen.
Auch Instagram wird zukünftig weiter Löschaktionen durchführen, um sein Netzwerk für Branded Content weiterhin attraktiv zu halten. Bis dahin sollten Marken genau hinsehen, welche Influencer sie für ihre Ziele beauftragen.