Communitys sind das Rückgrat sozialer Netzwerke. Denn Social Media basieren auf dem Austausch von Nutzer*innen untereinander, seien es Freundinnen und Freunde, Arbeitskolleg*innen oder Menschen mit gleichen Interessen. Für Unternehmen ist der Aufbau solcher Netzwerke, also das Community Building, überaus spannend, da sich ihre Mitglieder intensiv mit den geteilten Inhalten beschäftigen und dazu austauschen. Doch wie baut man eine Community zielgerichtet auf?
Darüber sprechen wir mit Stephanie Tönjes und Karim Cheranti. Die beiden arbeiten als Social-Media-Profis für die Deutsche Telekom, pflegen auf ihren privaten Kanälen reichweitenstarke Communitys und haben mittlerweile ein erfolgreiches Expertennetzwerk gegründet. Im Interview geben sie Tipps dazu, wie Unternehmen und Personen eine treue, engagierte Community aufbauen.
Wie definiert ihr den Begriff Community im Zusammenhang mit Social Media?
Karim: Für mich persönlich bedeutet Community Loyalität. Es geht darum, dass Nutzer*innen regelmäßig mit der jeweiligen Seite interagieren, sich als Gemeinschaft betrachten und sich intensiv mit den Inhalten beschäftigen. Communitys sind keine Werbeplattformen, sondern eine Chance, mit Menschen zu interagieren, die Interesse am geteilten Content haben. Um User*innen zu binden und sie von Follower*innen zu Community-Mitgliedern zu machen, muss man ihnen jedoch etwas anbieten. Das geht beispielsweise über auf die Community ausgerichtete Formate, User-Generated Content und Interaktion. Speziell der Austausch mit den Nutzer*innen ist dabei extrem wichtig.
Stephanie: Leider konzentrieren sich viele Unternehmen inzwischen weniger auf das „Social“ und mehr auf das „Media“. Sie sehen die Kanäle oft ausschließlich als Plattform, um ihre Botschaften zu platzieren, weniger, um sich mit der Community auszutauschen. Das ist aber zu kurz gedacht. Denn Nutzer*innen folgen verstärkt Marken, die sich klar positionieren, eine Haltung teilen und deren Werte sie vertreten. Wer es schafft, auch das „Social“ in „Social Media“ zu berücksichtigen, überzeugt die Community von sich und dem eigenen Angebot.
Für große Lovebrands ist es im Regelfall leichter, eine treue Community aufzubauen. Inwiefern ist das auch für B2B-Unternehmen möglich?
Karim: Zuhören ist der Schlüssel, das gilt für alle Unternehmen. Man muss die Rückmeldung der Nutzer*innen wahrnehmen, darauf reagieren und sie berücksichtigen. Das ist ausschlaggebend, egal ob im B2B oder B2C.
Darüber hinaus lassen sich vermeintlich trockenere Themen durchaus communitygerecht platzieren, wenn man die jeweilige Plattform versteht. Auf TikTok etwa gibt es einige Unternehmen und Nutzer*innen, die mit Themen wie Recht oder Finanzen erfolgreich sind. Der Grund: Sie greifen Fragen auf, die für ihre Community relevant sind. Meiner Ansicht nach ist zumindest das ein Punkt, den jedes Unternehmen erfüllen können sollte. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, spielt es in der Basis für den Aufbau einer Community keine Rolle, ob das jeweilige Unternehmen eine weltweit agierende Lifestylemarke oder ein mittelständisches Industrieunternehmen ist. Trotzdem machen viele noch Social Media wie vor fünf Jahren, da sie sich darauf fokussieren, nur die eigenen Inhalte zu kommunizieren, ohne darauf zu hören, was User*innen wichtig ist.
Wie starten Unternehmen mit dem Aufbau einer Community?
Karim: Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: zuhören! Wer sind die Leute, die kommentieren, und auf welche Themen reagieren sie? Wer sind die Meinungsführer*innen innerhalb einer Community? Daraus lässt sich sehr viel ableiten, zum Beispiel, in welche Richtung man die Community entwickeln möchte.
Bezüglich der inhaltlichen Ausrichtung sollte man sich nicht davon abschrecken lassen, dass ein Thema schon besetzt ist. Wer einen offenen Umgang mit seiner Community pflegt und einen eigenen Stil hat, kann sich von anderen abgrenzen, die den gleichen Bereich bearbeiten. Im Endeffekt geht es darum, Inhalte zu liefern, die für die Nutzer*innen relevant sind. Macht man das besser als die Konkurrenz, spielt die Exklusivität eines Themas keine zentrale Rolle.
Welche Plattformen eignen sich besonders, um Communitys aufzubauen?
Stephanie: Eins vorweg: Egal ob Unternehmen oder Privatperson, ich empfehle, mit ein bis zwei Kanälen zu starten, die am vielversprechendsten erscheinen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass man von allem ein bisschen macht, aber nichts richtig.
Um zur eigentlichen Frage zurückzukehren: Grundsätzlich kann jeder Kanal helfen, eine Community aufzubauen. Bei der Wahl spielen die eigenen Ziele, die Positionierung sowie die Art der Inhalte, die man spielen möchte, eine Rolle. Wer zum Beispiel auf eher klassischen Video-Content setzt, für den ist YouTube eine bessere Wahl als TikTok. Geht es um Employer Branding, ist LinkedIn ideal. Und um Gesicht zu zeigen und persönlicher zu kommunizieren, eignen sich Instagram Storys.
Auf LinkedIn habt ihr beide mit euren persönlichen Profilen eine große engagierte Community aufgebaut. Wie seid ihr das angegangen?
Stephanie: Eine Abkürzung gibt es dafür nicht. Wir stecken viel Herzblut in Social Media, zum einen, weil es unser Job ist, zum anderen, weil uns der Bereich privat interessiert. Für mich hat alles mit einem Foodblog angefangen. Der ist damals relativ schnell gewachsen und ich habe gelernt, wie großartig es ist, sich mit Leuten zu vernetzen, die eine Faszination teilen.
Diese Erfahrung habe ich für meine Arbeit und den Aufbau meiner Community mitgenommen. Doch man benötigt einen langen Atem. Mir folgen ungefähr 16.000 Leute auf LinkedIn, Karim fast 9.000. Das passiert nicht von heute auf morgen. Um das zu erreichen, muss man regelmäßig posten – zu Spitzenzeiten täglich – und den Kontakt zu seinen Follower*innen halten. Dazu gehört dann auch das kontinuierliche Kommentieren und Liken.
Karim: Diese Kontinuität möchte ich explizit unterstreichen. Denn oft beschweren sich Leute, dass sie nicht sichtbar sind, gleichzeitig sind sie aber kaum aktiv auf Social Media. Dabei geben uns die Netzwerke alle notwendigen Werkzeuge an die Hand. Jeder kann regelmäßig kommentieren, liken und selbst was schreiben, um eine Reichweite aufzubauen. Dazu sind viele aber nicht bereit.
Bei Steffi und mir hilft natürlich, dass wir uns auch beruflich mit dem Thema auseinandersetzen. Unsere persönlichen Communitys pflegen wir aber fast ausschließlich außerhalb der Arbeitszeiten. Die Zeit muss man sich freiräumen. Inhalte und Postings vorzuplanen, hilft dabei, dennoch muss einem bewusst sein, dass der Aufbau und die Pflege einer Community Ressourcen in Anspruch nehmen – das gilt für Unternehmen ebenso wie für Privatpersonen.
Ihr habt mit eurem Expert*innen-Netzwerk 30xFriends den Community-Gedanken noch weitergetrieben. Könnt ihr uns dazu ein paar Infos geben?
Stephanie: Die „30“ im Namen steht für den Deutschen Aktienindex. Ursprünglich wollten wir nämlich eine Community aus den DAX-30-Unternehmen schaffen, die sich mit Social-Media-Fragen, -Themen und -Trends auseinandersetzt. Dieser Gedanke ist uns schnell zu engmaschig geworden. Schließlich lässt sich auch von Unternehmen und Menschen außerhalb des DAX viel lernen. Ziel war es, eine kleine Gruppe von 36 Leuten aus verschiedenen Branchen und gesellschaftlichen Bereichen zusammenzustellen, die sich zu Social-Media-Themen austauschen und voneinander lernen. Um das Projekt ins Rollen zu bringen, haben wir einen Aufruf auf LinkedIn gestartet.
Die Resonanz war beeindruckend. Wir beide haben jeweils über 300 Anfragen bekommen von Leuten, die mitmachen wollten. 30xFriends sollte aber weiterhin ein exklusives Netzwerk bleiben, ohne elitär zu sein. Schlussendlich haben wir uns für 34 Leute entschieden, die eine große Bandbreite abdecken, darunter Content Creator*innen, Artist Manager*innen, Agenturinhaber*innen, Menschen aus den Bereichen Sport, Handel, Politik und DAX 30. Wir laden aber auch regelmäßig Gäste ein und vergeben zwei Wildcards für unsere zweimonatlich stattfindenden Online-Roundtables, um die Community für Externe und deren Impulse offen zu halten. Seit rund einem Jahr läuft das jetzt und wir sind sehr stolz auf das Projekt und unsere Community. Wer mehr erfahren möchte, kann sich gerne bei uns melden und in unseren 30xFriends-Podcast reinhören, der monatlich erscheint.