Apps in China - Expansion

Auch wenn die drei führenden Techfirmen Baidu, Alibaba und Tencent (kurz BAT) mit einer gemeinsamen Bewertung von über einer Billion Dollar inzwischen in der Liga von Facebook, Amazon, Netflix und Google spielen (FANG), fällt es den Firmen schwer, ihren Erfolgskurs im Ausland fortzusetzen.

Während beispielsweise in China ein Drittel aller WeChat-Nutzer am Tag durchschnittlich vier Stunden und mehr in der App verbringt, ist der Erfolg des Dienstes immer noch stark auf die Volksrepublik beschränkt. Wer die Anwendung außerhalb des Landes nutzt, ist meist entweder ein im Ausland lebender Chinese oder hat persönliche oder berufliche Kontakte in China. Zwar hat Tencent bereits seit 2013 ein WeChat-Büro in den USA, konnte sich dort aber nie gegen die zahlreichen Messenger-Dienste von WhatsApp bis Snapchat durchsetzen. Auch das Engagement des internationalen Fußball-Stars Lionel Messi 2013 als Gesicht der App führte in Ländern wie Indonesien, Indien und Brasilien zu keinem nachhaltigen Erfolg.

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Ähnlich ist es bei den mobilen Bezahldiensten, obwohl es kaum vergleichbare Anbieter gibt (von Kreditkarten-Gesellschaften abgesehen). Und in Europa bieten bereits über 10.000 Einzelhändler das Zahlen per Smartphone für die Nutzer von Alipay und WeChat Pay an. Allerdings ist das aus regulatorischen Gründen nur auf Kunden mit chinesischer Nationalität beschränkt. Sprich, bisher nutzen die Infrastruktur nur chinesische Touristen. Auch Baidu hatte mit der Expansion seiner Suchmaschine, Herzstück des 1998 gegründeten Unternehmens, kein Glück. Nach acht erfolglosen Jahren schaltete es 2015 seine Suchmaschine in Japan ab und startete auch in keinem anderen Land mehr den Versuch, gegen Google zu bestehen.

Fokus auf Entwicklungs- und Schwellenländer

Wichtigstes Mittel für die Expansion der chinesischen Techfirmen ist deshalb inzwischen die Investition in Start-ups und Firmen im Ausland. In über 150 Unternehmen weltweit haben die drei BAT-Firmen investiert. Dabei konzentrieren sie sich auf Entwicklungs- und Schwellenländer, in denen Handel, Logistik und Finanzsektor ähnlich unterentwickelt sind wie in China vor zehn Jahren. Mit einer Gesamt-Einwohnerzahl von 620 Millionen Menschen und wachsenden Internet-Nutzerzahlen verspricht die Region hohes Wachstumspotenzial.

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Onlinehändler und Bezahldienste

2016 übernahm Alibaba die Mehrheit beim Onlinehändler Lazada. Bis Ende des Jahres will es vier Milliarden Dollar in das Unternehmen investiert haben. Aktuell hält es 83 Prozent der Firma mit Sitz in Singapur. Das Geschäftsmodell des Onlinehändlers orientiert sich dabei nicht an der Strategie von Alibaba, sondern an der von Onlinehändler Amazon, der eigene Lagerhäuser betreibt und Ware auf Vorrat hält.

Lazada ist inzwischen in Singapur, Malaysia, den Philippinen, Thailand, Indonesien und Vietnam aktiv. Darüber hinaus ist Alibaba mit einer halben Milliarde Dollar am größten Bezahldienst Indiens Paytm beteiligt, an dem es 40 Prozent hält. Zudem hat es sich Beteiligungen an Bezahldiensten in Indonesien, Singapur, Thailand, Malaysia und Südkorea gesichert.

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Im Kampf um die Region, in der der Onlinehandel bis 2025 auf 88 Milliarden Dollar Umsatz wachsen könnte, hat Tencent wiederum in das Unternehmen Sea mit Sitz in Singapur investiert. Das Start-up sammelte zuletzt eine Milliarde Dollar bei seinem Börsengang im Oktober 2017 ein. Tencent gehört ebenfalls ein Stück des indischen Onlinehändlers Flipkart.

Durch diese Investitionen könnten die chinesischen Techfirmen auch ohne die Platzierung der eigenen Dienste langfristig im Ausland erfolgreich sein. Die erste Schlacht gegen die westliche Konkurrenz in Südostasien wird in den kommenden Jahren zeigen, welche Konzerne die lokalen Bedingungen vor Ort schneller und besser verstehen und diese in ihren Dienstleistungen umsetzen können.

Die komplette Serie mit allen bisher erschienen Teilen der Reihe finden Sie hier.

Über den Autor

Oliver Nermerich ist Kommunikationswissenschaftler und lebt im Internet. Bei OSK arbeitet er als Manager Online/Social Media und entwickelt kundenübergreifend Strategien, Auftritte und Kampagnen für das Internet und mobile Anwendungen. Auch privat dreht sich bei ihm alles um die digitale Welt: Er gehört zum Autorenteam des Lifestyle-Blogs Whudat.de und betreibt mit Freunden das Rolling-Magazin "Be-Mag". Sein Smartphone gibt er nur aus der Hand, wenn er auf sein Board steigt und an der Algarve die nächste Welle surft. Für das OSK Blog spürt er die neuesten Trends und Entwicklungen im Netz auf und spricht mit Meinungsmachern und Digital Influencern.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.